# taz.de -- Mietproteste in Moabit: Wohnen auf schwedisch | |
> Die Waldenserstraße 9 in Moabit mit rund 60 Mietparteien wurde von einem | |
> schwedischen Investor aufgekauft. | |
Bild: Mieter*innenprotest gegen schwedische Immobilienfirma | |
BERLIN taz | „Mieterprotestaktion“ steht auf einem Transparent, das gut | |
sichtbar aus einem Fenster der Waldenserstraße 9 in Moabit hängt. Rund 70 | |
Menschen haben sich am Sonntagnachmittag in der ruhigen Straße vor dem Haus | |
versammelt. Sie waren einem dringenden Aufruf der rund 60 Mietparteien | |
gefolgt, der auch in den Nebenstraßen ausgehängt war. „Unser Haus wurde an | |
einen großen Investor verkauft, der für sein skrupelloses Vorgehen bekannt | |
ist“, heißt es dort. Und weiter: „Wir haben Angst vor Verdrängung unserer | |
vielfältigen Hausgemeinschaft durch Luxussanierung, Mieterhöhung und | |
Umwandlung in Eigentumswohnungen.“ Denn genau dafür ist die Skjerven Group | |
bekannt, die das Gebäude vor einigen Monaten erworben hat. „Mit unserem | |
proaktiven Ansatz beim Asset Management helfen wir unseren Investoren, das | |
erhebliche Wertsteigerungspotenzial über den Investmentzeitraum zu heben“, | |
wirbt das schwedische Unternehmen bei ihrer vermögenden Klientel. | |
Die MieterInnen der Waldenserstraße 9 haben erst durch intensive Recherche | |
erfahren, wer der Käufer ist. Auf einer Schautafel haben sie dargelegt, | |
dass das beworbene „Wertsteigerungspotenzial“ für die MieterInnen [1][hohe | |
Mieten und Verdrängung] bedeutet. Der Kauf des Objekts in der | |
Waldenserstraße 9 mit rund 60 Mietparteien durch die Skjerven Group – im | |
Namen der schwedischen Heimstaden Group – ist Teil des größten | |
privatwirtschaftlichen Immobiliendeals in Berlin seit Inkrafttreten des | |
Mietendeckels. In einer Pressemitteilung kündigte die Skjerven Group | |
bereits 2018 „eine skandinavische Investitionsoffensive in Deutschland“ an. | |
Auch der Gebäudekomplex Kolonie-/Osloer Straße im Wedding ging an das | |
schwedische Unternehmen. Die MieterInnen haben sich zur „Initiative Osko | |
bleibt“ zusammengeschlossen und sich mit einem Transparent und einem | |
Redebeitrag auf der Kundgebung in Moabit beteiligt. Unterstützt werden sie | |
von der Stadtteilinitiative „[2][Hände weg vom Wedding]“; ein Mitglied | |
betonte in einem Redebeitrag, wie wichtig die Selbstorganisation der | |
MieterInnen in den Häusern und wie notwendig auch eine Vernetzung von | |
MieterInnen ist, die von den gleichen InvestorInnen gekauft wurden. | |
Im Fall der Skjerven Group haben sich die MieterInnen der unterschiedlichen | |
Häuser schon koordiniert. Sie fordern, dass der Bezirk [3][sein | |
Vorverkaufsrecht ausübt]. Da sei Dringlichkeit geboten, betont Marco Jahn, | |
Mieter in der Waldenserstraße 9, gegenüber der taz. „Am 19. Mai wurden die | |
MieterInnen durch das Bezirksamt Mitte über den Verkauf ihres Hauses und | |
die laufende Prüfung des Vorkaufsrechts durch den Bezirk informiert. Die | |
Frist für das Prüfungsverfahren beträgt rund sechs Wochen“, drängt Jahn a… | |
eine schnelle Entscheidung. Es gehe auch darum, die Ängste der | |
BewohnerInnen vor Verdrängung entgegenzutreten. Schließlich wohnt die | |
älteste Mieterin seit 1954 in dem Haus. Da bestehe eine große | |
Verunsicherung, dass sie vor die Tür gesetzt wird. | |
16 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-Mietenpolitik/!5637724 | |
[2] /Neues-Berliner-Buendnis-jetzterstrecht/!5679484 | |
[3] /Vorkaufsrecht-in-Neukoelln/!5676319 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
## TAGS | |
Mieterinitiativen | |
Bezirksamt | |
Immobilienlobby | |
Mietenbewegung | |
Mieterschutz | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Spekulation | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Soziale Bewegungen | |
Mietendeckel | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Familienpolitik | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Caren Lay | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Protest in Berlin-Wedding am Samstag: Reiche sollen zahlen | |
Kiezinitiativen mobilisieren: Am Samstag wird für einen solidarischen | |
Umgang mit den Folgen der Coronakrise demonstriert. | |
Protest gegen Spekulanten: Ruf nach Enteignung | |
Am Sonntag demonstrierten Mieter*innen gegen die Sanierungspläne des | |
schwedischen Immobilienkonzerns Heimstaden Bostad in Berlin. | |
Vorkaufsrecht in Neukölln und Kreuzberg: Geh Heimstaden | |
Nach der Shopping-Tour von Heimstaden zieht Berlin erstmals das | |
Vorkaufsrecht. Die Bezirke und der Senat erwerben drei Häuser in | |
Milieuschutzgebieten. | |
Heimstaden und die Skjerven Group: Widerstand gegen die Schweden | |
Mieter:innen vernetzen sich gegen Heimstaden: Der Konzern kaufte Bestände | |
des undurchsichtigen Players Gabriel International | |
Schwedischer Wohnungskonzern kauft ein: Malmö in Berlin | |
Der Konzern Heimstaden kauft mit seiner Tochterfirma Skjerven-Gruppe fast | |
4.000 Wohnungen. Der Investor wäre damit von einer Enteignung betroffen. | |
taz-Serie Im Haifischbecken: Hilferuf aus dem Milieuschutzgebiet | |
Die Initiative „OsKo-bleibt“ fordert den Bezirk Mitte auf: Nutzt das | |
Vorkaufsrecht! Doch kurz vor Fristende ist noch immer alles offen. | |
Familien in Berlin: Verlierer auf dem Wohnungsmarkt | |
Der Senat muss mehr Wohnungen bauen und zudem den Anteil der | |
Sozialwohnungen erhöhen, fordert der Familienbeirat. | |
Umwandlung in Eigentumswohnungen: Das Milieu bleibt geschützt | |
Mietwohnungen in Milieuschutzgebieten dürfen weiterhin nur mit Genehmigung | |
in Eigentum umgewandelt werden. Vorkaufsrecht bleibt ein Problem. | |
Berliner Mietenpolitik: „Wir brauchen uns wechselseitig“ | |
Im Frühjahr demonstrierten Zehntausende gegen „Mietenwahnsinn“. Jetzt ist | |
die Bewegung ruhiger geworden. Warum? Die taz debattiert mit Aktivisten. |