# taz.de -- Holstenareal in Hamburg: Alles geklärt, oder? | |
> Das Bezirksamt und die Consus AG haben sich auf Eckpunkte für die | |
> Bebauung des Holstenareals geeinigt. Ob wirklich bald gebaut wird, | |
> scheint unklar. | |
Bild: So soll es aussehen: Pläne für das Holstenareal | |
HAMBURG taz | Schon mehrfach erweckten die Investoren, die Stadt und das | |
Bezirksamt Altona in den vergangenen Jahren den Eindruck, dass die Details | |
für die Umgestaltung des Holstenareals zu einem der [1][größten | |
Wohnungsneubaugebiete] der Stadt geklärt seien. Und dass es wirklich bald | |
losgehe mit dem Bau. So auch jetzt: Der Bezirk Altona und der Investor | |
Consus verständigten sich auf einen Vertragsentwurf, der aufzeigt, was auf | |
dem 86.000 Quadratmeter [2][großen ehemaligen Brauereigelände] künftig | |
entstehen soll. Die Vergangenheit hat aber gezeigt: Skepsis ist angebracht. | |
Am Mittwochabend legte das Bezirksamt dem Planungsausschuss der | |
Bezirksversammlung die Details der Einigung vor. Die grüne | |
Bezirksamtschefin Stefanie von Berg zeigt sich froh, dass nun eine | |
weitgehende Verständigung mit Consus erzielt worden sei. „Für uns im | |
Bezirksamt Altona war immer klar, dass die Fläche nicht immer wieder neu | |
verkauft werden soll, sondern entwickelt werden muss.“ | |
Die Consus AG, die sich selbst als Projektentwickler bezeichnet, will auf | |
dem Holstenareal ein „hippes und urbanes Viertel“ verwirklichen: Es sollen | |
insgesamt mehr als 1.200 Wohnungen entstehen, davon 365 geförderte | |
Mietwohnungen. Bei einigen weiteren Wohnungen soll es eine Preisdämpfung | |
geben, beim Rest wird es hochpreisig mitsamt einer Menge | |
Eigentumswohnungen. | |
Daneben entsteht auch Platz für Büros, Einzelhandel und – Hamburg hat ja | |
nicht genug davon – Hotels. Teil des Deals ist auch, dass Consus einige | |
Millionen zur Erweiterung einer angrenzenden Schule bereitstellt. | |
## „Gutes Paket“ oder „reine Kosmetik“? | |
Während Christian Trede von den Grünen in Altona von einem „guten Paket“ | |
spricht, sehen andere die Einigung deutlich kritischer: Theo Bruns, | |
Sprecher der Baugemeinschaft Malwine, die Teil der Initiative „Knallt am | |
Dollsten“ ist und sich gegen die Pläne des Investors wehrt, fordert die | |
Bezirksversammlung auf, die Einigung nicht zu unterschreiben: „Das hat mit | |
sozialverträglichen Bedürfnissen des Wohnens nichts zu tun.“ | |
Es sei erstaunlich, wie machtlos sich die Politik gegenüber dem Investor | |
gibt. „Die Verhandlungsergebnisse sind reine Kosmetik.“ Außerdem, sagt | |
Bruns, sei weiterhin nicht garantiert, dass tatsächlich in absehbarer Zeit | |
gebaut werde. | |
Auch die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken in der | |
Bürgerschaft, Heike Sudmann, zeigt sich empört: „Es ist eine | |
Bankrotterklärung.“ | |
Die Skepsis, ob tatsächlich in absehbarer Zeit mit dem Bauen begonnen wird, | |
beruht auf den Entwicklungen rund um das Areal in den vergangenen sieben | |
Jahren: 2014 wurde erstmals öffentlich, dass die Holsten-Brauerei, Tochter | |
von Carlsberg, ihren Standort in Altona aufgeben will. 2016 verkaufte die | |
Carlsberg-Brauerei das Gelände an den Düsseldorfer Projektentwickler | |
Gerchgroup für geschätzte 150 Millionen Euro. | |
## Mit Enteignung gegen Share Deals | |
Anfang dieses Jahres, so die damaligen Versprechen, hätten die ersten | |
Bewohner:innen einziehen sollen. Stattdessen: Viermal ging der Besitz | |
seither in andere Hände, zuletzt für 320 Millionen Euro an die Consus AG. | |
[3][Wie die Zeit recherchierte], waren diese Weiterverkäufe sogenannte | |
Share Deals: Investoren kaufen sich Anteile an Immobiliengesellschaften, | |
damit offiziell kein Grundstücksverkauf stattfindet – so sparen sie Steuern | |
und verhindern, dass die öffentliche Hand ihr Vorkaufsrecht in Anspruch | |
nehmen kann. | |
Dass mit dem Gelände auch weiterhin spekuliert wird und es auf diese Weise | |
ohne Bautätigkeit munter weiter den Besitzer wechselt, ist demnach nicht | |
ausgeschlossen. Schon deshalb, findet Bruns, sollten Stadt und Bezirk doch | |
noch einmal über eine Vergesellschaftung des Geländes nachdenken. „Das | |
Grundgesetz erlaubt das schließlich.“ | |
Das Bezirksamt hält allerdings dagegen und verweist darauf, dass Strafen im | |
Vertrag festgelegt sind, wenn der Investor die festgelegten Fristen nicht | |
einhält. Darüber kann Bruns nur lachen. „Solche Strafen sind den Investoren | |
doch egal und bereits eingeplant.“ | |
Einigkeit herrscht allerdings bei nahezu allen Beteiligten in einem Punkt: | |
Warum der Senat, der seinerzeit einzig von der SPD gestellt wurde, das | |
Vorkaufsrecht nicht nutzte, bleibt heute noch unverständlich. Statt das | |
Gelände in kommunale Hand zu überführen, sollte nach dem Senatswillen | |
seinerzeit lieber ein privater Investor damit Geld verdienen. | |
Und verdient haben Investoren damit schon jetzt eine ganze Menge – ohne | |
eine einzige bauliche Tätigkeit auf dem Gelände. „Scholz und seine SPD | |
haben das vermurckst“, sagt Bruns. Das sehen auch die Grünen so. | |
6 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Neues-Areal-in-Hamburg-Altona/!5635579 | |
[2] /Poker-um-Brauereigelaende/!5255015 | |
[3] https://www.zeit.de/hamburg/2021-06/immobilienspekulation-hamburg-immobilie… | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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