# taz.de -- Bauprojekte in Hamburg: Ruinierte Landschaften unter Rot-Grün | |
> Den roten Teppich haben SPD und Grüne der Immobilienwirtschaft | |
> ausgerollt. Holsten-Areal, Esso-Gelände und Elbtower zeigen, wie naiv das | |
> mitunter war. | |
Bild: Verspekuliert: Statt Wohnungen gab es im vergangenen Sommer auf dem Gelä… | |
Hamburg taz | Hinter dem [1][hohen Zaun, der das Esso-Gelände umgibt,] | |
wuchert seit Jahren still das Gestrüpp. Auf dem Holsten-Areal liegen immer | |
noch die Schutthaufen vom Abriss. Und dass selbst beim Anblick eines 100 | |
Meter hohen Betonskeletts ein Gewöhnungseffekt eintritt, verwundert nach so | |
langer Zeit kaum noch: Seit anderthalb Jahren tut sich schließlich nichts | |
mehr am Elbtower in der Hamburger Hafencity. | |
Dass er in Sachen Stadtentwicklung zupackt, konnte Hamburgs rot-grüner | |
Senat über weite Strecken der zu Ende gehenden Legislatur nicht zeigen: | |
Bedingt durch die Zinswende und die steigenden Baukosten brach auch in | |
Hamburg der Wohnungsbau ab 2022 massiv ein. Und während die Mieten | |
unvermindert stiegen, offenbarte sich beim Elbtower, beim Holsten-Areal und | |
beim Esso-Gelände die selbst gewählte Machtlosigkeit, wenn Investoren nicht | |
das einhielten, was SPD und Grüne gutgläubig für ein Versprechen hielten. | |
„Es war falsch, wie es damals gelaufen ist“, räumte SPD-Fraktionschef Dirk | |
Kienscherf kürzlich im taz Salon im Hinblick auf das Holsten-Areal ein. Die | |
angesichts des Bevölkerungswachstums dringend notwendige Umwandlung des | |
ehemaligen Brauereigeländes in Altona in [2][ein neues Wohnquartier für bis | |
zu 3.500 Menschen] sollte nach den ursprünglichen Planungen in ersten | |
Schritten bereits 2021 abgeschlossen sein. | |
Doch die Stadt kaufte das Gelände nicht von der scheidenden Brauerei, | |
sondern ließ zu, dass es an einen Investor verkauft wird. Gebaut wurde | |
nicht, stattdessen wechselte das Grundstück mehrfach gewinnbringend den | |
Besitzer; die Hoffnung auf einen Baubeginn zerschlug sich in den | |
vergangenen zwei Jahren, weil der Eigentümer, der Immobilienkonzern Adler, | |
in finanzielle Turbulenzen geriet. „Immer selbst kaufen“ sei in solchen | |
Fällen die Lehre aus dem Fehler, sagt Kienscherf heute. | |
## Stadt könnte Vorkaufsrecht nutzen | |
Eine zufriedenstellende, wenn auch kostspielige Lösung könnte der Kauf des | |
Geländes durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Saga sein. Diese hat | |
bereits Kaufinteresse bekundet, müsste sich aber erst in dem seit Kurzem | |
laufenden Bieterverfahren durchsetzen. | |
Nun stünde der Stadt ein ebenso üblicher und möglicherweise günstigerer Weg | |
offen: Sollte sich ein Käufer finden, könnte die Stadt ihr Vorkaufsrecht | |
ausüben. „Sollte es zu einem Verkaufsfall kommen, prüft die Freie und | |
Hansestadt Hamburg (FHH), ob und welche einschlägigen | |
Vorkaufsrechtstatbestände vorliegen“, bestätigt der Senat auf Anfrage der | |
Linksfraktion. „Das muss sie jetzt nutzen, damit die Spekulation endlich | |
aufhört“, fordert demnach die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann. Statt eines | |
durch Spekulation in die Höhe getriebenen Preises müsste die Stadt dann nur | |
den aktuellen, gutachterlich ermittelten Verkehrswert zahlen. | |
Auch beim Esso-Gelände an der Reeperbahn auf St. Pauli ist es die Saga, die | |
dank gut gefüllter Rücklagen einen für die Hamburger Politik peinlichen | |
Zustand beenden will: Ähnlich wie beim Holsten-Areal will auch der | |
Eigentümer des Esso-Geländes an der Reeperbahn die seit Jahren brach | |
liegende Fläche nicht mehr selbst bebauen. | |
Eine Realisierung der ursprünglichen Pläne hätte SPD und Grünen gut zu | |
Gesicht gestanden, denn nach langen Protesten wurden | |
Anwohner:innen-Initiativen in die Planungen einbezogen; mittels einer | |
„Planbude“ konnten weitreichende Forderungen durchgesetzt werden – etwa, | |
dass frei zugängliche Flächen auf den Dächern geschaffen oder eine | |
Stadtteilkantine eingerichtet werden sollten. Allein: Der Eigentümer hielt | |
sein Wort nicht, und so setzt die Saga nun zwar komplett auf den Bau von | |
Sozialwohnungen; von den über die Planbude ausgehandelten Forderungen der | |
Anwohner:innen ist aber nicht viel übrig geblieben. | |
## Elbtower: Versprechen droht gebrochen zu werden | |
Auch vom Versprechen des rot-grünen Senats, dass die Stadt keinen Cent zur | |
[3][Realisierung des Elbtowers] beitragen werde, könnte nicht viel übrig | |
bleiben. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) wurde in den vergangenen | |
Monaten nicht müde zu betonen, dass es sich beim Elbtower um ein rein | |
privatwirtschaftliches Projekt handele – und die Stadt deshalb nach der | |
Insolvenz der Signa-Gruppe von René Benko nichts zur Fertigstellung | |
beitragen werde. | |
Doch intern wird derzeit geprüft, ob nach Fertigstellung des Elbtowers | |
nicht ein knappes Drittel der Nutzfläche für das seit Langem geplante | |
Naturkundemuseum angemietet werden könnte. Für die Investoren, die den | |
Elbtower aus der Insolvenz holen und fertigstellen wollen, wäre das ein | |
Geschenk: Langfristig würden so hohe Mieteinnahmen aus öffentlichen Kassen | |
fließen. Doch das soll erst in aller Ruhe nach der Bürgerschaftswahl | |
entschieden werden. | |
12 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Esso-Haeuser-an-der-Reeperbahn-in-Hamburg/!5952778 | |
[2] /Immobilienkonzern-droht-Insolvenz/!5927634 | |
[3] /Elbtower-in-Hamburg/!6052737 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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