# taz.de -- Naturschutzkonzept „Rewilding“: Zurück in die Wildnis | |
> Wölfe, Elche, Robben, Seeadler: sie fühlen sich im Oderdelta wohl. Wie | |
> Peter Torkler dafür kämpft, dass sich die Natur eine Landschaft | |
> zurücknimmt. | |
Bild: Wild und feucht: das Oderdelta | |
Zuerst dröhnt nur ein lautes „Muhhh!“ von der weiten Wasserfläche herübe… | |
Dann taucht hinter dem Schilf ein alter Kahn auf mit etwa 20 braunen | |
Rindern darauf. Geschmeidig gleiten sie inmitten zahlreicher Möwen, | |
Kormorane und anderer Vögel gen Ufer. Im Himmel darüber öffnen sich die | |
tief hängenden Wolken, um gleißendes Licht auf das endlose Oderdelta fallen | |
zu lassen. Berlin fühlt sich von hier aus viel ferner an als knapp drei | |
Autostunden. | |
Das Muhen wird lauter, die Kühe aber wirken entspannt. Sie fahren nicht zum | |
ersten Mal Boot: Jeden Frühling bringt man sie zu ihrer Sommerresidenz, und | |
im Herbst geht es wie jetzt zurück ins Winterlager. Nur die Kälber erleben | |
es zum ersten Mal. Sie sind dieses Jahr auf einer von Röhricht verdeckten | |
Insel zur Welt gekommen. | |
Die kleinen Inseln im Stettiner Haff an der Rückseite der polnischen | |
Ostseeküste gehören zum Nationalpark Wolin. Hier bei Swinemünde verrichten | |
die Kühe ihren Dienst für den Schutz von Biodiversität. Denn wo sie grasen, | |
wachsen salzliebende Pflanzen. Und nur dort wiederum fühlen sich | |
[1][Seggenrohrsänger] und Alpenstrandläufer wohl – Schilf oder gar Wald | |
wäre nichts für diese Wiesenbrüter. Ersterer ist weltweit gefährdet. Der | |
[2][Alpenstrandläufer] trägt einen irreführenden Namen, mit dem Hochgebirge | |
hat er nichts am Gefieder. Der staksige Schnepfenvogel liebt feuchte Wiesen | |
und ist infolge des Klimawandels aus Mitteleuropa nahezu verschwunden. | |
„Der Bauer wird seinen Kindern sicher nicht empfehlen, den aufwendigen und | |
wenig lukrativen Job mit den Mähkühen weiterzumachen“, sagt Peter Torkler. | |
Der 52-jährige Umweltgeograf ist seit März für den polnischen Teil des | |
grenzübergreifenden Naturschutzprogramms „[3][Rewilding Oder Delta]“ | |
zuständig. Der gebürtige Danziger wuchs in Deutschland auf und fand durch | |
seine Diplomarbeit über Ökolandbau von der Entwicklungszusammenarbeit zum | |
Naturschutz. Heute hat er grau melierte kurze Haare und bereits zwanzig | |
Jahre Erfahrung als Naturschützer, unter anderem beim WWF. Torkler hat | |
etwas Nachdenkliches. Während er die anlandenden Rinder beobachtet, sagt | |
er: „Wenn keiner mehr diese traditionelle Bewirtschaftung durchführt, muss | |
eine Alternative her.“ | |
## Der Wisent soll zurückkehren | |
Nach der Vision mancher Naturschützer:innen könnte der ungewöhnliche | |
Viehtransport ohnehin bald überflüssig werden. Dann würden, wie einstmals, | |
riesige Wildtiere die Vegetation in Schach halten. Das ist in Gegenden wie | |
dieser gar nicht so unwahrscheinlich: „Ganz in der Nähe, etwa 50 Kilometer | |
südöstlich, leben mehrere Wisentherden“, berichtet Torkler. Bei solchen | |
Themen merkt man ihm die Leidenschaft für seine Tätigkeit an. Auch Elche | |
sind hier unterwegs und wandern immer häufiger bis nach Deutschland, | |
erzählt er. In der Grenzregion haben sie Platz. | |
Das ist ein Grund, weshalb das Gebiet vor fünf Jahren von Rewilding Europe | |
auserkoren wurde. Der Schriftzug steht auf Torklers türkisfarbenem | |
Kapuzenpullover. Die Dachorganisation prüft Bewerbungen aus europäischen | |
Regionen mit Wildnispotenzial und betreut die geeigneten von den | |
