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# taz.de -- SPD streitet über Kanzlerkandidaten: Krisenbewältigung am Tag dan…
> Kevin Kühnert will den SPD-Kanzlerkandidaten Scholz vor „destruktiver
> Kritik“ schützen. An der Basis gibt es Kritik an der Nominierung.
Bild: SPD-Vize Kevin Kühnert versucht die Stimmen der KritikerInnen zu kanal…
BERLIN taz | SPD-Chefin Saskia Esken macht sich am Tag nach der [1][Kür von
Olaf Scholz] zum Kanzlerkandidaten Sorgen. „Ich verstehe die Emotionen. Und
kann nur weiter um Euer Vertrauen werben“, twittert Esken und plädiert
dafür, „gemeinsam mit Olaf Scholz“ zu arbeiten.
Offenbar sind in der SPD nicht alle glücklich, dass Scholz der neue starke
Mann der Partei wird. Auch Eskens Co Norbert Walter-Borjans sieht, dass die
SPD-Spitze mit der Nominierung des Parteirechten Scholz manche ihrer
eigenen Unterstützer verprellt hat. „Es wäre unehrlich und unfair, das zu
bestreiten, und man kann das ja auch bei Twitter verfolgen“, so
Walter-Borjans.
Die Inszenierung der Kür hatte erstaunlich problemlos funktioniert. Esken
und Walter-Borjans hatten am Wochenende in Interviews für ein linkes
Bündnis geworben. Dies war das Intro für die Scholz-Kür und sollte die
Linie markieren: Die SPD strebt mit dem Mittemann Scholz nach einem linken
Bündnis.
Dass die Kandidatur nicht vorab an Medien durchgestochen wurde, deutet die
SPD als Beweis ihrer neuen Eintracht. Katja Kipping, Chefin der Linkspartei
und Befürworterin eines Bündnisses mit SPD und Grünen, zeigt sich
beeindruckt. „Die Einigkeit der SPD strahlt Entschiedenheit aus“, so
Kipping zur taz. Deutlich reservierter klang Grünen-Chef Robert Habeck. Die
Grünen-Spitze ist auf Schwarz-Grün geeicht und empfindet das Thema
Linksbündnis eher als störend.
## Unverständnis der Basis
Doch ganz so reibungslos ist die Rückkehr von Olaf Scholz als Nummer eins
der SPD dann doch nicht. Und kann es auch kaum sein. Die Wahl der
Parteilinken Esken und Walter-Borjans im letzten Winter hatte Gräben und
den tiefen Frust der SPD-Basis über die ewige Rolle als Merkels Junior
sichtbar gemacht. Die SPD-Linke Hilde Mattheis will daher nun „nicht in die
Jubelorgie einsteigen“. Sie spricht aus, was sich in der SPD einige fragen:
„Kann ein Kanzlerkandidat mit so vielen Altlasten die Glaubwürdigkeit der
Partei erhöhen?“ Scholz gilt manchen als Symbol des Alten, das man doch mit
der Wahl einer linken Parteispitze abstreifen wollte.
Sauer ist Andrea Ypsilanti, früher hessische SPD-Landtagsabgeordnete und
2009 gescheiterte Ministerpräsidentin. Scholz’ Wahl sei „nicht „nur“ d…
Festlegung auf die Kanzlerkandidatur, sondern ein Backlash. „Die SPD als
transformatorische Kaft im Zusammenspiel mit Bewegung fällt aus. Ich bin
fassungslos über diesen Coup“, twittert Ypsilanti. Auch SPD-Basismann
Daniel Reitzig von #NoGroKo hält Scholz „für die Verkörperung dessen, was
in der SPD in den letzten 15 Jahren falsch gelaufen ist: neoliberale
Politik und Opportunismus“. Zudem habe Scholz die „GroKo öffentlich nicht
ausgeschlossen“.
Ypsilanti und Mattheis repräsentieren nicht den organisierten linken Flügel
der SPD. Die parlamentarische Linke (PL) steht hinter der Entscheidung für
Scholz. Viel Redebedarf gibt es bei den Jusos, die 2017 die
#NoGroko-Kampagne anführten und ohne deren Unterstützung Esken und
Walter-Borjans nicht Parteichefs geworden wären. [2][Jusochef Kevin
Kühnert] telefonierte am Montag viel und lange mit den JunggenossInnen.
Kühnert, mittlerweile auch Parteivize und Stratege im Willy-Brandt-Haus,
war zentral an der Nominierung seines einstigen Gegners Scholz beteiligt.
Am Dienstag warnte er vor der SPD-Zentrale eindringlich vor „destruktiver
Kritik“ an Scholz. Manche hätten sich in dem Weltbild eingerichtet, in dem
„die SPD der Trottel sein muss, nichts richtig machen darf, weil sonst das
eigene Weltbild in seinen Grundfesten erschüttert ist“. Anders als Peer
Steinbrück 2013 fordere Scholz keine Beinfreiheit für sich ein – vielmehr
sei auch Scholz für die Vermögensteuer und habe in der Coronakrise viel
richtig gemacht.
„Wir laufen, anders als früher, in die gleiche Richtung“, so der Vizechef
der SPD, der sich im Schnelldurchlauf zu einem Realpolitiker entwickelt
hat. Auch „die überragende Mehrheit der Jusos“ stehe, so Kühnert, hinter
Scholz. Offenbar soll dieses Plädoyer Unmut im linken Teil der SPD-Basis
kanalisieren und Scholz Loyalität signalisieren.
Jessica Rosenthal, Juso-Chefin in NRW und designierte Nachfolgerin von
Kühnert als Bundeschefin, gibt kurz danach in Düsseldorf eine knappe
Pressekonferenz. Scholz habe bei „uns Jusos keine Euphorie ausgelöst“, sagt
sie. Man erwarte von dem Kandidaten viel programmatisches Entgegenkommen –
von der sozialökologischen Wende bis zur Umverteilung. Aber natürlich
werden die Jusos Scholz unterstützen. „Ich traue Olaf Scholz zu, dass er 16
Jahre Merkel beenden kann“, so Rosenthal. Die meisten SPD-Linken wollen den
Eindruck vermeiden, dass es mit der viel gelobten Eintracht schon nach
Stunden vorbei ist.
11 Aug 2020
## LINKS
[1] /Olaf-Scholz-wird-SPD-Kanzlerkandidat/!5701994
[2] /Kevin-Kuehnert-strebt-in-den-Bundestag/!5700169
## AUTOREN
Stefan Reinecke
Jasmin Kalarickal
## TAGS
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