# taz.de -- Zukunft der SPD: Verwalter des Status quo | |
> Die SPD verharrt im Umfragetief. Das liegt an der Rolle als | |
> Juniorpartnerin der Union. Doch ein Olaf Scholz als Kanzlerkandidat wird | |
> wenig helfen können. | |
Bild: Saskia Esken, Kevin Kühnert (M.) und Walter Borjans im Februar 2020 | |
Dem Morgenrot entgegen? Irgendwie will es für die SPD damit einfach nicht | |
klappen. So sehr sich Scholz, Heil, Giffey & Co auch abmühen: In den | |
Umfragen profitiert bislang nur die Union vom Coronakrisenmanagement der | |
Bundesregierung. Die Sozialdemokrat:innen dümpeln hingegen weiter vor sich | |
hin. Das erscheint auf den ersten Blick ungerecht. Aber verwunderlich ist | |
es nicht. | |
Liegt es an der Parteiführung? Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ist | |
es bislang nicht gelungen, die SPD aus dem Elendstal zu führen, in dem sie | |
die Partei im vergangenen Dezember übernommen haben. Aber diese Erwartung | |
war ohnehin unter den gegebenen Bedingungen überambitioniert, mögen die | |
beiden auch selbst daran geglaubt haben. Dafür war ihr Spielraum von Anfang | |
zu gering. Durch die Coronakrise ist er nochmals kleiner geworden. | |
Esken und Walter-Borjans – und mit ihnen Noch-Juso-Chef Kevin Kühnert, der | |
sie maßgeblich ins Amt gebracht hat – hegten die Vorstellung einer | |
Arbeitsteilung, bei der die sozialdemokratische Minister:innenriege für den | |
trüben Regierungsalltag an der Seite der Union zuständig ist, während die | |
Parteiführung die Hoffnung auf eine bessere Zukunft jenseits der | |
großkoalitionären Tristesse verkörpert. | |
Was in der Theorie pfiffig klingt, stößt in der Praxis auf nur schwer | |
lösbare Probleme. Denn in der Konsequenz müsste eine solche Strategie die | |
SPD-Spitze immer wieder in einen offenem Konflikt mit dem Koalitionspartner | |
bringen, was ohne ernsthafte Exit-Option schwer durchhaltbar ist – zumal, | |
wenn das eigene Regierungspersonal nicht mitspielt, sondern im Zweifel der | |
Parteiführung in den Rücken zu fallen droht. Der Widerspruch zwischen | |
Anspruch und Wirklichkeit sozialdemokratischer Politik lässt sich so nicht | |
wie erhofft produktiv in eine Stimmung für neue Mehrheiten transformieren. | |
## SPD profitiert nicht von Corona-Politik | |
Obsolet war das ursprüngliche Kalkül von Esken, Walter-Borjans und Kühnert | |
ohnehin mit der Coronapandemie. Eine derartige Ausnahmesituation erfordert | |
gemeinsames besonnenes wie entschlossenes Handeln in der Exekutive. In den | |
Augen der allermeisten Bundesbürger:innen haben das die Bundesregierung wie | |
auch die Landesregierungen jeglicher politischer Couleur – von Schwarz-Gelb | |
bis Rot-Rot-Grün – bislang gut gemeistert. Davon profitiert in den Umfragen | |
vor allem der jeweils größere und damit entscheidende Koalitionspartner. | |
Dass unter der Ägide von CDU-Kanzlerin Angela Merkel die SPD-Minister:innen | |
ihren Job gut gemacht haben, ist daher nichts, das auf das Konto der SPD | |
einzahlt. | |
Warum auch? Dass SPD-Finanzminister Olaf Scholz zur ökonomischen Abfederung | |
der Coronakrise [1][nicht weiter dogmatisch an der „schwarzen Null“ | |
festgehalten hat], war keine grandiose Leistung, sondern schlicht objektive | |
Notwendigkeit. Sein Vorgänger Wolfgang Schäuble hätte nicht anders | |
gehandelt. Und die Grüne Annalena Baerbock oder der Linke Bernd Riexinger | |
ohnehin nicht. Da sollte sich die SPD auch nicht von den derzeit hohen | |
Beliebtheitswerten von Scholz blenden lassen. Wenn er im ZDF-Politbarometer | |
an dritter Stelle hinter Merkel und Markus Söder rangiert, dann zeigt das | |
nur, dass ihn viele für einen passablen Vizekanzler halten. Mehr nicht. | |
Gleichwohl läuft das mediale Trommelfeuer für eine Kanzlerkandidatur von | |
Olaf Scholz bereits auf Hochtouren – so wie einst zugunsten von Steinmeier, | |
Steinbrück und Schulz. Es gehört wenig dazu, um vorauszusagen, dass für die | |
Parteiführung kein Weg an ihm vorbeiführen wird. Die Union wie auch die | |
Grünen kann’s freuen, die SPD nicht. | |
Als „die konzentrierte Form der sozialdemokratischen Malaise“ hat der | |
Soziologe Oliver Nachtwey den 62-jährigen Hanseaten bezeichnet. Auch wenn | |
es in der Coronakrise etwas verdeckt wird: Scholz ist ein grauer Verwalter | |
des Status quo, kein Mann des Aufbruchs in Richtung sozial-ökologische | |
Transformation. Das wäre allerdings nötig, damit der SPD der Ausbruch aus | |
ihrem Tal der Tränen gelingen kann. | |
8 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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