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# taz.de -- UN-Hilfe für Syrien: Russland diktiert die Bedingungen
> Hilfslieferungen für Flüchtlinge im Norden Syriens werden
> eingeschränkt. Nur noch ein Grenzübergang darf dafür genutzt werden.
Bild: Ein schlechter Kompromiss: Nach langem Ringen einigt sich der UN-Sicherhe…
Istanbul taz | Syrische Bürgerkriegsflüchtlinge in der nordwestlichen
Rebellenprovinz Idlib erhalten weiterhin für ein Jahr Hilfslieferungen der
Vereinten Nationen, allerdings im Umfang stark eingeschränkt, da nur noch
ein Grenzübergang von der Türkei nach Syrien dafür genutzt werden darf. Das
war das Angebot Russlands im Weltsicherheitsrat von Beginn der
Verhandlungen an, dem sich die anderen Sicherheitsratsmitglieder am Ende
zähneknirschend beugten, weil es ansonsten [1][überhaupt keine
UN-Lieferungen] mehr gegeben hätte.
Über eine Woche lang waren im New Yorker UN-Hauptquartier immer wieder
verschiedene Resolutionsentwürfe abgestimmt worden, keiner davon erhielt
bis Freitagnacht, in der die Frist für eine Einigung ablief, eine Mehrheit.
Damit war das seit 2014 laufende Hilfsprogramm für die syrischen
Bürgerkriegsflüchtlinge in den Gebieten, die nicht vom Assad-Regime
kontrolliert wurden, formal am Ende.
Um nicht ganz mit leeren Händen da zu stehen, brachten dann Belgien und
Deutschland am Samstagabend noch einmal einen Resolutionsentwurf im
Sicherheitsrat ein, der die russischen Vorgaben übernahm und dem dann im
schriftlichen Verfahren 12 Sicherheitsratsmitglieder zustimmten. Russland
und China verzichteten auf ein Veto und die Dominikanische Republik
enthielt sich.
Damit können die Vereinten Nationen nun für ein weiteres Jahr Hilfsgüter
unabhängig von Damaskus zu hungernden Flüchtlingen im Rebellengebiet
bringen, allerdings [2][nur noch über einen Grenzübergang] statt wie
bislang über zwei. Das führt nach westlichen Angaben dazu, dass nun nur
noch 1,8 statt 2,8 Millionen Flüchtlinge versorgt werden können.
Russland bügelte alle Vorschläge ab
Nach dem Motto „Besser als nichts“ zeigte sich der Deutsche Außenminister
Heiko Maas dennoch erleichtert. Deutschland hat im Moment den Vorsitz im
Weltsicherheitsrat, entscheidend sind aber immer die fünf Vetomächte USA,
Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Mit seiner Vetomacht hatte
Russland in den letzten Tagen alle Vorschläge, die mehr als einen
Grenzübergang für Hilfslieferungen vorsahen, abgebügelt.
Nachdem Freitagnacht klar wurde, dass Präsident Putin auch die Einstellung
sämtlicher Hilfslieferungen in Kauf nehmen würde, nahmen die anderen
Staaten dann schlussendlich das russische Minimalangebot an. Erlaubt für
Hilfslieferungen ist damit ab sofort nur noch der Grenzübergang Bab
al-Hawa, ganz im Nordwesten, der direkt von der Türkei aus in die
Rebellenprovinz Idlib hineinführt. Der andere Grenzübergang Bab al-Salam
weiter östlich, der über Afrin die Gegend nördlich von Aleppo versorgt
hatte, darf von den UN nicht mehr genutzt werden.
Russland hatte bei den gesamten Verhandlungen stets damit argumentiert,
dass Hilfslieferungen eigentlich nur in Abstimmung mit der „legitimen
Regierung“ von Baschar al-Assad ins Land kommen dürften und alles andere
nur eine Ausnahme sein könne. Deshalb wurden auf Betreiben von Moskau Ende
2019 bereits zwei andere Grenzübergänge geschlossen, über die Flüchtlinge
vom Irak und Jordanien aus versorgt worden waren.
Das zweite Argument Russlands gegen die Belieferung von Flüchtlingen in
Rebellengebieten ist, dass davon auch die dort operierenden „Terroristen“
profitieren würden, was man auf Dauer nicht hinnehmen könne. Dieses
Argumentationsmuster könnte ein Grund sein, warum Russland nur noch den
Grenzübergang Bab al-Hawa akzeptiert hat. Denn ausgerechnet der wurde
zuletzt von der al Kaida nahen Hayat Tahrir al-Sham (HTS) kontrolliert, was
es für Russland leichter macht, zukünftig zu behaupten, von den
UN-Hilfslieferungen würden „Terroristen“ profitieren.
12 Jul 2020
## LINKS
[1] /Stopp-von-Hilfslieferungen-nach-Syrien/!5698956
[2] /UN-Lieferungen-nach-Syrien/!5698974
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Vereinte Nationen
UN-Sicherheitsrat
Syrischer Bürgerkrieg
Russland
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