| # taz.de -- Migration in die EU: Das toxischste Thema | |
| > Laut einem Bericht deutscher Diplomaten lehnen vor allem die | |
| > Mitgliedstaaten an den Außengrenzen die Vorschläge der EU-Kommission ab. | |
| Bild: In Lybien werden Menschen von der Flucht nach Europa abgehalten | |
| Berlin taz | Ende September hatte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen | |
| ihren Asylpakt vorgelegt. Der soll die seit Jahren festgefahrenen Blockaden | |
| in der EU-Asylpolitik aufbrechen. Doch jetzt zeichnet sich ab: Die meisten | |
| Mitgliedstaaten lehnen die Reformvorschläge ab. Versuche [1][der deutschen | |
| Ratspräsidentschaft], die 27 EU-Staaten auf eine baldige Zustimmung zu von | |
| der Leyens Vorschlägen einzuschwören, waren erfolglos. | |
| Das geht aus einem Bericht der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der EU | |
| hervor, der der taz vorliegt. Auch nach Vorlage des neuen Pakts sei die | |
| Migrationspolitik weiterhin „das schwierigste und toxischste Thema der EU“, | |
| heißt es darin. | |
| An diesem Freitag treffen sich die Innen- und Justizminister der Union per | |
| Videokonferenz. Ginge es nach Deutschland – das viele Elemente in von der | |
| Leyens Pakt eingebracht hatte –, sollte die Runde dafür sorgen, dass die | |
| anstehenden Verhandlungen über den Pakt schnell vorankommen. | |
| Doch viele der anderen Staaten sperren sich: Eine Diskussion zur | |
| Vorbereitung des Innenministertreffens sei „sehr kontrovers“ verlaufen, | |
| meldeten die deutschen Diplomaten nach Berlin. Der italienische | |
| Vertreter war der Meinung, Deutschland sei in seinem Bemühen, den Pakt | |
| schnell durchzubringen, „über das Ziel hinausgeschossen“. Vom Vertreter | |
| Spaniens wird gar die Äußerung „Deutschland, übertreib es nicht!“ zitier… | |
| ## Garantien reichen nicht aus | |
| Die Konfliktlinien sind dabei nicht neu: Die Außengrenzenstaaten finden, | |
| dass von der Leyens Pläne ihnen zu wenige Lasten abnehmen. Spanien, | |
| Italien, Griechenland, Malta, Zypern und Bulgarien hätten bei der | |
| Diskussion in Brüssel bemängelt, dass das neue „Solidaritätssystem nicht | |
| ausreichende Garantien für die Außengrenzenstaaten enthielten“. Ohne | |
| verpflichtende Elemente zur Umverteilung wollen sie dem Pakt nicht | |
| zustimmen. | |
| Der verzichtet darauf, alle Staaten dazu zu verpflichten, den Ländern an | |
| den Außengrenzen Flüchtlinge verpflichtend abzunehmen. Stattdessen sollen | |
| sie sich per „Abschiebepatenschaften“ an der Rückführung abgelehnter | |
| Asylbewerber aus den Außengrenzenstaaten beteiligen. | |
| Einer Reihe von vor allem osteuropäischen Staaten geht selbst das zu weit: | |
| Ungarn habe – unterstützt von Polen, Tschechien, der Slowakei und den | |
| baltischen Ländern – erklärt, den deutschen Vorschlägen zur Annahme des | |
| Pakts nicht zustimmen zu können, heißt es in dem Bericht der deutschen | |
| Diplomaten. Sie sehen offenbar auch die Beteiligung an den Abschiebungen | |
| als „Element zur verpflichtenden Verteilung“ – und das sei für sie | |
| „keinesfalls akzeptabel“. | |
| Stattdessen soll ihr eigener Grenzschutz als „gleichwertiger | |
| Solidaritätsbeitrag“ anerkannt werden. „Etwas mehr Übereinstimmung“ geb… | |
| hingegen für die Idee, die Verhandlungen [2][für schnellere Abschiebungen] | |
| mit den Herkunftsstaaten „ganzheitlich“ voranzutreiben und dabei das neue | |
| EU-Budget für Außenpolitik NDICI sowie „Visahebel, Handelspolitik etc. in | |
| den Blick zu nehmen“. | |
| 13 Nov 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
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