# taz.de -- Corona-Essay von Hamburgs Kultursenator: Schock und Zusammenhalt | |
> Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda hat nachgedacht über „notwendige | |
> Debatten nach Corona“ – und ein Buch geschrieben. | |
Bild: Schreiben geht immer: Carsten Brosda (SPD) mit „Kultur“-Mundschutz im… | |
HAMBURG taz | Muss man sich Sorgen machen um den Mann? Seinen | |
bemerkenswerten [1][Ausstoß an Büchern] – drei allerdings sehr | |
unterschiedlich umfangreiche in zwei Jahren – beschreibt Carsten Brosda | |
schon mal als Ergebnis nächtlicher Schreibschübe: mal eben noch ein paar | |
Seiten auf dem iPad, während die Gattin längst schläft – so wie | |
größtenteils die Stadt, über deren kulturelle Angelegenheiten der | |
Sozialdemokrat wacht. | |
Schlaflose Nächte wiederum mag auch Hamburgs Kultursenator in diesem Jahr | |
die Coronapandemie bereitet haben, die ja den Kulturbetrieb enorm getroffen | |
hat. Spätestens seit dem neuerlichen Shutdown kam ihm dann eine einsame | |
Rolle zu: Da erlaubte sich ein Verantwortungsträger, Kritik zu üben – | |
vielleicht schon wieder zu differenziert, zu präzise für viele: Die wieder | |
steigenden Infektionszahlen seien „dramatisch“, schrieb er Anfang November | |
in einem [2][Gastbeitrag für die Zeit], und sie erforderten „bittere | |
Entscheidungen“. Und doch: Wie Kultus und Kultur – sprich: etwa Kirchen und | |
Konzerthäuser – ungleich behandelt werden, das traut er sich eben dann doch | |
infrage zu stellen. | |
Längst fertig und schon in den Läden war da, eben, Brosdas [3][drittes | |
Buch], ein schmaler Band mit dem Titel „Ausnahme / Zustand“, und ja: Er | |
befasst sich mit „notwendigen Debatten nach Corona“, und das längst nicht | |
nur bezogen auf den erwähnten Betrieb, in dem gerade so viele um ihre | |
Existenzgrundlage bangen müssen. | |
Nein, es geht ihm wieder mal um Größeres: den Schock, den das Virus für | |
ganze Gesellschaften bedeute; die gelegentlich verdrängte Verletzlichkeit | |
des menschlichen Seins; das dramatische Erinnertwerden aber auch an den | |
Wert, ja: die Notwendigkeit des Zusammenhalts. | |
Auch da gelingt ihm immer wieder, was, zumal in Zeiten der Krise, so vielen | |
sichtlich schwer fällt: mehr als einen Gedanken zur selben Zeit zu denken; | |
nicht zu verfallen ins Entweder-Oder, das so wohlig all das Komplizierte da | |
draußen zu begradigen verspricht: Es gebe nun mal epidemiologische | |
Notwendigkeiten, aber auch deren dramatische wirtschaftliche und soziale | |
Folgen – und also eine nie endende Erfordernis, immer wieder abzuwägen. | |
Wer’s angesichts von Brosdas Brotjob lieber enger gefasst kulturaffin | |
wünscht: Sprach seit Februar alle Welt von Camus’ „Pest“ und – viellei… | |
noch von Poes „Maske des roten Todes“, erinnert er nun an einen großen, | |
klugen, kein bisschen provinziellen Hamburger: Heinrich Heine und dessen | |
Beschreibung der Cholera-Epidemie in Paris 1832 in den „Französischen | |
Zuständen“ – eine schöne Anregung für kommendes Kultur-Streaming ist das | |
mindestens. | |
15 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /!5619329/ | |
[2] https://www.zeit.de/kultur/2020-11/kultur-corona-krise-beschluesse-lockdown… | |
[3] https://www.hoffmann-und-campe.de/buch-info/ausnahme-zustand-buch-14285/ | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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