| # taz.de -- EU-Flüchtlingspolitik und Moria: Feste Burg Europa | |
| > Mehr Schutz den Grenzen, weniger den Verfolgten. Die EU-Kommission | |
| > bereitet Asyl-Vorschläge vor. Kaum ein Land nimmt Moria-Flüchtlinge auf. | |
| Moria brennt – die EU pennt? Diesen Vorwurf will die EU-Kommission in | |
| Brüssel nicht auf sich sitzenlassen. Behördenchefin [1][Ursula von der | |
| Leyen] (CDU) hielt es zwar nicht für nötig, nach dem Großbrand nach Lesbos | |
| zu reisen. Doch mit Verspätung reagiert nun auch die Kommissionschefin auf | |
| das Flüchtlingsdrama. Von der Leyen hat die seit Monaten überfällige Reform | |
| des gemeinsamen Asylrechts zur Chefsache gemacht und angekündigt, die | |
| umstrittene Dublin-Verordnung zu streichen, nach der Flüchtlinge im | |
| EU-Staat ihrer Ankunft Asyl beantragen müssen und dort verbleiben. „Wir | |
| werden die Dublin-Verordnung abschaffen“, sagte von der Leyen im | |
| Europaparlament. „Wir werden es durch ein neues europäisches System zur | |
| Migrationssteuerung ersetzen.“ | |
| Dieses neue System werde „gemeinsame Strukturen zu Asyl und Rückführen“ | |
| haben und „einen neuen starken Solidaritätsmechanismus“ beinhalten. Details | |
| dieses „Migrationspakts“ will die EU-Kommission am kommenden Mittwoch | |
| vorlegen. Die Grundzüge hat Migrationskommissar Margaritis Schinas aber | |
| bereits ausgeplaudert. Demnach soll das System auf drei Säulen ruhen. | |
| Die Basis sollen Abkommen mit Drittstaaten wie der Türkei bilden. Die | |
| Herkunfts- und Transitländer sollen dafür sorgen, dass weniger Flüchtlinge | |
| in die EU kommen. Der Türkei-Deal von 2016 dient dabei offenbar als | |
| Vorbild. Er sieht vor, dass Ankara die Grenzen zur EU abriegelt und | |
| Flüchtlinge zurücknimmt. | |
| Auf der zweiten Etage soll ein „robuster Außengrenzenschutz“ entstehen. Er | |
| wird die Festung Europa nochmals verstärken. Erst danach, auf der dritten | |
| Ebene, soll ein System „europäischer Solidarität“ entstehen. Es dürfte | |
| allerdings kaum über das Prinzip hinausgehen, dass alle EU-Staaten | |
| irgendwie helfen müssen. Wer keine Asylbewerber aufnehmen möchte, könnte | |
| für den Grenzschutz zahlen, so die Idee aus Brüssel. | |
| Durch das Drama in Moria sei ein neues „Momentum“ entstanden, heißt es in | |
| der EU-Kommission. Dies könne dafür sorgen, dass die Reform diesmal auf | |
| fruchtbareren Boden fällt als 2015 und 2016. Damals, auf dem Höhepunkt der | |
| Migrationskrise, hatten Ungarn und Polen alle Vorschläge abgelehnt. Diese | |
| Blockade will von der Leyen nun brechen. Mit einer schnellen Einigung ist | |
| allerdings nicht zu rechnen. | |
| ## Europa-Parlament macht Druck | |
| Das Europaparlament macht derweil Druck. Linke und Grüne forderten eine | |
| Schließung der Lager. Andere Abgeordnete verlangten, dass sich die Länder | |
| auf eine „langfristige Lösung“ einigen müssten. Es könne nicht nur | |
| „Ad-hoc-Solidarität“ nach dem Brand in Moria geben, sagte [2][Roberta | |
| Metsola] aus der christdemokratischen EVP-Fraktion. Die CDU-Abgeordnete | |
| [3][Lena Düpont] forderte keine Schließung von Lagern, aber „einen | |
| funktionierenden Grenzschutz mit einem ordentlichen Grenzverfahren“, an | |
| dessen Ende Schutzbedürftige aufgenommen und andere abgeschoben würden. | |
| Ähnlich äußerte sich der Niederländer [4][Malik Azmani] von der liberalen | |
| Renew-Fraktion: „Wir brauchen eine erste Überprüfung an der Außengrenze, um | |
| zu bestimmen, wer wahrscheinlich Asyl erhält und wer nicht.“ | |
| Genau dafür will Deutschland das Moria-„Momentum“ nutzen: Die bisherigen | |
| „Hotspot“ genannten Erstaufnahmelager der EU – eines davon war Moria – | |
