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# taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: Die Zyniker im Innenministerium
> 26 Menschen werden aus dem coronageplagten Deutschland abgeschoben. In
> Afghanistan erwarten sie unsichere Zustände und eine marode
> Krankenversorgung.
Bild: Sajed Nur am Flughafen Kabul, nach der Abschiebung aus Deutschland am 10.…
Ein [1][Abschiebeflug aus Deutschland] ist am Mittwoch mit 26 Menschen in
Kabul gelandet, und das ist ein Skandal im Skandal. Fast 9.000 zusätzliche
Neuinfektionen verzeichnete die Johns-Hopkins-Universität am Dienstag für
Deutschland, für Afghanistan waren es am selben Tag 43. Deutschland treibt
mit Abschiebungen das Infektionsgeschehen in einer globalen Pandemie voran.
Es mag zynisch erscheinen, Corona als Grund für einen Abschiebestopp
anbringen zu müssen.
Doch die wahren Zyniker*innen sitzen im deutschen
[2][Innenministerium]. Zu der Sammelabschiebung von Mittwoch ist wenig
bekannt. Und vielleicht gehört genau das zum Kalkül der Behörden:
Frühmorgens werden 26 Männer abgeholt. Niemand protestiert, nicht auf den
leeren Straßen, nicht in der leeren Flughafenhalle, und dann geht es in den
leeren Flieger.
Afghanistan, das ist ein gebeuteltes Bürgerkriegsland mit einer gebeutelten
Gesundheitsversorgung und gebeutelten Menschen, die einer Pandemie
ausgesetzt sind. 26 weitere Menschen aus Deutschland werden dort nun
hineingeworfen. Das war es, was man in den Büros des Innenministeriums
wollte. Gab es Freude, als es am Mittwoch früh morgens hieß, der Flug sei
in Kabul gelandet?
Wer findet, das sei eine Unterstellung, hat schon vergessen, wie
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) 2018 die Abschiebung von 69
Afghanen als sein Geburtstagsgeschenk bezeichnete. Wie viele Beamte sind
aktuell mit der Planung von Abschiebungen beschäftigt, wie viel Logistik
steckt dahinter? Man kann diese Politik kaum anders nennen als:
menschenverachtend.
Jene Behörden, die bei Abschiebungen professionell und reibungslos
funktionieren, unterminieren andere Fragen in der [3][Asyl- und
Migrationsgesetzgebung] genauso professionell. Wo ist der
Bundesinnenminister, der gleichzeitig auch Bundesbauminister ist, wenn es
um überfüllte Heime geht? Heime, in denen Kinder jetzt erst recht nicht
vernünftig am Unterricht teilnehmen können? Wo Menschen jetzt erst recht
vereinsamen und verarmen?
Dass es nur 43 Neuinfektionen in Afghanistan gab, ist wohl ein Messfehler
des überlasteten Gesundheitsdienstes, der noch andere Probleme hat. Wie
hätte man auch wissen können, dass fünf Stunden nach dem Eintreffen des
Abschiebeflugs diese Meldung der Nachrichtenagentur AP eintrifft: „Bei
einer Serie von Bombenexplosionen sind am Mittwoch in Kabul der Polizeichef
eines Bezirks und sein Leibwächter getötet worden. Fünf weitere Menschen
wurden nach offiziellen Angaben verletzt.“ Hoffentlich können die
Verletzten ins Krankenhaus.
10 Feb 2021
## LINKS
[1] /Trotz-anhaltendem-Krieg-in-Afghanistan/!5751511
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## AUTOREN
Cem-Odos Güler
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Schwerpunkt Coronavirus
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Bayern
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