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# taz.de -- Raubtier in Nordhorn: Ein Wolf im Garten?
> Mitten am Tag soll ein Wolf durch eine niedersächsische Siedlung gelaufen
> sein. Niemand kam zu Schaden, trotzdem ist die Aufregung groß.
Bild: War der Besucher wirklich ein Wolf? Dazu müssen erst Proben ausgewertet …
Göttingen taz | Aufregung im niedersächsischen Nordhorn. Ein leibhaftiger
Wolf laufe durch die Kleinstadt nahe der niederländischen Grenze,
berichteten Einwohner:innen am Dienstagnachmittag der Polizei. Die umgehend
eingeleitete Verfolgung des Tieres bleibt ergebnislos.
Die erste Meldung kommt aus der Straße Die Gräfte. Heiko Nolders hat gerade
seinen Hund in den Garten gelassen, als er von dort lautes Gebell hört.
„Mein Hund stand am Zaun und kläffte“, berichtet Nolders später der
Lokalzeitung. Bei genauerem Hinsehen habe er auf der anderen Seite einen
Wolf entdeckt.
Daraufhin habe er seinen Hund ins Haus gebracht. Als er wiederkam, setzte
der Wolf gerade über den Gartenzaun, verschwand aber auf heftiges Anrufen.
Das Tier habe nicht aggressiv gewirkt, „es war vielleicht etwas nervös,
mehr aber nicht“. Fotos hat Nolders vor lauter Aufregung zwar nicht machen
können, er ist sich aber sicher, dass es ein Wolf war. Im Garten
fotografiert er die Pfotenabdrücke.
Nachdem sich mehr Anwohner:innen mit ähnlichen Anrufen melden, rückt die
Polizei aus. Die Beamten ziehen den Wolfsberater Gerd Hopmann sowie
Mitarbeiter des Veterinäramtes zur Unterstützung hinzu und folgen dem Tier,
das sich auf der Flucht in einem weiteren Garten verirrt und beim Sprung
über einen Holzzaun möglicherweise verletzt.
## Nicht der erste Wolf, der sich Menschen nähert
Hopmann kann neben Speichel und Haaren auch etwas Blut sichern.
Gleichzeitig warnt die Polizei die Bevölkerung vor dem verletzten Tier, das
gefährlich werden könne. Es solle keinesfalls eingefangen, bedrängt oder
fotografiert werde. Gegen 17 Uhr verlieren die Verfolger den vermeintlichen
Wolf aus den Augen.
Aber war der Besucher wirklich ein Wolf? Das lässt sich erst sicher nach
Auswertung der Proben beantworten, die Hopmann an das Wolfsbüro des
Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und
Naturschutz nach Hannover geschickt hat. Auszuschließen ist es aber nicht:
Auf dem nahen Schießplatz Nordhorn Range ist ein Wolfsrudel ansässig –
eines von mittlerweile 35, die in Niedersachsen in freier Wildbahn leben.
[1][Der Nordhorner Wolf wäre auch nicht der erste, der sich menschlichen
Siedlungen nähert.] 2015 sorgte ein anderes Exemplar für Ärger, das in der
Nähe eines Waldkindergartens im Kreis Vechta beobachtet worden war. Im
April 2016 erlegte ein Jäger südlich von Lüneburg den Wolfrüden MI6. Dieser
hatte einen Hund angegriffen und wenig Scheu vor Menschen gezeigt. Die
erste und bislang einzige legale Tötung eines Wolfes in dem Bundesland
sorgte damals für großes öffentliches Aufsehen.
Ein weiterer Wolf wurde am vergangenen Wochenende in Lauenbrück im Kreis
Rotenburg/Wümme beobachtet. „Er ist über die Wiesen hinter unserem Haus
gerannt“, sagte eine Einwohnerin der taz. Ein aus einem Auto aufgenommenes
Video, das zurzeit in den sozialen Netzwerken kursiert, zeigt ein
verschreckt wirkendes Tier, das ein Wolf sein könnte, beim Überqueren einer
Lauenbrücker Straße. Möglich, dass es durch eine gleichzeitig stattfindende
Drückjagd in den umgebenden Wäldern aus seinem Versteck getrieben wurde,
wie in dem Dorf gemutmaßt wird.
Übergriffe von Wölfen auf Menschen sind allerdings sehr selten. [2][In der
Regel interessieren sich die Beutegreifer eher für Wild – oder auch
Nutztiere wie Schafe]. Sie sind deshalb vor allem bei Tierhalter:innen und
Schäfer:innen nicht gern gesehen. In der Vergangenheit gab es nur wenige
Fälle, in denen gesunde Wölfe einen Menschen angegriffen oder gar getötet
haben. Bei den ganz wenigen dokumentierten Wolfsattacken auf Menschen waren
die Tiere quasi oder tatsächlich angefüttert worden, sie wurden direkt
provoziert oder hatten Tollwut.
23 Dec 2020
## LINKS
[1] /Jagd-auf-Wolf-wird-beendet/!5673737
[2] /Streit-um-Umgang-mit-Woelfen/!5730295
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Schwerpunkt Artenschutz
Naturschutz
Wölfe
Denken
Olaf Lies
Tierschutz
Wolfsberater
Schwerpunkt Artenschutz
Nationalparks
Lesestück Recherche und Reportage
Bundesamt für Naturschutz
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