| sollen umgewandelt werden. Künftig sollen dort Vorprüfungen für | |
| Asylverfahren in anderen EU-Staaten stattfinden. Wer dabei ausgesiebt wird, | |
| soll direkt wieder abgeschoben werden. | |
| ## Lesbos: Migranten müssen in ein neues Lager | |
| Auf Lesbos ging derweil die Umsiedlung der Flüchtlinge in das neue Lager | |
| weiter. Das Militär hat auf einem ehemaligen Übungsgelände mittlerweile | |
| rund 1.000 Zelte mit Platz für jeweils bis zu 10 Personen errichtet. In den | |
| vergangenen Tagen waren rund 2.000 der etwa 12.000 ehemaligen Insassen | |
| Morias dort hingezogen. Am Donnerstagmorgen begann rund 170 Polizisten | |
| damit, die übrigen Flüchtlinge zusammenzutreiben. Viele wollen nicht in das | |
| neue Lager umziehen – sie fürchten, auf Dauer dort interniert zu werden. | |
| „Wir haben keinerlei Informationen über das Lager und können die Menschen | |
| deshalb auch nicht so beraten, dass sie selbst eine fundierte Entscheidung | |
| treffen können“, sagte die Rechtsanwältin Elli Kriona, die Asylsuchende auf | |
| Lesbos vertritt. Bisher stehe nur fest, dass das Lager weit unter Standard | |
| ausgestattet sei. Die Anwälte selbst dürften nicht hinein. Es herrsche die | |
| Sorge, dass wieder ein Internierungslager entstehe, sagte Kriona. Und | |
| weiter: „Die Ängste der Menschen hinsichtlich des Lagers sind absolut | |
| berechtigt.“ | |
| Wie aber regieren die europäischen Staaten auf das Desaster von Moria? | |
| Tatsache ist: Deutschland nimmt mit Abstand die meisten Flüchtlinge auf. | |
| Viele Staaten verweigern eine Immigration von Moria-Migranten vollständig, | |
| andere beschränken die Einreise auf wenige Personen, meist Minderjährige. | |
| taz-Korrespondenten berichten aus europäischen Hauptstädten. | |
| ## Niederlande: Kuhhandel mit 100 Menschen | |
| Das Thema Moria sorgt in der niederländischen Regierungskoalition in Den | |
| Haag für Unstimmigkeiten: Die liberalen Democraten66, die strenggläubige | |
| ChristenUnie (CU) sowie die Christdemokraten (CDA) wollen, nicht zuletzt | |
| auf Druck ihrer Basis, Hilfe leisten. Der Seniorpartner aber, die | |
| rechts-liberale VVD von Premier Mark Rutte, steht ebenfalls unter Druck: | |
| Jede größere humanitäre Geste könnte ihr ein halbes Jahr vor den | |
| Parlamentswahlen als Schwäche ausgelegt werden. | |
| Vor diesem Hintergrund verabschiedete das niederländische Parlament in der | |
| letzten Woche einen Kompromiss, der typisch ist für diese Koalition: 100 | |
| Personen aus dem abgebrannten Camp in Moria will man aufnehmen – jeweils 50 | |
| unbegleitete Minderjährige unter 14 Jahren und 50 besonders verletzbare | |
| Personen. Soweit ging also das Zugeständnis der VVD – wofür ihr seitens der | |
| rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid und Forum voor Democratie | |
| sowie der rechten Presse umgehend Schwäche und Einknicken vorgeworfen | |
| wurde. | |
| De facto bedeutet die Aufnahme der 100 Personen aber nur eine Umverteilung | |
| von Geflüchteten, denn im Gegenzug sinkt die Zahl derjenigen, welche die | |
| Niederlande im Rahmen des UN-Resettlement-Programms aufnehmen. Dies | |
| betrifft Personen, die außerhalb der regulären Asyl-Prozedur auf 34 Staaten | |
| verteilt werden. Die Niederlande haben derzeit ein Kontingent von 500 | |
| Personen pro Jahr. 2021 werden dies nur 400 sein. | |
| Dass selbst dieser Kuhhandel mit weitgehend symbolischem Wert und minimalem | |
| Umfang, von einem Volkskrant- Kommentar als „Quartett um Flüchtlinge“ | |
| kritisiert, zu einem Koalitionsstreit führt, zeigt die politischen | |
| Kräfteverhältnisse im Land. Die linke Opposition protestiert gegen den Deal | |
