# taz.de -- Corona und ein furchtbarer Anschlag: Topfpflanzen statt Luftfilter | |
> Lüften ist das neue große Ding, allerdings produziert es auch viele | |
> Schnupfnasen. Solidarität ist angesagt – auch angesichts des neuen | |
> Terrors. | |
Bild: Wir schenken den Klassen unserer Kinder Toppflanzen.... | |
Ich schwöre, ich werde nur ganz kurz zu Beginn dieser Kolumne über Corona | |
und seine Auswirkungen schreiben, den Teil können Sie und kannst Du gern | |
überspringen, falls es doch grad etwas zu viel ist mit der | |
Coronaberichterstattung. | |
Es ist nur so eine verrückte Idee, aber es ist ja auch meine Kolumne, und | |
deshalb können Sie gern an den Verrücktheiten teilhaben: Was macht das | |
Virus eigentlich, wenn es nicht in Bars und Sportsalons und sonst wo | |
rumspringt? Wo bleibt es dann hängen? Wo bleiben vor allem die | |
Schüler*innen, wenn Schulen wie gewohnt offen bleiben, aber das | |
Freizeitverhalten sich kaum ändert, sprich, Treffen mit Freunden und | |
Verwandten fröhlich weitergehen, zahlenmäßig reduziert natürlich? | |
Ich weiß ja nicht, aber mir kommt das reichlich unausgegoren vor, alles zu | |
schließen, ohne den Schulen ein Konzept mit A- und B-Gruppen und | |
wöchentlich wechselndem Unterricht zu gönnen. Alleinige Hygienekonzepte wie | |
das Lüften in den Schulen sind en vogue, weil kostengünstig, aber doch | |
nicht durchdacht … Zudem sind uns in den kommenden Monaten eine Menge | |
kranker Kinder mit Schnupfnasen und Husten erst einmal sicher | |
(einschließlich der Angst, dass das jetzt Corona sein könnte). | |
Nun gibt es ja viele Stimmen, die für [1][Luftfilter] in den Klassen | |
plädieren. Zu teuer wäre das wohl. Statt Luftfiltern, die wohl schon einige | |
Eltern den Klassen ihrer Kinder spenden wollten, könnten wir es eigentlich | |
auch billiger und einfacher haben: Wir schenken den Klassen unserer Kinder | |
Topfpflanzen. Ja, wirklich. Denn was hat die tolle Wissenschaftssendung des | |
WDR, „Quarks“, in dieser Woche auf Twitter verbreitet? | |
Ständiges Lüften breitet den Viren, folgt man „Quarks“, sozusagen den rot… | |
Teppich aus, und das kommt so: Die trockene, kalte Luft, die durch das | |
offenen Fenster in den Raum strömt, macht wohl, dass sich die Viren noch | |
viel wohler fühlen, denn dann schweben die Aerosole wohl besonders lange in | |
der Raumluft umher. Und: Bei Kälte ist der Mensch für Viren empfänglicher | |
(also immer schön auf warme Füße achten), weil die Schleimhäute austrocknen | |
und die Viren so leichter über die Nase, den Mund und die Augen eindringen; | |
alle Viren, nicht nur Coronaviren. | |
## Feuchte Luft ist besser | |
Aber das Beste an der ganzen Sache ist: Man kann das Konzept Lüften, dieses | |
große neue Ding, einfach upgraden, indem man Topfpflanzen oder Tontöpfe mit | |
Wasser zum Befeuchten der Luft in den Raum stellt, so einfach. Gut, nicht? | |
Und wenn die Kinder ab 13 Jahren dann auch noch Mundschutz tragen könnten, | |
wäre mir nicht mehr so mulmig, wenn ich das Kind in die Schule schicke, | |
auch wenn Angst ein schlechter Berater ist. Aber als Risikopatientin wäre | |
mir – wie wohl vielen anderen Müttern und Vätern mit Risikopatienten im | |
Haushalt – wohler, wenn sich alle an ziemlich einfache Regeln halten | |
würden. | |
Und eigentlich wollte ich ja wirklich lustig-fluffig hier in der taz in die | |
Tasten hauen, so nach dem Motto „Höhö, am Wochenende jetzt aber noch mal | |
schnell Vorräte bunkern, dann ab ins Fitnessstudio und anschließend in die | |
Bar und am besten noch ’ ne Mani und drinnen essen gehen, bis der Lockdown | |
…“, aber als ich dann Donnerstag spät aufs Handy schaute nach einem langen | |
Tag der Abstinenz (ich gewöhne mir gerade ab, ständig am Telefon zu hängen) | |
und sah, dass fanatische Menschen, also Männer in Frankreich töten, da war | |
der Reflex, Witzchen zu reißen, schnell verschwunden. | |
Innerhalb von zwei Wochen sind in Frankreich zwei dschihadistische | |
Attentate verübt worden. Vor zwei Wochen tötete ein 18-Jähriger den | |
Geschichtslehrer Samuel Paty, weil er im Unterricht Mohammed-Karikaturen | |
behandelt und als Beispiel für die Meinungsfreiheit angeführt hatte. | |
Am Donnerstag dann erneut ein grausamer Mord, [2][diesmal in einem | |
Gotteshaus]. Drei Menschen, zwei Frauen, 60 und 40 Jahre alt, sowie ein | |
55-jähriger Mann wurden brutal getötet. Dafür verantwortlich ist ein | |
21-jähriger Mann, mutmaßlich ein islamistischer Extremist; momentan sucht | |
man nach eventuellen Komplizen. | |
Ein Verdammen dieser furchtbaren Taten ist ein menschliches Prinzip. | |
Entsetzlich genug, dass diese Terroristen glauben, im Namen einer Religion | |
zu handeln. Noch entsetzlicher ist aber, dass nun wieder diejenigen | |
anfangen, laut zu werden, die ebenfalls glauben, dass man nun alle | |
verdammen kann, die sich als Muslimin und Muslim verstehen. | |
Fanatisches Handeln kann niemals so groß sein wie der Friedenswille der | |
Mehrheit der Muslim*innen, die ihren Glauben und ihr daraus | |
resultierendes Handeln nicht dem Hass, sondern dem solidarischen | |
Miteinander verschrieben haben. Es liegt nun an uns allen, dieses | |
solidarische Miteinander in den nächsten Tagen und Wochen zu zeigen. Um es | |
dem Virus und dem Terror nicht zu einfach zu machen. Denn dieses Wir ist | |
stärker als alles andere. | |
1 Nov 2020 | |
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[2] /Anschlaege-in-Frankreich/!5724674 | |
## AUTOREN | |
Ebru Tasdemir | |
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