# taz.de -- Ermittlungen gegen linke Plattform: Indymedia-Verfahren eingestellt | |
> Seit fast fünf Jahren läuft ein Ermittlungsverfahren gegen die linke | |
> Internetplattform linksunten.indymedia. Nun wurde es eingestellt. | |
Bild: Eine Demonstration gegen das Verbot von linksunten.indymedia in Berlin | |
Fast fünf Jahre nach dem Verbot der linksradikalen Internetplattform | |
[1][linksunten.indymedia] hat der Staatsanwalt Manuel Graulich ein | |
Ermittlungsverfahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 | |
StGB) eingestellt, wie die Antifa Freiburg in einer kurze Erklärung [2][auf | |
ihrer Webseite] mitteilt. Die Freiburger Anwältin Angela Furmaniak, die | |
einige der von dem Ermittlungsverfahren Betroffene verteidigt, hat die | |
Einstellungen der Ermittlungen bestätigt. | |
Im August 2017 war die Internetplattform Indymedia Linksunten vom | |
Bundesinnenminister Thomas de Maizière nach dem Vereinsgesetz wegen | |
verfassungsfeindlicher Bestrebungen verboten worden. Die Maßnahme erfolgte | |
wenige Wochen nach den teilweise militanten Protesten gegen den G8-Gipfel | |
in Hamburg und im Vorfeld einer Bundestagswahl, die stark von Law-and | |
Order-Parolen gegen Linke geprägt war. Den mutmaßlichen BetreiberInnen der | |
Plattform Indymedia Linksunten wurde vorgeworfen, sie hätten nicht | |
verhindert, dass dort auch Texte gepostet wurden, die zu militanten | |
Aktionen aufrufen oder sich zu solchen Aktionen bekennen. | |
Dagegen geklagt hatten die fünf Personen aus Süddeutschland, denen die | |
Verbotsverfügung als Einzelpersonen zugestellt wurde. Sie bestritten, dass | |
es den Verein überhaupt gegeben hat und sie dort Mitglied waren. Im Januar | |
2020 hatte das Leipziger Bundesverwaltungsgericht die Klage gegen das | |
Verbot abgewiesen, aber in der Sache nicht entschieden. Danach nahm die | |
Karlsruher Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Beschuldigten | |
wieder auf, konnte allerdings nicht genügend Beweise für die Erhebung einer | |
Anklage finden. Nach Angaben der Antifa Freiburg konnten die | |
Ermittlungsbehörden zahlreiche der im August 2017 beschlagnahmten | |
Datenträger bis heute nicht entschlüsseln. | |
## Mit dem Vereinsrecht gegen Medien | |
Die Abschaltung der Plattform wurde als Schlag gegen Medien interpretiert, | |
die sich einer linken Gegenöffentlichkeit verpflichtet fühlen. Indymedia | |
wurde vor fast 25 Jahren als weltweites und hierarchiefreies Netzwerk | |
Unabhängiger Medienzentren gegründet. Als erste internationale Auftritte | |
galten der „Carnival Against Capital“ in London und Köln sowie der | |
WTO-Gipfel in Seattle 1999. Im Zuge der kurzlebigen | |
globalisierungskritischen Bewegung gründeten sich in vielen Ländern | |
Indymedia-Initiativen, die den Anspruch einer linken Gegenöffentlichkeit | |
hatten. Schon bald waren sie von staatlicher Repression betroffen. Die | |
Bilder der bei einem Polizeieinsatz im Indymedia-Zentrum blutig | |
geschlagenen MedienaktivistInnen in der Diaz-Schule in Genua ging am 20. | |
Juli 2001 um die Welt. | |
Auch die Abschaltung der Internetplattform Indymedia Linksunten stand in | |
der Kritik vonseiten eines linken Solidaritätsnetzwerkes, aber auch von | |
Grundrechtsorganisationen. So bezeichnete es der Jurist David Werdermann | |
von der Gesellschaft für Freiheitsrechte als „extrem gefährlich“, wenn mit | |
dem Vereinsrecht gegen Medien vorgegangen wird. Auch die | |
JournalistInnenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) sprach von einem | |
„rechtsstaatlich fragwürdigen Verbot“. | |
„International ist das ein bedenkliches Signal und liefert repressiven | |
Regimen in aller Welt einen Vorwand, es den deutschen Behörden | |
gleichzutun“, lautet die Befürchtung von ROG-Geschäftsführer Christian | |
Mihr. „Um gegen strafbare Inhalte auf Indymedia Linksunten vorzugehen, | |
hätte es weniger einschneidende Mittel gegeben. Dass die Bundesregierung | |
ein trotz allem journalistisches Online-Portal durch die Hintertür des | |
Vereinsrechts komplett verbietet und damit eine rechtliche Abwägung mit dem | |
Grundrecht auf Pressefreiheit umgeht, ist rechtsstaatlich äußerst | |
fragwürdig“, monierte Mihr. | |
Mit der Einstellung der Verfahren ist das Verbot nicht aufgehoben, | |
kritisiert die Bloggerin Detlef Georgia Schulze, die sich in einem | |
Solidaritätskomitee mit Indymedia Linksunten engagierte. Auch der | |
juristische Streit ist noch nicht zu Ende. Gegen die Abweisung der Klage | |
läuft noch eine Verfassungsbeschwerde, über die bisher nicht entschieden | |
wurde. Erhalten geblieben ist das Archiv, in dem die Texte von | |
[3][Indymedia Linksunten] dokumentiert sind, darunter auch Recherchearbeit | |
über die rechte Szene in Südwestdeutschland sowie die Burschenschaftsszene. | |
1 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Verbot-von-linksuntenindymediaorg/!5442488 | |
[2] https://autonome-antifa.org/?breve8379 | |
[3] https://linksunten.indymedia.org | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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