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# taz.de -- Vorsitzendenwechsel bei den Jusos: Tränen zum Abschied
> Auf dem Juso-Bundeskongress schwören Kevin Kühnert und seine designierte
> Nachfolgerin Jessica Rosenthal den SPD-Nachwuchs auf einen linken Kurs
> ein.
Bild: Kevin Kühnert fiel der Abschied beim Juso-Bundeskongress sichtlich schwer
Berlin dpa/afp/taz | Die Jusos wollen auch ohne Kevin Kühnert an der Spitze
an ihrem linken Kurs festhalten und Forderungen im
SPD-Bundestagswahlprogramm unterbringen. „Lasst uns für eine bessere,
gerechtere, ökologischere, antifaschistische, feministische und
internationalistische Zukunft kämpfen“, sagte [1][die Kandidatin für den
Juso-Vorsitz, Jessica Rosenthal], am Samstag auf dem digitalen
Bundeskongress der SPD-Jugendorganisation. „Denn Zukunft machen wir selbst
mit Mut, mit Willen, mit klarem Kopf und manchmal auch mit erhobenem
Mittelfinger“, kündigte die 28-jährige Bonnerin an.
Der bisherige Juso-Chef Kühnert verabschiedete sich mit einer emotionalen
Rede. „Es hat mir bombastischen Spaß gemacht“, betonte der 31-Jährige der
inzwischen auch stellvertretender Parteivorsitzender der SPD ist. Er rief
seine Mitstreiter auf, sich nicht kleinmachen und unterkriegen zu lassen.
„Lasst euch nicht erklären, dass die Debatten nicht wichtig sind“, forderte
Kühnert.
Der frühere Kopf der Kampagne gegen eine Große Koalition tritt nach drei
Jahren vorzeitig als Chef der SPD-Nachwuchsorganisation zurück, weil er
sich auf seine Rolle als SPD-Bundesvize konzentrieren und [2][im kommenden
Jahr in den Bundestag einziehen] will. Kühnert rief die Jusos dazu auf, an
ihrem dezidiert linken Kurs festzuhalten.
In seiner Abschiedsrede zeigte sich Kühnert zu Tränen gerührt. „Das mag
etwas merkwürdig sein für Leute, die da jetzt zuschauen – warum heult der
da jetzt rum?“, sagte er mit tränenerstickter Stimme. Er habe „ein heftiges
Pensum in den letzten Jahren gemacht“ und dabei immer die „bedingungslose
Unterstützung“ der Jusos für „den ganzen Wahnsinn“ erhalten, fügte Kü…
hinzu.
## Esken und Walter-Borjans schwärmen von Kühnert
Die Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans bedankten sich
[3][für Kühnerts Unterstützung bei ihrer Wahl] vor einem Jahr und bei der
Profilierung der SPD. „Du hast als Gesicht der Jusos die Jusos auf eine
neue Art in das öffentliche Bewusstsein zurückgebracht“, sagte
Walter-Borjans. Selten zuvor hätten Juso-Positionen so stark auf die Partei
eingewirkt. „Du bist unglaublich präsent und du bist auf eine unglaublich
konstruktive Art auch umstritten.“
Esken und Walter-Borjans bekräftigten, dass sie in der Großen Koalition
keine Zukunft sehen. Zwar gelinge es ihr gerade, das Land in der Krise über
Wasser zu halten wie ein Schiff in schwerer See. „Aber man muss sich auf
Zeiten einrichten, wo die See wieder etwas ruhiger wird und wo die Frage
gestellt wird, wohin fährt das Ding denn überhaupt“, sagte Walter-Borjans.
„Diese Koalition ist nicht die, mit der man den Kurs in die richtige
Zukunft dieses Landes führt.“
Kühnert betonte, ihm sei es in den vergangenen Jahren auch darum gegangen,
die Parteien aufzurütteln, die sich alle zu sehr in der Mitte des
politischen Spektrums versammelt hätten und sich alle irgendwie einig
seien. „Als Antwort auf unsere Vorschläge will ich nicht hören „Mann, seid
ihr verrückt“, sondern ich will Gegenvorschläge hören“, sagte er.
