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# taz.de -- Geflüchtete auf Lesbos: Alle. Alle. Alle.
> Wenn darüber debattiert wird, ob Deutschland Geflüchtete aus Lesbos holen
> kann, geht es immer um Kinder, Kranke, Schwangere. Es sollte um alle
> gehen.
Bild: Menschen fliehen am 9. September aus dem brennenden Lager in Moria
Alle Menschen, die in [1][griechischen Lagern] festgehalten und gefoltert
werden, müssen unverzüglich und ohne menschenfeindliche Symbolpolitik in
Sicherheit gebracht werden. Ich gehe an dieser Stelle auf die hässlichen
politischen Agenden der griechischen Regierung, der Bundesregierung und der
EU ein. In den vergangenen Tagen habe ich nämlich eine viel mächtigere
Dynamik beobachtet, die selbst die wenigen anständigen Entscheider*innen
der europäischen Politik beeinflusst.
Im gesamten politischen Spektrum wird mittlerweile betont: Wir müssen
[2][ein paar Flüchtlinge] aufnehmen, vor allem aber unbegleitete Kinder und
Jugendliche, Familien, ein paar Schwangere, bisschen chronisch Kranke,
vielleicht noch drei oder vier Senior*innen aus Moria evakuieren. Im
Umkehrschluss bedeutet diese Katastrophenbewältigung der Trippelschritte
aber auch: Alle anderen sollen im Elend verrecken. Aber: Auch gesunde,
kräftige Männer zwischen 18 und 49 Jahren haben ein Anrecht auf Leben, auf
körperliche Unversehrtheit und Würde. Deswegen ist das erste Wort dieser
Kolumne: Alle.
In Deutschland herrscht spätestens seit 2015 eine bedrückende Verlegenheit,
wenn über die [3][Grundrechte von Geflüchteten] gesprochen wird. Man muss
sich quasi entschuldigen, wenn man verlangt, dass Menschen nicht in
überfüllten Lagern verbrennen oder an Krankheiten sterben, dass sie in
Coronazeiten nicht auf engstem Raum zusammengepfercht vor sich hin
vegetieren oder gezwungen werden, Abwasser zu trinken. Wie in Moria
geschehen.
Im gesamten politischen Spektrum verweisen viele auf „die europäischen
Werte“. Im Studium habe ich gelernt, dass es eine Verfassung und
Verfassungswirklichkeit gibt. Meistens wurde in den Uni-Seminaren über den
sogenannten „Globalen Süden“ in diesem Zusammenhang gesprochen.
Allerdings kann dies auch auf Europa heute angewendet werden. In diesem
Sinne würde ich gerne eine kommentierte Neuauflage des Vertrags von
Lissabon pitchen, in der die Intentionen der Gründermütter und -väter und
politische Praxis von heute deutlich werden. Hier ein Auszug aus Artikel 2
[samt Kommentar]:
Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der
Menschenwürde [aber nur für EU-Staatsangehörige, Netto-Zahler*innen in den
EU-Haushalt bekommen doppelte Würde], Freiheit [generell nur für
Träger*innen von hässlichen Europa-Kapuzenpullis], Demokratie [Nazis in den
Parlamenten sind willkommen], Gleichheit [es sei denn Geflüchtete bekommen
dasselbe wie wir], Rechtsstaatlichkeit [gilt nicht für die faktische
Abschaffung des Asylrechts; zum Beispiel in Ungarn] und die Wahrung der
Menschenrechte [Späßchen! hahaha!] einschließlich der Rechte der Personen,
die Minderheiten angehören [es sind ausschließlich Deutsche in Belgien
gemeint].
Vielleicht wird Ihnen jetzt klar, wie es überhaupt so weit kommen konnte.
17 Sep 2020
## LINKS
[1] http://Die%20letzten%20Tage%20von%20Moria
[2] /Nach-Brand-im-Lager-Moria/!5714431/
[3] /Veraenderungen-im-Asylrecht/!5526877/
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
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