| und Menschenrechtsorganisationen äußern schwere Kritik. Unbestritten ist | |
| aber auch, dass der Kurs von Ruttes VVD den derzeit mehrheitsfähigen | |
| Positionen entspricht. Ungeachtet dessen wittern die | |
| national-populistischen und identitären Kräfte einen Versuch „illegaler | |
| Massenimmigration“, was einen unangenehmen Vorgeschmack auf den kommenden | |
| Wahlkampf liefert. | |
| Das Thema Moria ist derweil fürs Erste durch. Von den Plänen Deutschlands, | |
| 1.500 Menschen aufzunehmen, hat man in den Niederlanden Kenntnis genommen. | |
| Einen Effekt auf die hiesige Debatte hat das freilich nicht. Der Deal ist | |
| geschlossen, und jenseits des schmaler werdenden humanitären Korridors gibt | |
| es für die Aufnahme Geflüchteter offenbar keine mehrheitskompatible Lobby | |
| mehr. Tobias Müller, Amsterdam | |
| ## Polen: Die einzige Hilfe sind neue Baracken | |
| In Polen ist das Drama auf der Insel Lesbos kein Thema. Zwar gab es in fast | |
| allen Medien kurze Berichte, doch dienten die Bilder von den angeblichen | |
| Brandstiftern, Kriminellen und potentiellen Terroristen nur wieder als | |
| Beispiel für die gescheiterte Flüchtlingspolitik der EU. Es sei ein Fehler | |
| gewesen, all diese Menschen überhaupt nach Europa einzuladen. Die Situation | |
| in Deutschland, Schweden und Frankreich zeige, dass die „islamistischen | |
| Migranten“ schon als Clans nach Europa gekommen seien, nicht etwa, um | |
| Schutz zu suchen, sondern um die Gastländer auszurauben und junge Frauen zu | |
| vergewaltigen. Polen werde diese Migranten auch in Zukunft auf keinen Fall | |
| ins Land lassen, lautet der Tenor der Berichte. | |
| Diese Argumentation ist nicht neu. 2015 gewann die nationalpopulistische | |
| Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit einer ausländerfeindlichen | |
| Hetzkampagne und geradezu grotesker Angstmache vor angeblich todbringenden | |
| Seuchen, die muslimische Migranten ins Land bringen würden, die Wahlen. Die | |
| ursprünglich sehr hilfsbereiten Polen, die den Flüchtlingen in der | |
| Tradition der Solidarność-Bewegung der 1980er Jahre helfen wollten, wurde | |
| Angst von unbekannten Viren und Bakterien eingeimpft. Bis heute genießt die | |
| PiS den Ruf, Polen zu einem Bollwerk gemacht zu haben, das das Christentum | |
| gegen den Islam verteidige. Rund 70 Prozent der Bevölkerung lehnt die | |
| Aufnahme von Flüchtlingen ab. Dagegen loben Regierungspolitiker gerne die | |
| Aufnahme von angeblich einer Million Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. | |
| Tatsächlich aber nimmt Polen kaum noch Flüchtlinge aus dem östlichen | |
| Nachbarland auf – mit der Begründung, dass in der Ukraine eine | |
| Binnenmigration möglich sei, da der Krieg sich auf der Krim und die | |
| Ostukraine beschränkt. | |
| Dass, so offizielle Angaben, dennoch rund 400.000 UkrainerInnen in Polen | |
| leben und die größte Gruppe von Ausländern stellen, liegt an der Vergabe | |
| von Arbeitsvisa. Wer in Polen unter diesen Bedingungen arbeitet, unterliegt | |
| einerseits der Steuer- und Sozialabgabepflicht des Landes, ist aber | |
| jederzeit abschiebbar. Polens Staatskasse und das Sozialsystem profitieren | |
| also von diesen Arbeitsmigranten. Vorgebliche Belastungen, noch dazu von | |
| angeblich einer Million ukrainischer Flüchtlinge gibt es dagegen nicht. | |
| Dennoch anerkennen die Europäische Union und Kommissionspräsidentin Ursula | |
| von der Leyen die Behauptung von einer hohen Belastung Polens durch die | |
| Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Sie gelten als Entschuldigung dafür, | |
| dass sich das Land bisher an keinem EU-Flüchtlingshilfe-Programm beteiligt | |
