# taz.de -- Grundstücksvergabe über Erbbaurecht: Volksinitiative erreicht Quo… | |
> Die Initiative „Keine Profite mit Boden und Miete“ schafft es, dass | |
> Rot-Grün neu über die Praxis der Grundstücksvergabe in Hamburg nachdenken | |
> muss. | |
Bild: Irgendwann reicht's: Beim Mieten-Move vor einem Jahr gingen Tausende auf … | |
HAMBURG taz | Der Zeitpunkt [1][für diese Volksinitiative] war nicht | |
günstig. „Wir fingen im Februar gerade an zu sammeln, da kam die Pandemie“, | |
erinnert Mitinitiator Marc Meyer vom Verein Mieter helfen Mietern. Und im | |
August drohte die [2][Polizei sogar zwei Sammlern ein Bußgeld an]. Doch nun | |
hat „Keine Profite mit Boden und Miete“ rund 14.000 Unterschriften | |
zusammen, die am Montag früh im Rathaus übergeben werden. „Wir sind | |
glücklich und zuversichtlich, dass wir das Quorum von 10.000 erreicht | |
haben“, sagt Meyer. | |
Damit beginnt nun eine Frist von fünf Monaten, in der die Bürgerschaft | |
entscheidet, ob sie die Forderung übernimmt und Rot-Grün sich positionieren | |
muss. Denn städtische Immobilienmärkte sind zu attraktiv für Investoren | |
geworden, die lukrative Anlagen suchen. Deshalb will die Volksinitiative, | |
die auch vom Mieterverein zu Hamburg, Attac und der GEW unterstützt wird, | |
für dauerhaft genug bezahlbaren Wohnraum sorgen. | |
Der Hebel: Städtische Grundstücke sollen nicht mehr verkauft, sondern nur | |
noch über Erbpacht vergeben werden. Die zweite Forderung, für die es eine | |
separate Unterschriftenliste gibt: Die Wohnungen auf diesen Flächen sollen | |
dauerhaft günstig vermietet werden. | |
Das Problem ist, dass alte Sozialwohnungen ihren Status verloren haben. | |
„Hamburg hatte in den 1970ern mal rund 400.000, heute sind es nur noch | |
80.000 bis 85.000“, berichtet Marc Meyer. „Dabei ist jeder zweite Hamburger | |
berechtigt.“ | |
## 4.400 Flächen verpachtet | |
Das Thema Erbbaurecht ist nicht ganz neu. Finanzsenator Andreas Dressel | |
(SPD) hatte erst im Oktober 2019 angekündigt, Hamburg werde künftig mehr | |
Grundstücke so vergeben, statt sie zu verkaufen. Damals hatte die Stadt | |
rund 4.400 Flächen mit 1.250 Hektar verpachtet, die 4,3 Prozent aller | |
städtischen Flächen ausmachten. Die [3][SPD und die Grünen forderten den | |
Senat in einem Antrag] auf, eine „Leitlinie“ für vorrangiges Erbbaurecht zu | |
erarbeiten. | |
Im [4][Wahlkampf forderten die Grünen] dann sogar, Hamburg möge Flächen nur | |
noch über Erbpacht vergeben. Allerdings setzten sie sich nicht ganz durch. | |
Laut [5][Koalitionsvertrag] soll nun das Erbbaurecht „wesentlich stärker | |
als bisher“ angewendet und jeder Einzelfall geprüft werden. | |
„Es gibt diese Erklärungen, ohne dass hier im großen Stil was passiert“, | |
sagt Meyer. Die Volksinitiative wolle, dass es „dauerhaft“ geregelt ist, | |
dass Erbpacht angewendet wird, auch für den Fall dass wie 2001 mit der CDU | |
eine Partei an die Macht kommt, die viele Immobilien verkauft. Sollte | |
künftig im Ausnahmefall doch eine Fläche verkauft werden, müsse das die | |
Bürgerschaft beschließen. | |
Bereits beim Start der Volksinitiative schrieb die dpa: „Die | |
Wohnungswirtschaft läuft Sturm.“ Andreas Breitner vom Verband Norddeutscher | |
Wohnungsunternehmen (VNW) warnte damals wie heute, die Initiative lege „die | |
Axt an den Bau bezahlbarer Wohnungen“. Denn die Wohnungsgenossenschaften | |
hätten in vier Jahren 7.000 günstige Wohnungen errichtet und wollten | |
Grundstücke „kaufen und nicht pachten“. | |
## Eine Frage des Eigenkapitals? | |
Denn wenn sie Grundstücke nur im Rahmen des Erbbaurechts nutzen könnten, | |
benötigten sie für ein Neubauprojekt statt 20 Prozent 40 Prozent | |
Eigenkapital. So reduzierten sich für die Zukunft geplante Wohnbauprojekte | |
um die Hälfte. „Das kann nicht politisch gewollt sein“, sagt Breitner. | |
Meyer sagt, das Argument sei bekannt. „Aber wir sind zuversichtlich, dass | |
auch die Genossenschaften mit dieser Lösung leben können, denn sie werden | |
ja bevorzugt die Erbpachtgrundstücke zu akzeptablen Bedingungen bekommen.“ | |
Und da Geld in der andauernden Niedrigzinsphase leicht zu leihen sei, | |
dürften auch Kredite „kein Problem sein“. | |
19 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Volksinitiativen-gegen-Mietprofit/!5646096/ | |
[2] /Polizeiwillkuer-in-Hamburg/!5702086/ | |
[3] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/65063/neuausrichtung_der_b… | |
[4] https://www.gruene-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/11/Zukunftsprogramm_G… | |
[5] https://www.gruene-hamburg.de/wp-content/uploads/2020/06/Koalitionsvertrag-… | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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