# taz.de -- Grundstück-Deals in Hamburg-Altona: Stadt im Griff der Spekulanten | |
> Auf einem Brauereigelände in Altona soll ein neues Quartier entstehen – | |
> zu dicht und zu teuer, finden Anwohner. Zudem sei der Investor unseriös. | |
Bild: Hier sollte eigentlich schon längst gebaut werden: Holsten-Grundstück i… | |
HAMBURG taz | Das Zentrum von Hamburg-Altona wird rendite-gierigen | |
Immobilien-Haien zum Opfer fallen. Dieses Szenario befürchtet eine | |
Anwohnerinitiative für den Fall, dass die Bezirksversammlung ihre | |
Unterschrift unter einen städtebaulichen Vertrag mit dem Eigentümer, der | |
jüngst in die Schlagzeilen geratenen Adler Group, setzt. „In dieser | |
Situation mit diesem Investor einen [1][städtebaulichen Vertrag | |
abzuschließen, wäre völlig verantwortungslos“, sagte Theo Bruns von der | |
Anwohnerinitiative „Holsten knallt am dollsten“] auf einer Pressekonferenz | |
am Montag. | |
Der Name spielt darauf an, dass es um das ehemalige Gelände der | |
Holsten-Brauerei geht, ein Riesengrundstück in Sahnelage unweit des | |
Altonaer Bahnhofs. Der Hamburger Senat hatte der Carlsberg-Brauerei, der | |
Holsten seit einigen Jahren gehört, freie Hand beim Verkauf gegeben im | |
Gegenzug dafür, dass der Konzern weiterhin auf Hamburger Gebiet Bier braut. | |
Für gut 150 Millionen Euro ging das Grundstück 2016 über den Tisch. | |
Inzwischen ist es dreimal weiterverkauft worden, zuletzt für 320 Millionen | |
Euro. Grunderwerbsteuer konnte der Stadtstaat dabei nicht einziehen, denn | |
das Eigentum wanderte durch Firmenbeteiligungen, sogenannte share deals, | |
von einer Hand in die andere. Nach Angaben der Zeit hat der aktuelle | |
Eigentümer, die [2][Adler Group], das Grundstück in seinem jüngsten | |
Quartalsbericht noch einmal um 44 Millionen Euro höher veranschlagt. | |
Adler hat gute Gründe, den Wert des Hamburger Grundstücks hoch zu | |
veranschlagen, denn die Aktie des Unternehmens ist im Oktober abgestürzt. | |
Die Firma war von dem Spekulanten Fraser Perring angegriffen worden. Der | |
aggressive Investor warf Adler vor, die eigenen Immobilien und Projekte mit | |
einem zu hohen Wert zu veranschlagen. Außerdem seien die Fusions- und | |
Übernahmeaktivitäten der Gruppe undurchsichtig. Adler hat die Vorwürfe | |
zurückgewiesen. An das Holstenareal kam die Gruppe, indem sie sich den | |
Grundstückseigentümer Consus einverleibte. Consus tritt weiterhin als | |
Vertragspartner der Stadt auf. | |
Heike Sudmann, Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, findet, diese | |
Nachrichten seien Grund genug, die Zusammenarbeit mit Adler/Consus in Frage | |
zu stellen. „Was muss noch passieren, damit der Senat dieser | |
[3][Spekulation] rund um das Holstenareal endlich den Riegel vorschiebt?“, | |
fragt Sudmann mit Blick auf das schlechte Investment-Rating der Gruppe. | |
Schon allein die Aussicht auf einen rechtskräftigen Bebauungsplan steigere | |
den Grundstückswert. Dabei gelte: „Je teurer das Grundstück, desto höher | |
die Mieten.“ Mit der Verabschiedung des Bebauungsplans und der Unterschrift | |
unter dem städtebaulichen Vertrag würde der Senat also die weitere | |
Spekulation befördern, warnt die Linken-Abgeordnete. | |
Die Folgen der Spekulation treiben auch die Anwohnerinitiative um. Die | |
hohen Mieten passten nicht zu den Bedürfnissen der wohnungssuchenden | |
Hamburger. Außerdem strahlten sie in die Nachbarviertel aus und drohten | |
diese verstärkt zu gentrifizieren. | |
Das neue Quartier werde zu hoch und zu dicht mit zu wenig Grün geplant. Und | |
der [4][städtebauliche Vertrag], mit dem die Stadt einen Anteil an | |
Sozialwohnungen, mietpreisgebundenen Wohnungen, Baugemeinschaften und | |
öffentlicher Infrastruktur wie einem Kindergarten festschreiben will, sei | |
zu kompliziert, um handhabbar zu sein. „Das ist irrsinnig umfangreich“, | |
räumt der Altonaer CDU-Fraktionschef Sven Hielscher ein. Er sieht aber | |
keinen anderen Weg, um die Wünsche der Bezirksversammlung zu verwirklichen. | |
Die Bürgerini ist ohnehin mit dem Verhandlungsergebnis unzufrieden und | |
fordert die Bezirksversammlung auf, die Unterschrift zu verweigern und den | |
nötigen Bebauungsplan nicht zu beschließen. Der Stadtplaner Andreas Pfadt | |
bezeichnete das als möglich. Die Vorfestlegung über den Vertrag | |
beeinträchtige die vorgeschriebene Abwägung öffentlicher und privater | |
Belange im Bebauungsplanverfahren. Nach den langen Verhandlungen mit Consus | |
vom ausformulierten Vertrag zurückzutreten, hielte er für „unhanseatisch“, | |
sagte dagegen Hielscher. | |
10 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Holstenareal-in-Hamburg/!5772889 | |
[2] https://adler-ag.com/portfolio/ankaufsprofil/ | |
[3] /Zu-wenig-Unterschriften/!5700073 | |
[4] https://www.hamburg.de/altona/planungen-verfahren-holsten/15445164/staedteb… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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