# taz.de -- Durchsuchung in Freiburger KTS-Zentrum: Indymedia-Razzia war rechts… | |
> Das Innenministerium ließ beim Verbot von indymedia.linksunten auch das | |
> Freiburger KTS-Zentrum durchsuchen. Das war illegal. | |
Bild: Ein Polizeiwagen 2017 bei der Razzia in der KTS Freiburg zum „indymedia… | |
Freiburg/Berlin taz Es war ein großer Schlag. Am 25. August 2017 ließ der | |
damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das linke | |
[1][Onlineportal linksunten.indymedia verbieten]. Gleichzeitig wurden die | |
Räume des autonomen Zentrums KTS in Freiburg durchsucht, wo die Betreiber | |
der Plattform vermutet wurden. Nun jedoch befand der Verwaltungsgerichtshof | |
Baden-Württemberg: Zumindest die Durchsuchung der KTS war rechtswidrig und | |
hätte nicht stattfinden dürfen. | |
Das Bundesinnenministerium hatte linksunten.indymedia vorgeworfen, zu | |
Straftaten wie Brandanschlägen aufgerufen oder diese gebilligt zu haben. | |
Die Plattform wurde als Verein deklariert und als solcher verboten, da er | |
sich „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ richte. Als Betreiber wurden | |
fünf Freiburger beschuldigt, die sich in der KTS treffen würden. Allesamt, | |
auch das Zentrum, wurden durchsucht. | |
Der Verein, der die KTS betreibt, ging danach juristisch gegen die | |
Durchsuchung vor. Und der Verwaltungsgerichtshof gibt ihm nun Recht. In | |
einem Beschluss vom 12. Oktober, welcher der taz vorliegt, heißt es: Das | |
damals vom Bundesinnenministerium beauftragte Verwaltungsgericht Freiburg | |
habe die Durchsuchung „zu Unrecht“ angeordnet. Das Gericht hätte das | |
Ersuchen „ablehnen müssen“. | |
## Innenministerium äußerte nur vage Vorwürfe | |
Die RichterInnen werfen dem Innenministerium vor, viel zu vage dargelegt zu | |
haben, warum die KTS durchsucht werden sollte. In einer dem | |
Verwaltungsgericht übersandten Liste wurde diese nur als „Infrastruktur“ | |
benannt. In der Verbotsverfügung waren immerhin regelmäßige Treffen der | |
vermeintlichen linksunten.indymedia-Betreiber in der KTS erwähnt. Auch das | |
sei aber nicht näher dargelegt worden und beweise nicht, dass das Zentrum | |
selbst, in dem auch eine Koch-, Samba- oder Theatergruppe aktiv sind, mit | |
der Plattform in Verbindung stand oder gar als eine Art „Vereinsheim“ | |
fungierte. So ein Nachweis wäre aber bei der „beträchtlichen | |
Grundrechtsrelevanz einer Durchsuchung“ notwendig gewesen, so das Gericht. | |
Auch ein Behördenzeugnis des Verfassungsschutz Baden-Württemberg, in dem | |
festgehalten wurde, dass einer der indymedia-Beschuldigten einen Schlüssel | |
zum Haupteingang der KTS hatte und für das Zentrum mal einen Router | |
bestellte, ließen die RichterInnen nicht gelten. Denn: Das Behördenzeugnis | |
wurde vom Innenministerium erst nach dem Durchsuchungsantrag vorgelegt. | |
Das Resümee der RichterInnen: Das Ministerium hatte zum Zeitpunkt des | |
gestellten Ersuchens „ausweislich der vorgelegten Akten gerade keine | |
Kenntnis“, wie genau die KTS mit linksunten.indymedia zusammenhing. Dann | |
allerdings hätte dort auch nicht durchsucht werden dürfen. Das Urteil ist | |
nicht mehr anfechtbar. | |
## Autonomen-Zentrum spricht von „Einbruch“ | |
Die Betreiber der KTS sprachen am Mittwoch von einem „Einbruch“, der damit | |
2017 in ihr Zentrum erfolgt sei und bei dem „richtig viel geklaut“ wurde. | |
Laut Verein geht es um Sachwerte und Gelder in Höhe von rund 40.000 Euro. | |
Auch der Anwalt des Vereins, Peer Stolle, forderte die beschlagnahmten | |
Sachen „jetzt herauszugeben“. Der Verwaltungsgerichtshof habe klar | |
festgestellt, dass die Behörden „ihre Kompetenzen damals überschritten | |
haben“. | |
Das Bundesinnenministerium teilte am Mittwoch auf taz-Anfrage nur mit, dass | |
das Urteil dort „bekannt“ sei. Ob und wann es zu einer Rückgabe der | |
Gegenstände und Gelder kommt, ließ ein Sprecher unbeantwortet: Dazu äußere | |
man sich derzeit nicht. | |
Das Verbot von indymedia.linksunten hat dagegen weiter Bestand. Im Januar | |
hatte das [2][Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde] der fünf | |
beschuldigten Betreiber zurückgewiesen – weil sie als Einzelpersonen und | |
nicht als Verein geklagt hatten. Dass die Plattform über das Vereinsgesetz | |
verboten wurde, hielten die RichterInnen für zulässig. Die Beschuldigten | |
legten darauf im Juni Verfassungsbeschwerde ein, über die noch nicht | |
entschieden ist. | |
11 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /linksuntenindymedia/!5442202 | |
[2] /Urteil-des-Bundesverwaltungsgerichts/!5660916 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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