Niederlanden aus. „Rewilding Oder Delta“ ging aus ehrenamtlichen | |
Aktivitäten vor Ort hervor, seit 2019 ist es ein gemeinnütziger Verein. Das | |
derzeitige Budget beträgt dürftige 500.000 Euro. Vier Leute beschäftigt die | |
Initiative und drei weitere per Werkvertrag. Torkler ist der Einzige mit | |
einer Vollzeitstelle, aber auf beiden Seiten der Grenze arbeiten viele | |
Naturschützer:innen ohne Bezahlung mit. | |
Das Gebiet, für dessen Erhalt sie sich engagieren, umfasst etwa 450.000 | |
Hektar. Neben dem Stettiner Haff selbst sind das große Waldflächen, Moore | |
und Flusseinzugsgebiete. Statt an einen einheitlichen, rechtlich bindenden | |
Status geknüpft zu sein, handelt es sich eher um ein Mosaik: Ein Großteil | |
ist europäisches Natura2000-Schutzgebiet, andere Flächen sind anderweitig | |
oder auch offiziell gar nicht geschützt. | |
## Rewilding, der Trend aus den USA | |
Rewilding kommt aus den USA und wird meist mit der Wiederansiedlung großer | |
Wildtiere assoziiert. Der Grundgedanke des trophic rewilding ist, dass | |
diese Wildtiere vor ihrer großräumigen Ausrottung nicht einfach Statisten | |
der Landschaft waren, sondern wichtige Rollen in Ökosystemen spielen. Ein | |
bekanntes Beispiel ist der [4][Yellowstone-Nationalpark], wo Mitte der | |
1990er Wölfe freigesetzt wurden. Plötzlich verhielten sich die Hirsche | |
anders: Sie mieden unübersichtliche Orte, wo sie leicht zur Beute werden | |
konnten. Dort wurde dann die Vegetation dichter, was den Boden | |
stabilisierte und sogar Flussläufe änderte. | |
Ähnliche Einflüsse auf die Umgebung sollen auch große Pflanzenfresser | |
haben. Die sogenannte Megaherbivorentheorie besagt, dass Europa früher | |
nicht komplett bewaldet war. Vielmehr sorgten lebende Mähmaschinen wie | |
Mammuts oder Auerochsen für Offenland, wo sich Habitate mit spezifischen | |
Pflanzen und Tieren entwickelten. Forscher:innen schlugen in den USA sogar | |
die Auswilderung von „charismatischer Megafauna“ aus Afrika oder Asien vor, | |
um das Pleistozän wieder aufleben zu lassen. Der britische Umweltaktivist | |
George Monbiot wäre am liebsten von frei lebenden Elefanten und Löwen | |
umgeben. | |
Das ist öffentlichkeitswirksam und beflügelt die Fantasie vieler, erzeugt | |
aber auch heftigen Gegenwind. Ähnlich umstritten sind Initiativen zur | |
„Rückzüchtung“ ausgestorbener Arten, beispielsweise von Heckrindern als | |
Ersatz für Auerochsen. Das mag gerade in Deutschland mit daran liegen, dass | |
derartige Vorstellungen Hermann Göring bei seinem Projekt reizten, in | |
Ostpolen eine „germanische Urzeitlandschaft“ zu errichten, wofür er | |
Menschen ermorden ließ. | |
In Peter Torklers Augen müssten es nicht gleich Wisente oder archaische | |
Wildtiere sein, die auf den Swinedelta-Inseln grasen. Er kann sich | |
vorstellen, dass zunächst Wasserbüffel oder alte Rinderrassen die | |
Landschaft offen halten. Diese würden draußen überwintern und sich im | |
Zweifel bei Überschwemmungen selbst retten. Denn sie können schwimmen – wie | |
Elche, die bis zu sechs Meter tief tauchen und als einzige Hirschart gar | |
unter Wasser äsen können. Viele Verfechter:innen des klassischen | |
Naturschutzes sehen das als einen fragwürdigen Eingriff. Zum einen haben | |
sich mit der Zeit neue funktionierende Artengemeinschaften gebildet, | |
argumentieren sie. Außerdem seien unerwartete negative Effekte nicht | |
ausgeschlossen. Osteuropäische Wildschweine zum Beispiel, die in Italien | |