Die Jusos seien häufig mehr am Puls der Zeit gewesen, als viele realisiert
hätten. Das sehe man auch in der Corona-Krise, wo plötzlich viele alte
Juso-Forderungen umgesetzt würden: die Aussetzung der Schuldenbremse,
Jobgarantien durch ein ausgeweitetes Kurzarbeitergeld, mehr Schulbusse am
Morgen. „Warum soll das eigentlich nur in Krisenzeiten möglich sein?“,
fragte Kühnert.
Viele Menschen müssten jetzt zähneknirschend eingestehen, dass die
angeblich utopischen Ideen der Jusos gar nicht so abwegig seien, so
Kühnert. „Mehr auf Jusos zu hören, heißt häufig auch früher zu merken, wo
brenzlige politische Debatten anstehen.“ Kühnert bekräftigte in diesem
Zusammenhang die Forderung nach höheren Steuern für Vermögende.
## Scholz wirbt um Unterstützung des Parteinachwuchs
[4][SPD-Kanzlerkandidat Scholz] warb bei den Jusos dafür, mit ihm zusammen
für einen Politikwechsel und eine lebenswerte Zukunft zu kämpfen. „Wir
müssen dafür Sorge tragen, dass unser Land sich weiterentwickelt“, sagte
er. Das gemeinsame politische Ziel müsse ein Deutschland sein, das sozial
sei und das zusammenhalte.
Scholz ging dabei auch auf Kritik der Jusos ein, betonte, er wolle dafür
sorgen, dass jeder junge Mensch einen Ausbildungsplatz bekomme und dass
mehr Sozialwohnungen gebaut würden.
Rosenthal sicherte Scholz zu, im Ziel seien sie „vollkommen vereint“. Es
sei, „die CDU in die Opposition zu schicken, eben, weil sie keine Antworten
hat für die Zukunft“. Dafür wollten die Jusos ihn aber auch kämpfen sehen.
Die SPD müsse mutig sein und nicht so tun, als gebe es keine Alternativen.
Im Gegensatz zu Scholz ist Rosenthal eine erklärte Anhängerin von
Rot-Rot-Grün.
„Wir dürfen nicht länger an unserer eigenen Verzagtheit scheitern“,
forderte Rosenthal. „Ich will eine mutige SPD, die zu ihren Überzeugungen
steht, die eine mächtige Lobby für die Menschen ist, die sonst viel zu oft
keine Stimme haben“, sagte sie.
## Rosenthals Wahlergebnis erst im Januar
Die Jusos stimmen in den kommenden Wochen per Brief über die
Kühnert-Nachfolge ab. Rosenthal, die ehemalige nordrhein-westfälische
Juso-Chefin, ist die einzige Kandidatin. Am 8. Januar soll das Ergebnis
bekanntgegeben werden.
Die Jusos beschlossen mehrere Forderungen, die sie im Wahlprogramm der SPD
unterbringen wollen. Dazu gehören etwa eine staatliche Garantie auf einen
Ausbildungsplatz im Wahlberuf und ein beitragsfinanzierter und öffentlicher
Nahverkehr ohne Fahrschein.
Im Gesundheitswesen sollen Fallpauschalen abgeschafft und Kliniken in die
öffentliche Hand zurückgebracht werden. Die Schuldenbremse im Grundgesetz
soll gekippt werden, um mehr Investitionen bezahlbare Wohnungen und moderne
Schulen zu ermöglichen.
29 Nov 2020
## LINKS
[1] /Kandidatin-fuer-den-Juso-Vorsitz/!5702536
[2] /Kevin-Kuehnert-strebt-in-den-Bundestag/!5700169
[3] /Gesine-Schwan-ueber-Kevin-Kuehnert/!5647806
[4] /Zukunft-der-SPD/!5703139
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