# taz.de -- Zu wenig Unterschriften: Wohn-Volksinis vor dem Aus | |
> Durch Corona-Lock-Down, mangeldes Engagement und das Problem, für zwei | |
> Anliegen zugleich zu werben, fehlen Volksinis gegen Spekulanten | |
> Unterschriften. | |
Bild: Spekulationsobjekt mit zukünftigen „Mond-Mietpreisen“: das ehemalige… | |
HAMBURG taz | Obwohl hohe Mieten in der Stadt ein so großes Problem sind, | |
drohen die beiden [1][Volksinitiativen „Boden und Wohnraum behalten“ und | |
„Neubaumieten auf städtischem Grund“] zu scheitern. Gut zwei Monate vor | |
Abgabeschluss haben die Initiativen erst ein Drittel der Unterschriften | |
zusammen, die sie brauchen, um zum Volksbegehren zu werden. Jeweils 4.000 | |
Unterschriften wurden für beide Initiativen gesammelt, rund 12.000 werden | |
gebraucht, damit relativ sicher mindestens 10.000 gültige dabei sind. | |
[2][Die Volksinitiativen] wurden Ende vergangenen Jahres von den beiden | |
Hamburger Mieter*innenvereinen und zahlreichen politischen Gruppen | |
gegründet. In der Volksini „Boden und Wohnraum behalten“ geht es darum, | |
dass keine städtischen Flächen mehr privatisiert werden, städtische | |
Gestaltungsmöglichkeiten beim Wohnungsbau bewahrt und Spekulation | |
verhindert werden. | |
Denn was passiert, wenn der Staat nicht Eigentümer von Flächen ist, auf | |
denen sich Stadtteile entwickeln sollen, zeigt sich auf dem ehemaligen | |
Areal der Holsten-Brauerei. Dort ist der nächste Bauabschnitt der „Neuen | |
Mitte Altona“ mit 1.400 Wohnungen geplant. | |
Vier Mal wurde das Grundstück in vier Jahren verkauft – sein Wert hat sich | |
so verdoppelt. Die grüne Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg erwartet nun | |
„Mond-Mietpreise“, statt sozialverträglicher Mieten – 18 Euro Kaltmiete | |
sind im Gespräch. Hamburg hätte vor vier Jahren sein Vorkaufsrecht für das | |
Gelände in Anspruch nehmen müssen, um diese Entwicklung zu verhindern, sind | |
sich heute Vertreter*innen aller Parteien einig. | |
Die zweite Volksini fordert, dass „Neubaumieten auf städtischem Grund“ | |
Sozialmieten dauerhaft nicht übersteigen und so zur Regulierung des | |
Wohnungsmarktes beitragen. | |
Dass beide Initiativen mangels Unterstützungsunterschriften scheitern | |
könnten, hat für den Anwalt Bernd Vetter, der Mitbegründer und Mitglied der | |
Lenkungsgruppe beider Inis ist, verschiedene Gründe. Diese fasste er in | |
„einem Notruf“ an die Unterstützer*innen zusammen. | |
Durch Corona sei es fast vier Monate lang nicht möglich gewesen, bei | |
öffentlichen Versammlungen und Großveranstaltungen Unterschriften zu | |
sammeln. Die zweieinhalb Monate Verlängerung der Sammelfrist, die die | |
Bürgerschaft den Initiativen gewährte, kompensiere das nicht. | |
Doch viele Fehler seien auch hausgemacht: Die Hoffnung, es würde den | |
Initiativen nützen, wenn sie im Bürgerschaftswahlkampf Anfang des Jahres, | |
präsent wären, bewahrheitete sich nicht: Stattdessen sei man im Wahlkampf | |
untergegangen. Auch dass das Bündnis mit gleich zwei Volksinitiativen am | |
Start sei, mache es nicht leichter: | |
Zwei Anliegen zu erläutern koste viel Zeit und erschwere das Sammeln der | |
benötigten Autogramme. Zudem würden von den zahlreichen Gruppen, die das | |
Bündnis unterstützen, nur die wenigsten aktiv Unterschriften akquirieren. | |
Die meisten aber seien, so sagt es Vetter frustriert, „praktisch nicht | |
aktiv“. | |
Um die Aktivitäten neu zu beleben, wollen sich die verbliebenen | |
Aktivist*innen am heutigen Mittwoch ab 19 Uhr beim Mieterverein zu Hamburg | |
treffen und am kommenden Freitag eine kleine Demo auf dem Rathausmarkt | |
veranstalten. „Diese Kundgebung soll unsere Forderungen wieder in den | |
Blickpunkt rücken“, sagt Vetter. Denn Aufgeben kommt für den Anwalt nicht | |
infrage. | |
5 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Volksinitiative-fuer-Wohnen-in-Hamburg/!5645152/ | |
[2] https://keineprofitemitbodenundmiete.de/ | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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