# taz.de -- Direkte Demokratie in Berlin: Bremssenator muss jetzt loslegen | |
> Das Abstimmungsgesetz ist überarbeitet: Künftig muss die Zulässigkeit von | |
> Volksbegehren innerhalb von fünf Monaten klar sein. | |
Bild: Warten weiter auf das Ergebnis der Zulässigkeitsprüfung: Die Initiative… | |
BERLIN taz | Die rot-rot-grüne Koalition löst eines ihrer zentralen | |
Versprechen im Bereich direkte Demokratie ein. Am Montag hat der | |
Innenausschuss des Abgeordnetenhauses den Weg frei gemacht für die | |
überarbeitete Fassung des Abstimmungsgesetzes. Darin sind die Vorgaben für | |
Volksbegehren und Volksentscheide auf Landes- und Bezirksebene geregelt. | |
Alle Fraktionen stimmten für die Vorlage, lediglich die FDP enthielt sich. | |
Die Zustimmung im Abgeordnetenhaus – vorgesehen ist eine Abstimmung Anfang | |
Oktober – gilt damit als Formsache. „Wir stärken die Transparenz und die | |
Verbindlichkeit direktdemokratischer Verfahren“, sagte der | |
Linkspartei-Abgeordnete Michael Efler, der das Gesetz immer wieder voran | |
getrieben hatte. | |
Künftig soll es bei Volksentscheiden zugleich schneller und langsamer | |
gehen. Deutlich beschleunigt wird die Prüfung der Zulässigkeit eines | |
Volksbegehrens. Das neue Abstimmungsgesetz schreibt vor, dass die | |
federführende Innenverwaltung dafür lediglich noch fünf Monate Zeit hat. | |
Bisher war keine Frist vorgesehen. Das führte dazu, dass für den Senat | |
unliebsame geplante Volksbegehren – also eigentlich alle – oft mehr als ein | |
Jahr auf eine Entscheidung von Innensenator Andreas Geisel (SPD) warten | |
mussten. | |
Aktuell zieht sich die Prüfung des Entwurfs der Initiative [1][Deutsche | |
Wohnen und Co enteignen absurd in die Länge]: Am Montag waren es 438 Tage. | |
Selbst aus den Reihen der rot-rot-grünen Koalition wird dies scharf | |
kritisiert. Die Innenverwaltung begründet die lange Dauer in der Regel mit | |
komplexer juristischer Fragen und dem Abstimmungsbedarf mit anderen | |
Senatsverwaltungen. Efler sprach im Ausschuss von einer „harten Frist“; | |
Geisel selbst, ebenfalls anwesend, unterstützte und begrüßte die | |
Veränderungen. | |
Betroffen von der Verschleppung waren in dieser Legislaturperiode | |
gleichwohl sehr [2][viele Initiativen]: Der Verein Mehr Demokratie hatte | |
Ende Juni ausgerechnet, dass unter Rot-Rot-Grün die Prüfung der | |
Zulässigkeit im Schnitt 342 Tage, also fast ein Jahr, gedauert habe. Dabei | |
hatte das Regierungsbündnis im Koalitionsvertrag vom Dezember 2016 „mehr | |
direkte Demokratie für Berlin“ versprochen. Die meisten der jetzt mit dem | |
Abstimmungsgesetz so gut wie umgesetzten Veränderungen waren dort bereits | |
festgehalten; inhaltlich bestand kaum Dissens in der Koalition. | |
Dass es trotzdem fast vier Jahre dauerte, hat vor allem damit zu tun, dass | |
die SPD auch andere innenpolitische Reformen nur in einem Paket beschließen | |
wollte. So steht in Kürze etwa Zustimmung zu der oder den | |
Polizeibeauftragten sowie zum überarbeiteten Allgemeinen Sicherheits- und | |
Ordnungsgesetzes an, das die Zuständigkeiten der Polizei regelt. | |
Die Veränderungen hätten „ein bisschen gedauert“, seien dafür aber | |
„gründlich und gut geworden“, erklärte Benedikt Lux (Grüne). Mit Blick a… | |
die Zustimmung der CDU sagte Lux, dass Berlin bei der politischen Akzeptanz | |
der direkten Demokratie weiter sei als auf Bundesebene, wo sich die Union | |
gegen direktdemokratische Verfahren sperrt. | |
Mehr Zeit lassen wiederum können sich Senat und Initiativen künftig beim | |
Volksentscheid selbst. Bisher mussten – eine positive Zulässigkeitsprüfung | |
vorausgesetzt – nach der erfolgreichen Sammlung von rund 175.000 | |
Unterschriften die BerlinerInnen innerhalb von vier Monaten darüber | |
abstimmen. Diese Frist wird auf bis zu acht Monate verlängert, wenn dadurch | |
ein Entscheid zusammen mit einer Wahl oder auch anderen Entscheiden | |
stattfinden kann. Damit soll verhindert werden, dass Entscheide lediglich | |
an mangelnder Beteiligung sprich dem Quorum scheitern. | |
Denn das Quorum bleibt, obwohl durchaus in der Vergangenheit als zu hoch | |
kritisiert, unverändert: Damit ein Volksentscheid erfolgreich ist und ein | |
zur Abstimmung gestellter Entwurf zum Gesetz wird, benötigt er eine | |
Zustimmung von mindestens einem Viertel der Berliner Wahlberechtigten, also | |
rund 630.000 Stimmen; gleichzeitig müssen diese die Mehrheit stellen. | |
Um ein Volksbegehren anzuschieben braucht es viel Unterstützung und auch | |
Geld. Künftig können „die Trägerin“, sprich die Initiative, auf Antrag e… | |
Erstattung von bis zu 35.000 Euro für nachgewiesene Kosten bekommen. | |
Gleichzeitig müssen sie größere Geld- oder Sachspenden im Wert oder in Höhe | |
von mehr als 5.000 Euro künftig mit Name angeben; sie werden danach im | |
Internet veröffentlicht. Dies soll die Transparenz erhöhen. | |
14 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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