ausgesetzt wurden, sorgen dort bis heute für Ärger. Sie waren einen | |
strengeren Winter gewohnt und vermehren sich im mediterranen Klima | |
unkontrolliert. | |
Wo hört „gute“ Wildnis auf; was ist das überhaupt? Es gibt keine klare | |
Definition, in der Ökologie kennt man keine eindeutige Grenze zwischen | |
Kulturland und Wildnis. Auch die Grenzen zwischen Varianten von Rewilding | |
sind fließend. In Europa vertritt man tendenziell das sogenannte passive | |
rewilding. Man lässt die Wildnis also im Zweifel lieber selber kommen, so | |
auch im Oderdelta. Beim Anklamer Stadtbruch an der deutschen Seite des | |
Haffs passierte das unverhofft. 1995 brach ein Deich, woraufhin die Fläche | |
überflutet und landwirtschaftlich aufgegeben wurde. Ein verwunschenes und | |
artenreiches Feuchtgebiet entstand. Es bleibt sich selbst überlassen. | |
Zurückhaltung hat auch für Torkler Priorität – wobei das vor allem anfangs | |
nicht ausschließt, frühere menschliche Eingriffe rückgängig zu machen. In | |
der Wasserwelt des Oderdeltas bedeutet das vor allem Wiedervernässung zum | |
Beispiel durch Aufschütten von einst entnommenem Kies in Flussbetten, was | |
auch Laichplätze für Lachse schafft. | |
## Ein Naturschutz ohne ultimatives Ziel | |
Renaturierungen sind jedoch nichts Neues. Ist Rewilding ein Modebegriff, | |
oder was ist das Spezifische? „Es ist kein Naturschutz mit Endziel, | |
beispielsweise einen bestimmten Naturraum oder eine seltene Art genau so zu | |
erhalten“, antwortet Torkler. Zwar widerspricht er nicht dem Plan des | |
Nationalparks, den Alpenstrandläufer zu schützen. Primär aber gehe es | |
darum, der Dynamik natürlicher Prozesse insgesamt mehr Freiraum zu | |
gewähren, mit letztlich offenem Ausgang. Dabei steht die großräumige | |
Vernetzung der Lebensräume im Fokus, erklärt er – etwa Rastplätze für | |
Zugvögel oder Wanderkorridore für Wildtiere. Über Möglichkeiten, diese | |
Herangehensweise auf ganz Europa auszuweiten, ist das von der Deutschen | |
Forschungsgemeinschaft initiierte [5][Deutsche Zentrum für integrative | |
Biodiversitätsforschung] (iDiv) aktiv. | |
Dort forscht Andrea Perino. „Eigentlich wollte ich gar nicht promovieren“, | |
erzählt die 35-jährige Biologin am Telefon, „sondern etwas mit | |
gesellschaftlicher Relevanz machen, am liebsten im praktischen | |
Naturschutz.“ Im Schwarzwald aufgewachsen, war sie schon als Kind viel | |
draußen und ließ sich von der Begeisterung ihrer Großmutter für die Welt | |
der Tiere anstecken. Später bekam sie die Möglichkeit zur Feldforschung in | |
Portugal und sagte zu. Das Rewildingkonzept fand sie spannend – wenngleich | |
sie darin kein Allheilmittel sieht. „Es wird zwar viel darüber geschrieben, | |
aber empirische Forschung zur Effektivität gibt es bisher kaum“, sagt sie. | |
Das liege vor allem daran, dass man es mit sehr langfristigen und komplexen | |
Prozessen zu tun habe. Es gebe jedoch Erkenntnisse aus kurzen | |
Untersuchungszeiträumen auf kleiner Fläche, erklärt Perino. So führten | |
künstliche Überflutungen im Leipziger Auwald – die früher einmal zum | |
jährlichen Naturprogramm gehörten – dazu, dass Ahorne wieder den Eichen | |
wichen; gleichzeitig nahm die Artenvielfalt von Schnecken und Laufkäfern | |
zu. | |
Dass sich Rewilding aber gegen den Menschen richte, hält Perino für ein | |
Missverständnis. Zwar will man Ökosysteme langfristig aus der Sphäre seiner | |
Steuerung entlassen, aber „es geht explizit auch um einen Mehrwert für die | |
