# taz.de -- Bauprojekte in Warteschleife: Rätselraten um Adler-Group | |
> Hamburger Bauprojekte verzögern sich, weil das Immobilienunternehmen | |
> Adler-Group taumelt. Verantwortlich für den Stillstand ist auch die | |
> Politik. | |
Bild: Unklar, wie es hier weitergeht: Gebäude der New-York Hamburger Gummi-Waa… | |
HAMBURG taz | Das luxemburgische Immobilienunternehmen [1][Adler-Group] | |
befindet sich in einem von außen betrachtet unklaren Zustand zwischen | |
Liquidität und Insolvenz. Unklar ist deshalb auch, wie es um mehrere | |
Hamburger Bauareale steht, auf denen es eigentlich mit dem Wohnungsbau | |
vorangehen soll. | |
Bekanntestes Beispiel ist das Gelände der ehemaligen Holsten-Brauerei. | |
Zugleich rücken nun zwei weitere Flächen wieder in den Blick. Im Bezirk | |
Harburg geht das [2][Bauprojekt Neuländer Quarree] sowie ihm gegenüber das | |
ehemalige Gelände der New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie zurück in | |
die Hände der Adler-Group, die sie eigentlich verkaufen wollte. Doch | |
angesichts der offenbar unklaren Finanzsituation des Investors herrschen | |
Zweifel, ob diese neue Wende eine gute ist. | |
Schon seit der Hamburger Senat Anfang Mai schmallippig bestätigt hatte, | |
dass er auch über den Rückkauf des Holstenareals mit der taumelnden | |
Adler-Group verhandeln will, herrscht großes Rätselraten: Kommt die Fläche | |
zurück in städtische Hand? Welchen Preis verlangt der Immobilieninvestor? | |
Und steht nicht ohnehin eine Insolvenz der Adler-Group kurz bevor, die den | |
Bau von Wohnraum in noch fernere Zukunft verschieben könnte? Denn das | |
Holstenareal in begehrter innerstädtischer Lage soll mit 1.300 Wohnungen | |
bebaut werden. Die Stadt hatte der [3][Carlsberg-Brauerei], der Holsten | |
seit einigen Jahren gehört, einst freie Hand beim Verkauf gegeben im | |
Gegenzug dafür, dass der Konzern weiterhin auf Hamburger Gebiet Bier braut. | |
## „Bezirksversammlung von unten“ kommt | |
Durch dubiose Weiterverkäufe wuchs der Wert der Fläche, zumindest auf dem | |
Papier, auf mittlerweile mehr als 350 Millionen Euro. Nur gibt es | |
berechtigte Zweifel, dass die Adler-Group nicht genug Geld hat, das | |
Bauvorhaben jemals umzusetzen. Der Hamburger Senat sowie das zuständige | |
Bezirksamt Altona stehen deshalb in der Kritik, da ihnen Tatenlosigkeit | |
vorgeworfen wird. So schien es etwa im Juni 2021, dass sich der Bezirk und | |
der Investor recht harmonisch auf [4][Eckpunkte für die Bebauung] geeinigt | |
hätten. | |
Doch zwischenzeitlich wurden Zweifel laut, ob die finanziellen Mittel zur | |
Bebauung vorhanden sind. Angesichts des am Montag verkündeten massiven | |
Rückgangs der fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2021 erscheint ein | |
nahender Baubeginn umso drängender. | |
Ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, das Ende April | |
veröffentlicht wurde, machte jedoch klar: „Der Vorwurf, dass Adler nicht | |
über die finanziellen Mittel verfügt, die Projektentwicklungen umzusetzen, | |
kann auf Basis der uns in der Sonderuntersuchung zur Verfügung stehenden | |
Unterlagen nicht widerlegt werden.“ | |
Die Forderungen, das Areal wieder in öffentliche Hand zu überführen, werden | |
seither lauter: Auch das Netzwerk Recht auf Stadt fordert das und ruft zur | |
Teilnahme an der „Bezirksversammlung von unten“ am kommenden Mittwoch vor | |
dem Rathaus Altona auf. Denn die Reaktion von Senat und Bezirk erscheint | |
ihnen als zögerlich. | |
## Düsseldorf als Vorbild? | |
Doch nicht nur Hamburg plagt sich mit der Adler-Group herum: Auch in | |
