| # taz.de -- Enteignungs-Volksbegehren in Berlin: Entscheidung in zehn Tagen | |
| > Der Bausenator geht davon aus, dass das Volksbegehren zulässig ist. Der | |
| > Senat soll darüber bis Ende des Monats entscheiden, fordert er. | |
| Bild: Sie wollen vom Senat nicht länger im Regen stehen gelassen werde | |
| Berlin dpa/taz Der neue Stadtentwicklungssenator [1][Sebastian Scheel | |
| (Linke)] strebt an, dass der Senat bis zum 22. September über die | |
| Zulässigkeit des geplanten Volksbegehrens zur Enteignung großer | |
| Wohnungsunternehmen entscheidet. In Erwartung eines positiven Prüfbescheids | |
| der Innenverwaltung, der noch nicht vorliege, werde in seinem Haus eine | |
| Stellungnahme für den Senat vorbereitet, sagte Scheel der Deutschen | |
| Presse-Agentur. Dazu sei eine Abstimmung mit den Koalitionspartnern | |
| notwendig. Ein erster Termin dazu habe bereits stattgefunden. | |
| SPD, Linke und Grüne sind sich in der Frage des Volksbegehrens uneins. | |
| Linke und Grüne stellten sich in unterschiedlicher Form bereits hinter das | |
| Volksbegehren. Die SPD mit Regierungschef Michael Müller hingegen | |
| positionierte sich gegen Enteignungen. „Ich orientiere darauf, dass wir | |
| schnell zu einer Lösung kommen und zu einem Standpunkt, in dem sich auch | |
| alle wiederfinden“, sagte Scheel. „Ob das gelingt, hängt vom | |
| Einigungswillen aller Beteiligten ab.“ | |
| Die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen will Unternehmen | |
| vergesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, und das mit einem | |
| Volksbegehren durchsetzen. Dies soll helfen, dass Wohnen in der Stadt | |
| bezahlbar bleibt. Der Senat, so die Forderung, soll dazu ein entsprechendes | |
| Gesetz erarbeiten. Grundlage des bundesweit bisher einmaligen Vorstoßes | |
| sind Regelungen im Grundgesetz, die eine Vergesellschaftung gegen | |
| Entschädigung unter Bedingungen zulassen. | |
| In einem ersten Schritt hatte die Initiative im Vorjahr rund 77.000 | |
| Unterschriften eingereicht, um den Start des Volksbegehrens zu beantragen – | |
| nötig waren lediglich 20.000. Die vorgeschriebene rechtliche Prüfung durch | |
| die Innenverwaltung zog sich indes erneut wie bereits bei anderen | |
| Volksbegehren mehr als ein Jahr hin. Liegt das Ergebnis vor, müssen sich | |
| Senat und Abgeordnetenhaus positionieren, ehe das Volksbegehren beginnen | |
| kann. | |
| Um es zum Erfolg zu führen, müssten innerhalb von vier Monaten sieben | |
| Prozent der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten unterschreiben. Das sind | |
| rund 175.000 Berliner. Gelingt das, folgt ein Volksentscheid, der wie eine | |
| Wahl abläuft. Dieser, so das Ziel der Initiative, könnte parallel zur Wahl | |
| des Abgeordnetenhauses und des Bundestages über die Bühne gehen – beide | |
| Wahlgänge finden voraussichtlich am selben Tag Ende September 2021 statt. | |
| Um den Termin zu schaffen, müsste das gesetzlich vorgegebene Verfahren | |
| aufseiten des Senats nun aber vorankommen. Die Initiative hatte der | |
| SPD-geführten Innenverwaltung [2][zuletzt mehrfach vorgeworfen, die Prüfung | |
| bewusst zu verzögern], damit es mit dem möglichen Volksentscheid am | |
| Super-Wahltag 2021 nicht klappt. Auch Mitglieder der rot-rot-grünen | |
| Koalition teilten diese Kritik. | |
| Zwar könnte der – ein erfolgreiches Volksbegehren vorausgesetzt – auch an | |
| einem anderen Termin stattfinden. Womöglich wäre dann aber die | |
| Mobilisierung geringer, und das Quorum einer Mindestzustimmung von 25 | |
| Prozent der Wahlberechtigten, die obendrein eine Mehrheit haben müssen, | |
| würde nicht erreicht. | |
| Scheel warnte vor solchen Szenarien. „Ich halte nichts davon, | |
| vorherzusagen, ob ein Quorum erreicht wird oder nicht“, sagte er. „Ich | |
| halte aber auch nichts von Versuchen, die darauf abstellen, eine solche | |
| Debatte anhand eines Quorums scheitern zu lassen. Alles, was nur darauf | |
| hinausläuft, das von der Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl | |
| wegzuschieben, halte ich für schwierig“, so Scheel. „Man sollte keine Angst | |
| vor den Berlinerinnen und Berlinern haben.“ | |
| Der Senator selbst positionierte sich nicht klar für oder gegen das | |
| Volksbegehren. „Ich habe Sympathien für die Diskussion, die geführt wird um | |
| die Frage, ob Wohnungsbestände dem Druck von Kapitalmärkten ausgesetzt | |
| werden sollen“, sagte er. Der damit verbundene Renditedruck führe zu | |
| „Verwertungslogiken“, die ungesund seien. | |
| 11 Sep 2020 | |
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