| # taz.de -- Evaluation der Hamburger Mietpreisbremse: „Nahezu wirkungslos“ | |
| > Eine Auswertung der Hamburger Mietpreisbremse brachte unerwünschte | |
| > Resultate und wurde versteckt – ausgerechnet im Transparenzportal. | |
| Bild: Trotz Mietbremse gibt es immer mehr hochpreisige Angebote in Hamburg: Woh… | |
| Hamburg taz | Ergebnis der Studie mangelhaft, Veröffentlichung unerwünscht. | |
| Ausgerechnet im Hamburger Transparenzportal versteckte Hamburgs Behörde für | |
| Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) eine von ihr in Auftrag gegebene und mit | |
| Spannung erwartete Auswertung sämtlicher Auswirkungen der von ihr 2015 | |
| erlassenen [1][Mietpreisbremse]. | |
| Bereits im vergangenen November machte das Gerücht die Runde, die [2][vom | |
| Darmstädter Institut Wohnen und Umwelt (IWU) erstellte Evaluation] sei | |
| weitgehend abgeschlossen. Sie habe aber nicht die erwünschten Ergebnisse | |
| erbracht und solle deshalb bis nach der Bürgerschaftswahl am 23. Februar | |
| zurückgehalten werden. Als die taz einen Monat später bei der BSW | |
| nachfragte, bekam sie zur Auskunft, die Auswertung habe sich etwas | |
| verzögert, die Ergebnisse würden aber noch im Januar 2020 präsentiert | |
| werden – weit vor der Wahl. | |
| Das geschah nicht. Stattdessen wurde der 110-seitige Evaluationsbericht am | |
| 19. März – fast vier Wochen nach der Wahl – ohne flankierende | |
| Pressemitteilung oder Pressekonferenz im Transparenzportal der Stadt | |
| veröffentlicht – so dezent, dass die Medien bis heute keinen Wind von dem | |
| brisanten Papier bekamen. | |
| Die Behörde rechtfertigt ihr Versteckspiel heute mit dem Corona-Chaos, das | |
| Mitte März voll zugeschlagen habe. Doch die Geheimniskrämerei hat | |
| inhaltliche Gründe. Laut dem Gutachten des IWU-Instituts wurde die mit der | |
| Mietpreisbremse angestrebte Eindämmung der Hamburger Mieten im | |
| Untersuchungszeitraum glatt verfehlt. „Insgesamt waren auf dem Markt bei | |
| den Wohnungsangeboten im Mittel keine Preisdämpfungswirkungen zu | |
| beobachten“, heißt es in dem Papier. | |
| Doch damit nicht genug. Immer mehr Vermieter*innen orientieren sich laut | |
| Studie offenbar an der von der Mietpreisbremse gesetzten Obergrenze bei | |
| Neuvermietungen und ziehen die Miete auch bei bereits vermieteten Wohnungen | |
| entsprechend an: „In den Bestandsmietverhältnissen sind derweil mehr | |
| Mieterhöhungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete hin und damit ein | |
| Preisauftrieb zu erwarten“, prognostiziert das Gutachten. Statt | |
| preisdämpfend wirkt die Bremse damit preistreibend. | |
| Zudem habe die Mietpreisbremse „zu mehr hochpreisigen Angeboten“ geführt, | |
| weil etwa immer mehr Vermieter*innen „die Ausnahmetatbestände“ – etwa | |
| umfangreiche Modernisierungen – bemüht hätten, die höhere Mietforderungen | |
| rechtfertigen. Auch hätten kaum Mieter*innen die Bremsregelungen genutzt, | |
| um niedrige Mieten einzuklagen, weil die rechtlichen Hürden sehr hoch | |
| seien. | |
| Das Fazit der Studie ist damit aus Mieter*innensicht fatal: Die | |
| Mietpreisbremse blieb nahezu wirkungslos, wo sie wirkte, führte sie zum | |
| Teil eher zu einer Erhöhung als zu einer Absenkung der Miete. Kein | |
| Einzelresultat: Voriges Jahr war das Deutsche Institut für | |
| Wirtschaftsforschung (DIW) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mieten in | |
| Gebieten mit Mietpreisbremse stärker ansteigen als in Städten, die nicht | |
| auf die Bremse treten. | |
| Das Ergebnis der Evaluation war der Behörde, die die Mietpreisbremse bis | |
| 2025 unbedingt verlängern wollte und dies inzwischen auch tat, ein Dorn im | |
| Auge. Sie hätte nur die Gegner*innen der Mietpreisbremse munitioniert. So | |
| fühlt sich etwa Andreas Breitner, Chef des [3][Verbands norddeutscher | |
| Wohnungsunternehmen], „durch die Evaluation in meiner Auffassung bestätigt, | |
| dass es keinen Grund für eine Mietpreisbremse in Hamburg gibt“. Diese | |
| belaste die Wohnungsunternehmen nur „mit zusätzlichem bürokratischem | |
| Aufwand“, sei „teuer und ärgerlich, aber ohne Nutzen“. | |
| Um keine schlafenden Hunde zu wecken, entschloss sich die BSW im Juni, die | |
| missliebige Evaluation auch in ihrer Ankündigung der Verlängerung der | |
| Mietpreisbremse erneut lieber nicht zu erwähnen. Denn trotz der miserablen | |
| Evaluationsergebnisse hält Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt | |
| (SPD) die Mietenbremse noch immer für ein wichtiges Instrument im Kampf | |
| gegen Mietwucher und hat damit Hamburgs Mieter*innen-Vereine auf ihrer | |
| Seite. | |
| ## Stadt und Mietervereine halten an der Bremse fest | |
| Für Silvia Sonnemann von „Mietern helfen Mietern“ ist die teure Evaluation | |
| „wenig aussagekräftig“. Der Grund: Die Evaluationsdaten wurden größtente… | |
| 2017 und auch 2018 erhoben. In diesen beiden Jahren erklärte erst das | |
| Amtsgericht Hamburg-Altona und dann das Hamburger Landgericht die | |
| Mietpreisbremse aufgrund handwerklicher Fehler der BSW für unrechtmäßig, | |
| was zu einer absoluten Rechtsunsicherheit führte. | |
| Im Juli 2018 erließ der Hamburger Senat dann eine neue Mietpreisbremse, die | |
| danach noch zweimal, Anfang 2019 und auch 2020, nachgeschärft wurde. So | |
| müssen die Vermieter*innen, die die ortsübliche Miete um mehr als 10 | |
| Prozent überschreiten, seit Anfang 2019 schriftlich begründen, welche | |
| Umstände sie dazu berechtigen. | |
| „Seit den Änderungen zeigt die Mietpreisbremse positive Wirkung“, hat | |
| Silvia Sonnemann beobachtet, und immer mehr Mieter*innen nutzten das | |
| Instrument, um gegen überhöhte Mietforderungen vorzugehen. Nur gerade das | |
| lasse sich eben nicht belegen – weil aktuelle Daten und Zahlen fehlten. | |
| 23 Jul 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Trotz-Buendnis-fuer-das-Wohnen/!5614554/ | |
| [2] http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/gutachten-evaluation-mietpreisb… | |
| [3] https://www.vnw.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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