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# taz.de -- Rekommunalisierte Schulreinigung: Besser sauber
> Ein Bündnis aus Gewerkschaften und der Initiative „Schule in Not“ will
> die Schulreinigung rekommunalisieren. Ziel sind auch fairere
> Arbeitsbedingungen.
Bild: Hände sauber, Waschbecken auch? Die Schulreinigung ist keine saubere Sac…
Berlin taz | Was dabei herauskommt, wenn die öffentliche Hand spart, sagt
Anne Zetsche von der Initiative „Schule in Not“, das könne man doch in
Berlin immer noch am allerbesten am Sauberkeitsgrad von Schultoiletten und
Klassenzimmern besichtigen: Das seien „katastrophale Zustände – weil die
öffentliche Hand die Gewinne von privaten Firmen finanziert“, sagt die
Mutter aus Charlottenburg-Wilmersdorf am Donnerstag bei der Vorstellung
einer Zwischenbilanz zum Anliegen der Initiative, der Rekommunalisierung
der Schulreinigung.
Seit August 2019 kämpft die ursprünglich in Neukölln und inzwischen auch in
anderen Bezirken aktive Initiative aus Eltern, PädagogInnen, Hausmeistern
und Reinigungskräften für geputzte Klos und tatsächlich gewischte
Klassenzimmer. Bisher haben Reinigungskräfte dafür gerade mal acht Minuten,
wie Jens Korsten, bei der IG Bau zuständig für die GebäudereinigerInnen,
sagt.
Tatsächlich unterstützt inzwischen ein breites Gewerkschaftsbündnis die
Initiative: Neben der IG Bau sitzen am Donnerstag auch die Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft GEW sowie Verdi auf dem Podium. Den
Gewerkschaften geht es um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in einer
extrem prekären Branche. Man stelle fest, sagt Korsten: „Regelmäßig, wenn
es wieder neue Tarifabschlüsse gibt, vergrößern die Unternehmen die zu
reinigende Fläche – oder sie verkürzen die Arbeitszeit der Beschäftigten.�…
Im Kampf um Aufträge unterböten die Reinigungsfirmen sich gegenseitig, wer
mehr Fläche für weniger Geld putze, sagt Korsten – die Stellschraube sind
die Personalkosten. Und die öffentliche Hand, im Falle der Schulen die
Bezirksämter, sei oft nicht gewillt, mehr zu zahlen als eben das, was für
die anschaulichen acht Minuten pro Klassenzimmer reicht.
Tatsächlich ist das Thema auch in der Landespolitik angekommen: Inzwischen
gibt es einen rot-rot-grünen „Runden Tisch Schulreinigung“. Mariane
Burkert-Eulitz, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, sagte am
Donnerstag, eine Rekommunalisierung sei als Ziel „sehr ambitoniert“. Man
wolle aber „Pilotprojekte ermöglichen“ und fordere Senat und Bezirk auf,
entsprechende Strukturen zu schaffen.
## Tagsüber putzen statt nachts
Um 16 Millionen Euro hat die Koalition im laufenden Doppelhaushalt die
Mittel für die Schulreinigung aufgestockt. Damit sollen sich die rund 800
öffentlichen Schulen eine Tagesreinigung finanzieren können, statt vor oder
nach dem Unterricht zu putzen. Insbesondere seit der Wiederöffnung der
Schulen nach dem Coronalockdown im Frühjahr habe das geholfen, den
Musterhygieneplan der Senatsbildungsverwaltung mit dem regelmäßigen
Reinigen der Tische und Handläufe von Treppengeländern und der zusätzlichen
Reinigung der Waschräume zumindest ein Stück weit in die Tat umzusetzen und
die Lehrkräfte zu entlasten, sagt Verdi-Mann Mendroch.
Allerdings, so Zetsche von der Initiative, bekämen sie aus vielen Schulen
inzwischen die Rückmeldung, dass diese „im Frühjahr eingesetzte
Zwischenreinigung wieder herabgesetzt worden ist“. Ganz einfach, weil die
Zeiten für die Putzkräfte viel zu knapp kalkuliert seien, sagt auch die
Berliner GEW-Chefin Doreen Siebernik.
Insgesamt 25.000 Unterschriften hat die Initiative bereits gesammelt für
eine Rekommunalisierung der in den 80er-Jahren outgesourcten
Schulreinigung. In sechs Bezirken – Charlottenburg-Wilmersdorf,
Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und
Steglitz-Schöneberg – gibt es inzwischen einen Beschluss der
Bezirksverordnetenversammlungen dafür – was allerdings nur empfehlenden
Charakter an die Bezirksämter hat.
Der nächste Schritt soll nun ein Pilotprojekt „Eigenreinigung“ in „ein,
zwei Bezirken“ sein, sagt Mendroch. Gemeinsames Ziel der Gewerkschaften und
der Initiative: „Dass zehn Prozent der öffentlichen Schulen ab kommenden
Schuljahr wieder in Eigenregie geputzt werden“, sagt Zetsche.
Verdi-Bereichsleiter Mendroch verweist nach Düsseldorf, wo bereits 15
Prozent der öffentlichen Liegenschaften wieder durch bei der Kommune
angestellte Reinigungskräfte gesäubert würden.
## Kostenschätzung fehlt noch
Eine nicht unwesentliche Frage blieb am Donnerstag allerdings
unbeantwortet: Die nach den Kosten für den Berliner Landeshaushalt.
Mendroch sagt, man wolle im Herbst eine „Kostenschätzung aufstellen“, wie
teuer es wäre, die Reinigungskräfte zu Tariflohn und möglichst in Vollzeit
beim Bezirk anzustellen, und zudem in den Ämtern eine entsprechende
Struktur zur Gebäudereinigung aufzubauen.
Man darf vermuten: Billig wird das nicht, nicht zuletzt, weil in Berlin
inzwischen [1][der Vergabenmindestlohn für öffentliche Aufträge] gilt. Der
liegt mit rund 12,50 Euro deutlich über dem Branchenmindestlohn von 10,50
Euro für die GebäudereinigerInnen. Nichtsdestotrotz habe man in
Tempelhof-Schöneberg bereits Entgegenkommen im Schulamt signalisiert, das
Modellprojekt Eigenreinigung im Detail zu denken, sagt Mendroch. Im Oktober
wolle man sich wieder zusammensetzen.
In Neukölln hatte Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) zuletzt
angekündigt, die [2][Ausschreibungen für die Firmen] zu ändern und die zu
putzende Quadratmeterzahlen pro Stunde zu reduzieren. Beim Thema
Rekommunalisierung ist Hikel skeptisch. Dafür müsse der Bezirk etwa 180
Fachkräfe einstellen, das gebe der Haushalt nicht her.
Eine Frage der Prioritätensetzung, heißt es am Donnerstag vom Podium. Und
dass Berlin „in jedem Fall“ mehr Geld in die Schulreinigung stecken müsse,
sagt Mendroch, das sei inzwischen in allen Bezirken „parteiübergreifend
Konsens“.
11 Sep 2020
## LINKS
[1] /Berlin-plant-neues-Vergabegesetz/!5602067
[2] /Buergerbegehren-Saubere-Schulen/!5655740
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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