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# taz.de -- Kulturinstitutionen als Corona-Opfer: Allzu schnell ausgeknipst
> Kultur fällt schnell hinten runter, wenn sich die Politik nicht anders zu
> helfen weiß. Dabei ist sie gerade kein bloßer Luxus.
Bild: Kurze Spielzeit: Hamburgs Generalmusikdirektor, Ballettintendant und Oper…
Unvergessen: wie stolz Angela Merkel den versammelten Staatschefs während
des G20-Gipfels in Hamburg [1][die Elbphilharmonie präsentierte]. Die
Kanzlerin ist keine Kulturbanausin, dennoch lässt sie nun mindestens vier
Wochen lang alle „Institutionen und Einrichtungen schließen, die der
Freizeitgestaltung zuzuordnen sind“.
Die Formulierung stammt eher nicht von Merkel selbst, unglücklich ist sie
allemal. „Ich habe kurz geschaut, ob ich nun Freizeitsenator bin“, zeigte
sich Carsten Brosda (SPD) im Deutschlandfunk ungläubig. Aber nein: Er ist
noch immer Hamburgs Kultursenator.
Die Wortwahl zeigt, wie es um den Wert der Kultur in Deutschland bestellt
ist: Friseursalons dürfen offen bleiben, Gottesdienste trotz Hunderter dort
nachgewiesener Infektionen weiter stattfinden. Aber Musik, Tanz,
Ausstellungen, Theater und Kino sind unnötige Luxusgüter, die schnell
ausgeknipst werden, wenn sich die Politik nicht anders zu helfen weiß.
Sicher ist es sinnvoll, nun Kontakte zu vermeiden. Doch ist bis heute kein
einziger Fall einer Infektion während des Besuchs einer Kulturveranstaltung
bekannt. Alle Häuser, die sich es sich seit dem Sommer leisten konnten,
wieder Programm zu machen, entwickelten umfangreiche Hygienekonzepte;
[2][beim Reeperbahn-Festival] in Hamburg gab es Konzerte mit mehr
Ordnungskräften als Besucher*innen.
Jede U-Bahn-Fahrt ist gefährlicher als ein Opernbesuch. Das scheint nicht
bei jedem angekommen zu sein. Selbst [3][ein taz-Kommentar], der forderte,
die hart getroffenen Kulturschaffenden umfänglich zu entschädigen, sprach
von einem „diffusen Nachtleben“ und ignorierte so: Kultur kann mehr als nur
krasse Late-Night-Raves.
Auch das Solidaritäts-Argument zieht nicht: Die neuen Maßnahmen treffen
eben nicht alle mit der gleichen Härte. Freie Künstler*innen, die ihren Job
seit März nicht ausüben können, haben nicht die gleichen Sorgen wie der
Fitness-Studio-Betreiber, der von Mai bis Oktober öffnen konnte. Ganz zu
schweigen von der Bedeutung der Kunst für das emotionale und psychologische
Wohlbefinden der Menschen – gerade in herausfordernden Zeiten.
Wie wäre es mit einer schnöden zahl? Der Jazztrompeter Till Brönner hat
vorgerechnet: Mehr als 130 Milliarden Euro setzte die deutsche Kultur- und
Veranstaltungsbranche 2019 um, vier Mal so viel wie die Lufthansa weltweit.
Diese Branche zu retten, auch wenn das kostet, ist also selbstverständlich.
Ebenso, dass sie wieder öffnen darf, sobald die Lage sich entspannt.
30 Oct 2020
## LINKS
[1] /G20-Konzert-in-der-Elbphilharmonie/!5428062
[2] /Unterwegs-auf-dem-Reeperbahn-Festival/!5711485
[3] /Neue-Coronamassnahmen-in-Deutschland/!5720947
## AUTOREN
Jan Paersch
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