Bevölkerung“, erklärt sie. Peter Torkler sieht das ähnlich: „Wildnis | |
funktioniert nicht ohne den Menschen – wir sind ja Teil der Natur.“ Er | |
möchte zum Beispiel wirtschaftliche Interessen in möglichst naturnaher | |
Weise integrieren. Das findet auch in der Wissenschaft Widerhall: Eine | |
deutsche Gruppe von Ökolog:innen und Wirtschaftsfachleuten plant gerade ein | |
großes Forschungsprojekt zum Oderdelta. Als Modellregion soll dort | |
untersucht werden, was für Effekte dieses Vorgehen hat. | |
Für die Beweidung der Kuhinseln mag das heißen, künftig Rassen mit | |
hochwertigem Fleisch zu wählen – Heckrindburger oder polnische | |
Büffelmozzarella könnten sich auf den hippen Foodmärkten Berlins gut | |
verkaufen. In jedem Fall müsste in Entscheidungen die lokale Bevölkerung | |
einbezogen werden. Insofern hat Torklers Job viel mit Kommunikation, | |
Vermittlung und Vernetzung zu tun. Er geht in den Dialog mit | |
Multiplikator:innen, kooperiert mit Umweltinitiativen, trifft sich mit | |
Gemeindevertreter:innen oder versucht Landwirt:innen für | |
alternative Geschäftsideen zu begeistern. „Wenn dabei mehr Wildnis | |
herauskommt, ist das wunderbar. Aber wir wollen nirgendwo Zäune aufstellen, | |
damit nie wieder jemand reindarf“, fasst er zusammen. | |
Iwona Krępic grinst, als sie erklärt, dass es bei ihrem Grundstück genau | |
andersherum ist. „Wir sind eingezäunt wie im Zoo, und drum herum sind die | |
Tiere frei“, sagt die Frau mit enthusiastisch funkelnden blauen Augen und | |
kurzen hellgrauen Haaren. Tatsächlich ist das Gras hinter dem Zaun viel | |
höher; direkt nebenan stehen halb verfallene Gebäude, in denen Eulen | |
hausen. „Meine Gäste können hier regelmäßig beobachten, wie Hirsche, Dach… | |
oder manchmal auch Wölfe vorbeilaufen“, so die Stettinerin. Der beste Platz | |
dafür sei der Strohballen, der im Vorgarten liegt. Vor 13 Jahren ist sie | |
mit ihrem Mann nach Kopice bei Stepnica gezogen. Fast direkt am Stettiner | |
Haff betreiben sie eine Unterkunft für Naturbegeisterte. Krępic habe mit | |
der Zeit selbst gelernt, ihre Einstellung zur Wildnis zu ändern – | |
„rewilding the mind“ nennt sie das. Heute bietet sie „Oder Delta Safaris�… | |
an. „Vor einer Weile war hier noch touristisches Niemandsland“, erinnert | |
sich die frühere Mitarbeiterin des Chemiekonzerns Merck. | |
Inzwischen kommen immer mehr Gäste aus ganz Europa und darüber hinaus zu | |
ihr; viele davon sind Fotograf:innen, berichtet sie. Sie bietet ihnen | |
Touren ins Umland, wobei ein Radius von zwei Kilometern meist ausreicht, um | |
Naturerfahrungen und Motive zu ermöglichen. „Wir haben hier eine der | |
dichtesten Seeadlerpopulationen der Welt, man kommt sehr nah an sie ran“, | |
sagt Krępic in ihrer quirlig-wachen Art. Auch schillernde Eisvögel oder | |
Wiedehopfe mit ihrer charakteristischen Federhaube trifft man hier an. | |
Manchen nähert man sich am besten per Kanu im Tarnanzug; man muss die | |
richtigen Stellen kennen. | |
Ökotourismus und Naturfotografie sind in den meisten Gebieten von Rewilding | |
Europe die wichtigste Strategie, um Ökologie und Ökonomie miteinander zu | |
vereinbaren. Am Oderdelta gibt es neben Iwona Krępics „Safari“ inzwischen | |
weitere Anbieter. „Es ist wichtig, die Region bekannt zu machen, damit sie | |
nicht zerstört wird“, sagt sie. | |
Wenn durch solch schonenden Tourismus Geld in die Region fließt, so | |
Torklers Hoffnung, nimmt auch die Akzeptanz wilder Tiere zu. „Die Leute | |
