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# taz.de -- Immobilienkonzern droht Insolvenz: Poker um Hamburgs Holstenareal
> Der angeschlagene Immobilienkonzern Adler will das brachliegende
> Spekulationsobjekt verkaufen. Die Stadt hofft auf ein öffentlich-privates
> Konsortium.
Bild: Fassade am leerstehenden Holstenareal in Hamburg: Wer kauft es nun?
Hamburg taz | Der strauchelnde Immobilienkonzern Adler hat angekündigt, nun
doch eines der [1][größten Bauprojekte Hamburgs zu verkaufen: Beim
Holstenareal in Altona], wo früher Bier gebraut wurde, ist der Konzern
offensichtlich nicht mehr in der Lage, die anvisierten rund 1.200 Wohnungen
sowie Büros und Geschäfte zu bauen. Stattdessen muss der Konzern dringend
Geld auftreiben, um eine Insolvenz zu vermeiden.
Die Bürgerinitiative „Knallt am dollsten“, die seit Jahren die Entwicklung
des Holstenareals kritisch begleitet, sieht nun die Gelegenheit für die
Stadt aufziehen, das zum Spekulationsobjekt verkommende Gelände per
Vorkaufsrecht zu erwerben. Doch die Stadtentwicklungsbehörde scheint das
vermeiden zu wollen und hofft auf eine andere Lösung.
Am Dienstag hatte die Adler Group ihren – bislang noch von keiner
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft testierten – Jahresbericht für 2022 bekannt
gegeben: Der Nettoverlust der Adler Group hat sich im vergangenen
Geschäftsjahr auf 1,7 Milliarden Euro erhöht. Ursachen seien die Abwertung
des Immobilienportfolios sowie Wertberichtigungen auf Forderungen. Auch im
Jahr zuvor hatte es schon nicht rosig ausgesehen, da hatte der Verlust 1,2
Milliarden Euro betragen.
Schon seit 2021 wird die Kritik am Konzern wegen seiner Geschäftspraktiken
laut: Immobilien der Adler Group seien überbewertet, Beteiligungen und
Übernahmen würden gemacht, um an Kredite heranzukommen, Geldflüsse würden
an Privatpersonen verschoben.
## Insolvenz bislang vermieden
Tatsächlich stemmt sich der aus Luxemburg stammende, von Berlin aus
operierende Konzern derzeit gegen die Pleite: Erst kürzlich hatte er ein
Konzept vorgelegt, wie er eine drohende Insolvenz noch verhindern will.
Darin war der Verkauf vieler Immobilien bereits anvisiert. Anfang April gab
ein Londoner Gericht grünes Licht dafür, nachdem Gläubiger des Konzerns
gegen das Vorhaben geklagt hatten.
„Das Gericht hat dem Konzern so eine Gnadenfrist verschafft, der damit
zumindest kurzfristig die unmittelbare Insolvenz abwenden konnte“, sagt
Theo Bruns von der „Knallt am dollsten“-Initiative.
Dass Adler in der Krise steckt und ein neues Rekord-Minus bekannt geben
musste, verwunderte daher kaum. Für Hamburg hatte der Jahresbericht jedoch
eine Überraschung parat: Erstmals setzte der Konzern das Holstenareal auf
die Liste der Immobilien, die er verkaufen will. Bisher hatte er stets
beteuert, das Areal selbst bebauen zu wollen.
„Jetzt muss die Stadt handeln“, fordert Bruns. Schließlich besteht nun
erstmals seit 2016 die Chance, dass die Stadt wieder Zugriff erlangen kann:
Als der Brauereikonzern Carlsberg seinerzeit das Gelände verkaufte,
verzichtete der Senat auf sein Vorkaufsrecht, was ihm ermöglicht hätte,
dort städtebauliche oder wohnungspolitische Ziele durchzusetzen.
## Zeit fürs Vorkaufsrecht?
Zuvor war der Wert des knapp neun Hektar großen Geländes noch auf rund 65
Millionen taxiert worden. Für den Verkauf an den Düsseldorfer
Projektentwickler Gerch kassierte Carlsberg schon satte 150 Millionen.
Seither ging das Grundstück durch vier weitere Hände und sein Wert stieg in
großen Sprüngen. Zuletzt stand die Immobilie mit mehr als 360 Millionen
Euro in den Adler-Büchern.
Im vergangenen Mai erklärte der Hamburger Senat bereits schmallippig, dass
er auch [2][über den Rückkauf des Holstenareals mit der Adler Group
verhandeln will,] weil eine Bebauung immer unwahrscheinlicher erschien.
Dass er dafür aber keinen „Mondpreis“ von 360 Millionen Euro zahlen dürfe,
sagte damals die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike
Sudmann, sei aber natürlich auch dem Senat klar.
Gerade deshalb versteht die Bürgerinitiative nicht, warum die Stadt seither
nicht längst eine sogenannte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme
eingeleitet hat. Mit diesem Instrument könnte die Stadt hohe Anforderungen
an die Bebauung stellen. „Das Areal wäre damit für Investoren, die allein
auf maximale Rendite setzen, uninteressant und damit der weiteren
Immobilienspekulation entzogen“, sagt Bruns.
Doch die zuständige Stadtentwicklungsbehörde ist weiter der Ansicht, dass
die Maßnahme im vorliegenden Fall nicht angewendet werden darf. Stattdessen
ruhen die Hoffnungen nun darauf, dass die Adler Group an ein der Stadt
genehmes Konsortium verkauft.
Am Mittwochmittag erklärten die Saga, Hamburgs kommunales
Wohnungsunternehmen, und der auch in Hamburg ansässige private
Immobilieninvestor Quantum in einer Mitteilung ihr Interesse am Kauf: „Wir
sind unverändert zuversichtlich, durch den Ankauf und die Entwicklung
dieses für die Stadt bedeutenden Areals in bewährter Partnerschaft unseren
Beitrag zu leisten.“ Bereits im vergangenen Jahr hätten sie ihr Interesse
bekundet, das Holstenareal gemeinsam zu erwerben.
## Vorkaufsrecht gilt nicht bei Insolvenz
„Das sind gute Neuigkeiten zur Zukunft des Holstenareals“, erklärte
daraufhin Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD). Die Hoffnung ist
klar: Durch die Saga wäre so ein Mindestmaß an vergleichsweise günstigen
Mieten gesichert, die Quantum AG würde durch die Planung hochpreisiger
Miet- und Eigentumswohnungen genug Geld zur Finanzierung einwerben. „Ganz
offenbar kommt nun wieder Bewegung in den Prozess“, sagt Pein erfreut.
Ob der Prozess wie gewünscht ausgeht, bleibt nun weiter unklar. Sollte
Adler doch noch in die Insolvenz rutschen, hätte die Stadt jedenfalls kein
Vorkaufsrecht mehr auf das Gelände: „Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen,
wenn der betroffene Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder aus einer
Insolvenzmasse erfolgt“, antwortete der Hamburger Senat bereits auf eine
parlamentarische Anfrage von Linken-Politikerin Sudmann.
Dann würden mit [3][einem neuen Privatinvestor] alle Verhandlungen von vorn
beginnen müssen – und das Holstenareal vorerst weiter brach liegen.
26 Apr 2023
## LINKS
[1] /Holstenquartier-kommt-nicht-voran/!5844553
[2] /Bauprojekte-in-Warteschleife/!5852056
[3] /Hamburger-Immobilienwirtschaft/!5857939
## AUTOREN
André Zuschlag
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