anderen deutschen Metropolen hatte der Investor Flächen gekauft, die für | |
die Stadtentwicklung und den kommunalen Wohnraum wichtig sind. So etwa in | |
Düsseldorf, wo dem Stadtrat nun der Kragen geplatzt ist. Die schwarz-grüne | |
Ratsmehrheit hat nun einen Antrag eingebracht, über den am Donnerstag | |
abgestimmt werden soll. Damit will die Kommune die städtebauliche | |
Entwicklungsmaßnahme für zwei Adler-Flächen beschließen. Dort sollte schon | |
vor Jahren mit dem Bau von insgesamt rund 2.300 Wohnungen begonnen worden | |
sein. | |
Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme gibt Kommunen besondere Rechte: Das | |
Instrument soll eine koordinierte und schnelle Entwicklung von Gebieten | |
ermöglichen und regelt dafür die Rechte und Pflichten der Beteiligten. Die | |
Stadt kann den Eigentümern der betroffenen Flächen Vorgaben machen – und in | |
letzter Konsequenz die Enteignung ermöglichen, falls dem Willen der Stadt | |
der Entwicklung der Fläche nicht entsprochen wird. | |
Explizit bringt der Antrag auch die Enteignung der Flächen „als Ultima | |
Ratio“ ins Spiel. „Wir sind bereit, das durchzuziehen“, sagt der | |
Fraktionsgeschäftsführer der grünen Stadtratsfraktion, Stephan Soll. | |
Angesichts dessen, dass auf den beiden Flächen in Düsseldorf seit Jahren | |
nichts vorangehe, sei selbst der koalierenden CDU die Erkenntnis gekommen, | |
dass nun gehandelt werden müsse. | |
Die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde hatte im Fall des Holstenareals | |
dieses Instrument bislang mit der Begründung abgelehnt, dass die | |
rechtlichen Vorgaben hier nicht ziehen würden – die Voraussetzungen zu | |
einer „förmlichen Festlegung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ | |
seien nicht gegeben. Die Stellungnahme der Behörde bezog sich dabei auf die | |
Einschätzung des Geschäftsführers des Stadtplanungsbüros ASK und | |
Lehrbeauftragten der Hafencity Universität (HCU), Andreas Pfadt. Er kam zur | |
gegenteiligen Ansicht. | |
## Rot-Grün schweigt | |
Die Sorge, dass das Vorgehen in Düsseldorf nicht rechtssicher sei, hat der | |
Grüne Soll nicht. Er beruft sich dabei auf eine Auskunft des | |
wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, nach der auch in solchen Fällen | |
die Anwendung des Instruments erlaubt sei. | |
Von der SPD-geführten Hamburger Stadtentwicklungsbehörde wäre es spannend | |
zu hören, inwiefern sie angesichts der neueren Entwicklungen um die | |
Adler-Group zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme steht – und auch, ob | |
der Düsseldorfer Stadtrat mit seinem Vorgehen nicht ein Vorbild wäre. | |
Doch dort werden alle Anfragen abgeblockt: Man könne lediglich mitteilen, | |
dass „angesichts der aktuellen Situation die beteiligten Stellen der Stadt | |
den Auftrag haben, alle nun bestehenden Möglichkeiten zu prüfen“. Und auch | |
die mitregierenden Grünen in der Bürgerschaft lehnen Anfragen ab, was nun | |
vonseiten der Politik geschehen könne oder müsse, um den Bau von dringend | |
benötigtem Wohnraum auf den Adler-Flächen zu beschleunigen. | |
18 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Holstenquartier-kommt-nicht-voran/!5844553 | |
[2] https://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article235368087/Neulaender-Quarr… | |
[3] /Grundstueck-Deals-in-Hamburg-Altona/!5817163 | |
[4] /Holstenareal-in-Hamburg/!5772889 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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