# taz.de -- Rekommunalisierung der Schulreinigung: Neukölln lehnt Modellprojek… | |
> Die Elterninitiative Schule in Not wirft dem Neuköllner Bezirksamt vor, | |
> einen Beschluss zur Rekommunalisierung der Schulreinigung zu ignorieren. | |
Bild: So sollte es eigentlich nicht sein: SchülerInnen putzen ihr Klassenzimme… | |
BERLIN taz | Das Bezirksamt Neukölln setze sich nur unzureichend mit einem | |
Auftrag auseinander, der ihm durch einen Beschluss des Bezirksparlaments | |
aufgetragen wurde: die Rekommunalisierung der Reinigung an den Schulen. Das | |
zumindest beklagt die [1][BürgerInnen-Initiative „Schule in Not“], die im | |
vergangenen Frühjahr 12.000 Unterschriften für ein entsprechendes | |
Bürgerbegehren im Bezirk gesammelt hatte. Die | |
Bezirksverordnetenversammlung, die sich daraufhin mit dem Thema | |
beschäftigen musste, verabschiedete einstimmig im Juni auch einen | |
Beschluss, der das Bezirksamt auffordert, die Schulreinigung wieder zurück | |
in die öffentliche Hand zu holen. | |
„Seitdem ist der Bezirk aus meiner Sicht allerdings ziemlich untätig | |
geblieben“, sagt Mitinitiator Philipp Dehne der taz. Die Elternvertretungen | |
von sieben Neuköllner Schulen forderten deshalb am Mittwoch in einem | |
Offenen Brief an Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) die | |
Umsetzung eines Modellprojekts, bei der zunächst an vier Schulen im Bezirk | |
„Erfahrungswerte“ hinsichtlich Kosten und Arbeitsorganisation gesammelt | |
werden sollen, um mittelfristig die Reinigungskräfte wieder beim Bezirk | |
anstellen zu können. Berlin hatte die Reinigung der kommunalen | |
Infrastruktur, also auch der Schulen, in den 80er-Jahren outgesourct, um | |
Kosten zu sparen. | |
Der Kostendruck bei den GebäudereinigerInnen ist seit Jahren ein Thema, | |
auch für die Gewerkschaften. Ein Bündnis aus der Gewerkschaft Erziehung und | |
Wissenschaft und der IG Bau unterstützt deshalb auch seit Herbst die | |
Elterninititative, die inzwischen in mehreren Bezirken aktiv ist. Für | |
gewöhnlich erhält die Firma mit dem besten, sprich: dem billigsten Angebot | |
den Zuschlag vom Bezirksamt. Diesen Preisdruck geben die Firmen an die | |
Reinigungskräfte weiter – indem sie möglichst viel Fläche in möglichst | |
wenig Zeit putzen lassen. | |
Würde die öffentliche Hand selbst putzen lassen, könnten die Lohnkosten – | |
je nach Einstufung in die Gehaltstabelle für den öffentlichen Dienst – | |
steigen. Konkrete Kostenmodelle, wie teuer eine Rekommunalisierung der | |
Schulreinigung wäre, gibt es laut Bezirksamt noch nicht. Grob rechne man | |
mit „mindestens einer Verdopplung der aktuellen Kosten“, so ein Sprecher. | |
Vor allem aber wäre der Bezirk als Arbeitgeber zu mehr Transparenz | |
hinsichtlich der Arbeitsbedingungen verpflichtet als eine private Firma, | |
etwa gegenüber Anfragen der Bezirksverordneten. | |
## Bezirk „verwundert“ über Kritik | |
Bezirksbürgermeister Hikel äußerte sich am Mittwoch „sehr verwundert“ ü… | |
die Kritik der Initiative: Dem Bezirksamt mitten in den Pandemie | |
Untätigkeit vorzuwerfen, ist doch etwas dick aufgetragen“, sagte er der | |
taz. Hikel betonte, er sei nicht grundsätzlich gegen eine | |
Rekommunalisierung. Allerdings brauche ein solcher Schritt Zeit und müsse | |
bezirksübergreifend koordiniert werden – mit den anderen Bezirken sei man | |
auch bereits im Gespräch. | |
Einem Modellprojekt, das nach dem Willen der Initiative im Herbst 2021 | |
starten würde, erteilt Hikel allerdings eine klare Absage: „Befristete | |
Stellen für Reinigungskräfte wird es nicht geben. Gute Arbeit und | |
befristete Stellen, das geht für mich nicht zusammen, schon gar nicht im | |
Öffentlichen Dienst.“ | |
Das Bezirksamt verweist auf zuletzt mehr Geld im Haushalt für die | |
Schulreinigung, zudem habe man die zu putzende Fläche pro Stunde um 17 | |
Prozent niedriger angesetzt. | |
Der BürgerInnen-Initiative indes reicht das nicht, und sie glauben auch | |
nicht, dass der Bezirk tatsächlich an einer Rekommunalisierung interessiert | |
ist: „Ein Modellprojekt könnte doch helfen, daraus genau die Strukturen | |
aufzubauen, die man für unbefristete Stellen braucht“, sagt Dehne. | |
Hanna Hamel, stellvertretende Vorsitzende der Gesamtelternvertretung an der | |
Peter-Petersen-Schule, erzählt von einer Reinigungskraft, die für die | |
komplette Schule allein zuständig sei, trotz höherer Auflagen während der | |
Pandemie durch den Coronamusterhygieneplan der Senatsbildungsverwaltung: | |
„Die Tische wischen die Kinder und die Lehrer da trotzdem alleine ab.“ | |
Immerhin: [2][Franziska Giffey (SPD), SPD-Spitzenkandidatin] für die | |
Abgeordnetenhauswahl im Herbst und Hikels Vorgängerin im Amt, hatte bei | |
ihrer Nominierung auf einem Parteitag Ende November gesagt, sich für feste, | |
bei den Bezirksämtern angestellte Reinigungsteams für die Schulen | |
einsetzen. | |
Schule in Not-Sprecher Dehne sagt, er freue sich durchaus noch immer über | |
die prominente Fürsprache, doch scheine die nicht unbedingt auch schon in | |
der Partei angekommen zu sein: „Konkret sehen wir da, auch bei der SPD, | |
nicht unbedingt politische Unterstützung.“ | |
27 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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