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# taz.de -- Islamismus und Gesellschaft: Der religiöse Faschismus
> Das Buch des französischen Intellektuellen Pascal Bruckner über den
> politischen Islam könnte aktueller kaum sein. Gerade ist es auf Deutsch
> erschienen.
Bild: Frauen fordern vor der französischen Botschaft in London die Einführung…
Es ist eine Streitschrift. Hochaktuell. Eine Essaysammlung und in ihrer
Analyse eine eindeutige Haltung zur Debatte nach den [1][islamistisch
motivierten Morden in Frankreich]. „Der eingebildete Rassismus.
Islamophobie und Schuld“, so der provokante Titel des Buches von [2][Pascal
Bruckner], der so manchen Antirassisten hierzulande aufschrecken mag.
Der französische Schriftsteller und [3][Essayist Pascal Bruckner], ein
Verfechter des Laizismus, der universellen Menschenrechte und der
Aufklärung, setzt sich mit dem radikalen Islam auseinander. Seine
Leitlinien in säkularer Tradition: republikanische Religionsneutralität,
die Respektierung kultureller Eigenheiten und das Recht auf kollektive
Selbstdarstellung.
Sein Anliegen: „Den Ausdruck Islamophobie madig zu machen, ihn zu
delegitimieren, Zweifel und Unbehagen an ihm zu verbreiten, ihn quasi in
Anführungszeichen zu setzen und dadurch zu schwächen ist das Vorhaben
dieses Essays“, schreibt er.
Nach dem Mord an Samuel Paty wird in Frankreich, auch in Deutschland, über
Sympathie oder zumindest Schonhaltung in der Linken für die Bewegung des
Islamismus diskutiert. Für Bruckner ist die Antwort eindeutig: „Was für
einem eigenartigen Spektakel wohnen wir bei?“, schreibt er. „Man kann
beobachten, wie frühere Priesterfresser vor dem Hintern der Islamisten in
die Knie gehen.“ Die Linksradikalen im Westen und der politische Islam
seien vom gleichen Geiste der Abrechnung mit dem bestehenden System
beseelt, behauptet er.
## Der Islam-Gauchismus
In einem Interview in der FAZ sagt er: „Islam-Gauchismus“ ist eine Art
Schleimspur, auf welcher Antirassismus, Toleranz, Gerechtigkeitssinn,
humanistisches Engagement durch naives oder gezieltes Wegschauen in ihr
Gegenteil abgleiten.“ Im postkolonialen Diskurs sei der Westen mit seiner
kolonialistischen Vergangenheit ohnehin der ewige Schuldner der islamischen
Welt.
Diese „Ethnifizierung der Religion“ mache den Glauben zur Identität, die
gleichzeig anerkannt und geschützt werden möchte. Der herrschende
Antirassismusdiskurs – so seine Hiebe gegen die [4][linksidentitäre
Bewegung] – entwickle sich zur Zivilreligion der (Post-)Moderne, die mit
anklagender Rhetorik permant Feindseligkeit aller gegen alle schürt.
Jegliche Kritik werde so zur Beleidung, jedes kritische Wort zum Islam wird
unter Rassismusverdacht gestellt: „Wir stigmatisieren, sobald wir ein
Problem ansprechen … Überall etabliert sich die abscheuliche Gewohnheit,
sich selbst über seine Herkunft, seine Identität, seinen Glauben zu
definieren.“
Der Ausdruck [5][„Islamophobie“] sei Teil eines globalen Wortschatzes
geworden. Ein Sieg für die Islamisten, denn der Begriff vermenge die
Verfolgung von Gläubigen, die ganz klar verdammenswert sei, und die Kritik
an Religion, wie sie in aufgeklärten Gesellschaften praktiziert wird.
## Religionskritik im Abseits
[6][Religionskritik] ist in aktuellen politischen Debatten ohnehin schon
ins Abseits geraten. Die Debattenkultur, die durch Zweifel, Skeptizismus,
Hadern und Fragen gekennzeichnet ist, geht verloren, wo das Dogma den
Diskurs ersetzt, wo das Verketzern zu einem Mittel der politischen
Auseinandersetzung geworden ist.
Bruckner sieht den politischen Islam auf dem Vormarsch: „37 Jahre nach der
iranischen Revolution hisst er überall seine Fahnen, verbreitet seine
Sitten und erobert die Herzen einer Mehrheit der Gläubigen.“ Dabei
zerstörten die selbsternannten Gotteskrieger all das, was an der
islamischen Zivilisation bewundernswert war. Eine politische Strömung, die
nicht nur nach außen gegen Nichtmuslime oder liberale Muslime, sondern auch
nach innen und vor allem gegenüber Frauen und Mädchen extrem repressiv ist.
Den Schleier als Fahne der Emanzipation der muslimischen Frau zu bezeichnen
ist für Bruckner ein Irrweg auch des intersektionalen Feminismus.
Mittlerweile sei daraus die Suche nach dem multiplen Opfer geworden, das
man jetzt in der Kopftuch tragenden Muslimin entdeckt haben will, die
„rassifizierten“ Stigmatisierungen ausgesetzt sei.
Wie also umgehen mit einem politischen Islam, der sich wild, tödlich,
unberechenbar gebärdet? Vor allem: den liberalen Muslimen die Hand reichen,
sie unterstützen, meint Bruckner. Und Aufklärung über die islamistischen
Netzwerke, ihre Verflechtung mit „Wohltätigkeitsorganisationen“ und die
Geldflüsse aus dem Ausland. All das bedürfe eines unbeirrbaren politischen
Willens, der sich nicht von der juristischen Guerilla und den Attentaten
einschüchtern lasse.
Damit dies kein frommer Wunsch bleibt, braucht es auch hierzulande eine
kompromisslose [7][Haltung gegenüber den Netzwerken] des politischen
Islams, vor allem auch eine selbstbewusste Verteidigung der eigenen Werte.
1 Nov 2020
## LINKS
[1] /Anschlaege-in-Frankreich/!5724674&s=anschlag+nizza/
[2] https://edition-tiamat.de/der-eingebildete-rassismus/
[3] https://www.perlentaucher.de/ptautor/pascal-bruckner.html
[4] /Identitaere-Linke-und-rechte-Hegemonie/!5516407&s=linksidentit%C3%A4r/
[5] /Islamexperte-ueber-Dschihadisten/!5335504&s=martini+interview+kepel/
[6] /Debatte-um-Identitaeten-und-Multikulti/!5702485&s=cinzia/
[7] /Politischer-Islam-in-Deutschland/!5628169&s=kresta+politischer+islam/
## AUTOREN
Edith Kresta
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