hier sind schon lange daran gewöhnt, mit Wölfen und anderen zu | |
koexistieren“, fügt er an. In Deutschland hingegen überlebte 2017 ein | |
wilder Wisent, der sich nach Brandenburg traute, nur wenige Stunden. Dann | |
wurde das streng geschützte Tier auf Anordnung des Ordnungsamts erschossen. | |
Eine Besonderheit von Rewilding Oder Delta ist die grenzüberschreitende | |
Kooperation. Wie viele Naturschützer:innen vereint auch Torkler, Krępic und | |
ihre Kolleg:innen der Einsatz gegen den von Polen aus geplanten Ausbau der | |
Oder. Offiziell verfolgt das von der Weltbank finanzierte Projekt | |
Hochwasserschutz. Kritiker:innen sind aber davon überzeugt, dass dies ein | |
vorgeschobenes Argument sei: Die Maßnahmen würden Überschwemmungen sogar | |
befördern. Sie nennen wirtschaftliche Interessen auf beiden Seiten des | |
Grenzflusses als wahren Impetus. | |
## Bedrohtes Paradies | |
Wenngleich ein Großteil der Eingriffe südlich von Stettin geplant ist, | |
befürchten die „Rewilder:innen“ des Oderdeltas negative Folgen auch | |
dort. In einem Fließgewässer sei alles miteinander verbunden: Die | |
Beseitigung von Unterwasserdünen als Hindernis der Schifffahrt würde deren | |
natürliche Filterfunktion stören, was die Wasserqualität flussabwärts | |
verschlechtere. Anfang September haben Umweltverbände aus beiden Ländern | |
gemeinsam Widerspruch beim Umweltdirektor in Stettin eingelegt. | |
Auf einer Anhöhe in dem kleinen Ort Lubin hat man einen wunderschönen | |
Panoramablick über das Stettiner Haff und kann dessen Ausmaße zumindest | |
erahnen. Die Landschaft ist von der Weichseleiszeit geprägt, man steht auf | |
einer Endmoräne. Nach links öffnet sich die riesige Wasserfläche, | |
geradeaus befinden sich die Kuhinseln. Rechts sieht man die größeren Inseln | |
Wolin und Usedom, dahinter am Horizont einen Streifen Ostsee. In Swinemünde | |
leuchtet ein Flüssiggasterminal – und mitten im Herzen der Lagune wird | |
gebaggert. | |
Dort wird die Fahrrinne zwischen Stettin und der Zufahrt zur Ostsee | |
vertieft. Schon bald sollen Schiffe mit bis zu 44.000 Tonnen Ladung den | |
zweitgrößten Hafen Polens ansteuern. Das werde die Entwicklung der ganzen | |
Region fördern, erklärte Marek Gróbarczyk, bis Oktober Minister für | |
Meereswirtschaft und Binnenschifffahrt. Die Kosten übernimmt zum Großteil | |
die EU. | |
Ökolog:innen aber sind empört, weil aus den 40 Millionen Kubikmetern Aushub | |
künstliche Inseln geschaffen werden sollen, die nicht abgesichert seien. | |
„Bei Sturm wird das Sediment aufgewirbelt, und die Fische verschwinden“, | |
kritisiert Peter Torkler. Eine Bodenuntersuchung des zuständigen | |
Seefahrtsamts fand rund 2.000 gefährliche Stoffe, darunter Abfälle aus dem | |
Zweiten Weltkrieg und Industrieschlacke aus der Sowjetzeit. „Da wird eine | |
ganze Lebenswelt zerstört, es ist ökologischer Vandalismus“, findet | |
Torkler. | |
Einen Moment darauf fliegen Wildgänse in typischer Keilformation über das | |
Oderdelta durch die nahende Dämmerung. | |
6 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/portraets/seggenrohrsaenger/ | |
[2] https://www.schutzstation-wattenmeer.de/wissen/tiere/voegel/alpenstrandlaeu… | |
[3] https://rewildingeurope.com/areas/oder-delta/ | |
[4] https://www.planet-wissen.de/natur/gebirge/rocky_mountains/pwiederyellowsto… | |
[5] https://www.idiv.de/de/index.html | |
## AUTOREN | |
Andrew Müller | |
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