| hat. | |
| Um nicht als gänzlich unsolidarisch zu gelten, hat die Regierung unter | |
| Mateusz Morawiecki ein Programm zur Hilfe vor Ort auf den Weg gebracht, So | |
| schickte Polen nach dem Großbrand im Hafen von Beirut eine | |
| Polizei-Hundestaffel in den Libanon, die nach Verschütteten suchte. Jetzt | |
| sollen insgesamt 600 Wohncontainer in Kunststoff-Leichtbauweise in den | |
| Libanon, nach Syrien und 150 davon nach Griechenland geschickt werden – für | |
| das neue Flüchtlingslager in Moria. Flüchtlinge von dort aufnehmen will | |
| Polen dagegen nicht. | |
| Dabei appellieren inzwischen einige Nichtregierungsorganisationen sowie | |
| katholische Geistliche, zumindest einige Familien mit Kindern aus Moria in | |
| Polen aufzunehmen. Doch es ist wenig wahrscheinlich, dass die Regierung | |
| Morawiecki deshalb ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik ändern wird. | |
| Gabriele Lesser, Warschau | |
| ## Frankreich: Hilfen in engen Grenzen | |
| Der Gipfel der sieben EU-Mittelmeerstaaten auf Korsika am 10. September, | |
| kurz nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos, wäre der ideale | |
| Anlass gewesen, eine gemeinsame und glaubwürdige Rettungsaktion für die | |
| humanitäre Katastrophe anzukündigen. Der Gastgeber, Staatspräsident | |
| Emmanuel Macron, beschränkte sich aber darauf, eine „deutsch-französische | |
| Initiative“ anzukündigen. Dazu sagte er: „Europa darf sich nicht mit Worten | |
| der Solidarität begnügen und muss eine Politik der solidarischen Taten | |
| vorschlagen. Wir müssen diese Migrationskrise ins Zentrum unserer | |
| Diskussionen stellen und viel konkreter werden.“ | |
| Gleichzeitig bestätigte Macron aber, dass diese konkrete und tatkräftige | |
| Hilfe nicht etwa in der Aufnahme von Tausenden von obdachlosen Vertriebenen | |
| bestehen könne: „Wir müssen vor allem die sofortige Hilfe bringen und eine | |
| bessere Unterbringung der Laute vor Ort garantieren.“ Hingegen soll die | |
| Europäische Union laut Macron nur etwa 400 minderjährige Opfer der | |
| Brandkatastrophe auf Lesbos aufnehmen. Frankreich denke dabei an 100 | |
| Personen und mochte im Unterschied zu Deutschland nicht „konkreter“ werden, | |
| sagte dazu der Staatssekretär für Europa, Clément Beaune, Dass Deutschland | |
| jetzt 1.500 Menschen von Lesbos übernehmen will, scheint die französische | |
| Regierung nicht in Verlegenheit zu bringen. | |
| Wirklich unter Druck zu mehr humanitärer Großzügigkeit steht die | |
| französische Staatsführung nicht, denn Moria ist kaum mehr ein Thema. Das | |
| hat Tradition: Schon beim Flüchtlingsproblem im französischen Calais am | |
| Ärmelkanal, wo derzeit sogar die Ausgabe von Mahlzeiten durch die | |
| Hilfsgruppen Schikanen unterliegen, oder bei der Vertreibung von | |
| obdachlosen Migranten und Flüchtlingen am Stadtrand von Paris schauten | |
| weite Teile der Öffentlichkeit weg. | |
| Appelle von Flüchtlingsorganisation wie France Terre d’Asile stoßen im Land | |
| nur auf ein geringes Echo. „Frankreich könnte durchaus mehrere Hundert | |
| Menschen (aus Moria) aufnehmen, das wäre bloß ein Tropfen im Vergleich zur | |
| Bevölkerung und zur Zahl der Menschen, die wir beherbergen. Wir sind | |
| bereit, dabei unsere Hilfe zu leisten, es eilt“, schlägt Hélène | |
| Soupios-David, die Sprecherin dieser Gruppe, vor. | |
| Ganz anders – und doch erwartungsgemäß – reagierte dagegen die extreme | |
| Rechte: „Alle Flüchtlinge auf Lesbos sind illegale Einwanderer, sie müssen | |
| in ihre Herkunftsland zurück“, fordert Jordan Bardella, die Nummer zwei des | |
| Rassemblement national (Ex-FN). „50, 150 oder 500, das ist nicht die | |
