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# taz.de -- Trump und der Sturm aufs Kapitol: Angestachelt und vorbereitet
> Putsch oder Aufstand? Trump hat die Demokratie untergraben. Seine
> Anhänger haben Blut geleckt.
Bild: „Kämpft! Wir gehen zum Kongress“: Donald Trump bei seiner Rede vor d…
Unter allen anderen Umständen wäre es eine feierliche Zeremonie unter der
Kuppel des Kapitols in Washington gewesen. Der US-Kongress hätte die
Entscheidung des Electoral College und der US-amerikanischen Wähler.innen
bestätigt und der Wahl von Joe Biden ins Weiße Haus seinen Segen gegeben.
Trotz der Zitterpartie nach dem Wahltag lag dem Kongress letztlich ein
eindeutiges Ergebnis vor. Biden hat mit 51,3 Prozent gewonnen. Er hat 7
Millionen Stimmen mehr bekommen als Donald Trump. Das Electoral College hat
sich mit 306 gegen 232 Wahlleute klar für Biden ausgesprochen.
Stattdessen haben die USA, die sich selbst als leuchtendes Beispiel für
Demokratie sehen, einen der schwärzesten Tage ihrer Geschichte erlebt.
[1][Tausende von Trump-Anhängern stürmten das Allerheiligste ihrer
Republik.] Rannten unter Trump-, Tea-Party- und Konföderierten-Fahnen,
unter lautem U-S-A-Gejohle und mit gebrüllten Injurien gegen alle, die
gegen den scheidenden Präsidenten sind, die Stufen in das Gebäude hoch.
Überwältigten die Polizei. Brachen in die beiden Kammern ein. Drängten die
gewählten Volksvertreter unter Pulte, hinter Trennwände und in Gasmasken.
Und verhinderten jeden Fortgang der parlamentarischen Arbeit.
War es ein Putsch? Vielleicht. Zwar haben sich weder Militärs noch
Polizisten offen auf die Seite der Stürmer gestellt. Aber der scheidende
Präsident persönlich hat ihnen vermittelt, dass sie das Richtige taten.
„Kämpft!“, hat er ihnen zugerufen, bevor sie sich auf den Weg zum Kapitol
machten. Und: „Wir gehen zum Kongress.“
Viele seiner Anhänger waren unterwegs auf der Pennsylvania Avenue davon
überzeugt, dass Trump persönlich mit ihnen zum Kongress marschierte. Erst
nach stundenlangem Schweigen meldete sich Trump zu Wort. [2][In einem
halbherzigen Video] am späten Nachmittag forderte er seine Gefolgsleute
dazu auf, nach Hause zu gehen. Aber gleichzeitig schüttete er frisches Öl
ins Feuer, indem er erneut seine Lüge wiederholte, die Wahlen seien
„gestohlen“ worden.
Der Wahlverlierer Trump hat den Sturm auf das Kapitol in den
zurückliegenden zwei Monaten mit aufrührerischen Worten angestachelt und
vorbereitet. Indem er auf erfundenem Wahlbetrug und erfundenen
Manipulationen bestand, hat er nicht nur das Vertrauen in die
zurückliegenden Wahlen, sondern auch in die Demokratie selbst sowie in ihre
Institutionen und in ihre Zeremonien und zentralen Orte nachhaltig
untergraben.
## Ein unverzeihliches Vorgehen der Polizei
Doch gerade deswegen wäre der Sturm auf den US-Kongress nicht unvermeidbar
gewesen. Die Polizei – insbesondere die in Washington, weltweit eine der
Städte mit der höchsten Polizeidichte – hat oft bewiesen, dass sie in der
Lage ist, auch sehr viel größere Menschenmengen zu kontrollieren. Bei
anderen Gelegenheiten ist sie in der Lage, Tausende von Festgenommenen
abzuführen und/oder Plätze binnen Sekunden mit Tränengas zu räumen.
Am Mittwoch war klar, dass die Anhänger von Trump, die in die Hauptstadt
kamen, bereit zum Angriff waren. Weder sie noch ihr Held hatten einen Hehl
daraus gemacht. Dass die Polizei darauf nicht vorbereitet war, ist
unverzeihlich.
War es ein Aufstand? Auf jeden Fall. Zwar wird der Kongress – wenngleich
mit Verspätung – die Wahl von Joe Biden zum nächsten US-Präsidenten
bestätigen. Aber die schlechte Nachricht ist, dass diese Stürmer am
Mittwoch Blut geleckt haben. Trump und seine rückgrat- und skrupellosen
Unterstützer in der Republikanischen Partei haben ihnen das Gefühl gegeben,
dass sie „das Richtige“ tun. Ihr Eindringen in den Kongress und der dadurch
ausgelöste unmittelbare Zusammenbruch der demokratischen Arbeit hat ihnen
den Eindruck der eigenen Macht vermittelt.
Die Schwächen der US-Demokratie und ihrer Institutionen sind schon in den
zurückliegenden vier Jahren vielfach deutlich geworden. Aber dieser
Mittwoch, der 6. Januar 2021, hat gezeigt, dass die USA zu einem Land
geworden sind, das sich gefährlich weit in die Richtung dessen bewegt hat,
was Trump als Shithole-Countries bezeichnet hat.
6 Jan 2021
## LINKS
[1] /Chaos-in-Washington/!5742460
[2] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1346928882595885058
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
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