| eigentliche Frage“, meint Yves Pascouau vom Thinktank Res Publica. Es gehe | |
| vielmehr darum, statt einer bloßen Reaktion auf ein Ereignis eine „echte | |
| Migrationspolitik an den Toren Europas“ zu organisieren, wünscht er. Rudolf | |
| Balmer, Paris | |
| ## Schweden: Genug geholfen | |
| Die SchwedInnen gelten bekanntlich als Weltmeister im Schämen. Klimascham, | |
| Konsumscham – die „flygskam“ wurde gar ein Exportschlager. Rund zwei | |
| Dutzend Wortverbindungen mit „skam“-Endung listet das amtliche Wörterbuch | |
| der schwedischen Sprache auf. Die Moria-Scham fehlt bisher. Dabei wäre sie | |
| dringend nötig. Muss Schweden sich nicht in Grund und Boden schämen, keinen | |
| einzigen Flüchtling aus Moria aufnehmen zu wollen und zu meinen, mit der | |
| Lieferung von 1.700 Decken und 100 Schlafsäcken seine Schuldigkeit getan zu | |
| haben? | |
| Moria ist ein Schande. Das bestreitet kaum jemand. Doch dafür müsse sich | |
| nicht Schweden schämen, es sei die Schande Griechenlands und der EU. Der | |
| größte Teil der SchwedInnen scheint dieses Narrativ der Regierung | |
| übernommen zu haben. Schweden habe während der Flüchtlings-„Welle“ im Ja… | |
| 2015 seine Pflicht getan und müsse erst einmal die fast 200.000 Menschen, | |
| die man damals aufgenommen habt, einigermaßen anständig integrieren, sagte | |
| Ministerpräsident Stefan Löfven: Jetzt seien die „anderen“ dran. Um dieses | |
| Prinzip gar nicht erst in Frage stellen zu lassen, verweigert die rot-grüne | |
| Regierung jeden auch nur symbolischen Beitrag wie die Aufnahme von | |
| Flüchtlingen aus Griechenland. | |
| Dass das in Dänemark nicht anders ist, wundert weniger. Zwar wird das Land | |
| seit einem Jahr wie alle drei skandinavischen EU-Staaten sozialdemokratisch | |
| regiert, an der an der restriktiven Asylpolitik der rechten | |
| Vorgängerregierungen hat sich in Kopenhagen deshalb aber kein Deut | |
| geändert. Man wolle keinen Präzedenzfall, verkündete Integrationsminister | |
| Mattias Tesfaye: Würde man die Tür nur einen Spalt öffnen, riskiere man | |
| „Migrationsströme“. Regierungschefin Mette Frederiksen hat übrigens den | |
| Anspruch „Børnenes statsminister“ sein zu wollen – „Ministerpräsident… | |
| Kinder“. Die Kinder und Jugendlichen aus Moria sind damit aber offenbar | |
| nicht gemeint. | |
| Dagegen fällt Finnland mit der Ankündigung exakt elf Minderjährige | |
| aufnehmen zu wollen, regelrecht positiv aus dem Rahmen. Schon im Frühjahr | |
| hatte die Regierung in Helsinki beschlossen, Griechenland und Zypern 175 | |
| Asylsuchende abzunehmen, insbesondere Familien mit kleinen Kindern. 88 sind | |
| mittlerweile nach Finnland gekommen. Die jetzigen elf werden nun penibel | |
| auf die Quote dieser 175 angerechnet. | |
| Ausgerechnet das konservativ regierte Norwegen preschte gleich nach den | |
| ersten Bildern der Feuer in Moria vor und kündigte die Aufnahme von | |
| immerhin 50 Minderjährigen an. Die Sozialdemokraten, hier in der | |
| Opposition, drängen auf eine deutliche Aufstockung dieser Quote. Auch die | |
| Zivilgesellschaft setzt Zeichen: Über 50.000 Unterschriften sammelte der | |
| Aufruf #50erikkenok – „50 sind nicht genug“ binnen zwei Tagen. Laut einer | |
| Umfrage schließen sich 59 Prozent der NorwegerInnen dieser Meinung an. | |
| Reinhard Wolff, Stockholm | |
| 17 Sep 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Von-der-Leyen-an-der-Spitze-der-EU/!5607636/ | |
| [2] https://www.eppgroup.eu/de/ueber-uns/unsere-mitglieder/roberta-metsola | |
| [3] https://www.lena-duepont.eu/ | |
| [4] https://www.europarl.europa.eu/meps/en/197781/MALIK_AZMANI/home | |
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