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# taz.de -- taz-Serie Im Haifischbecken: Hilferuf aus dem Milieuschutzgebiet
> Die Initiative „OsKo-bleibt“ fordert den Bezirk Mitte auf: Nutzt das
> Vorkaufsrecht! Doch kurz vor Fristende ist noch immer alles offen.
Bild: Den Mieter*innen ist klar: Sie wollen sich nicht verdrängen lassen
Die Hilferufe mehren sich: Ein Café hier, ein Buchladen da oder ein ganzes
Mietshaus – überall fürchten MieterInnen und Gewerbetreibende um ihre
Existenz. Sie werden hinausgentrifiziert, gekündigt, zwangsgeräumt. Und
immer mehr von ihnen wehren sich. Wir erzählen „Im Haifischbecken“ in loser
Folge ihre Geschichten. Auch betroffen? [1][[email protected]]
Der kleine Fisch: Läge das Haus an der Ecke Osloer Straße/Koloniestraße
nicht in einem Milieuschutzgebiet, hätte Sabrina Lange (Name geändert)
nichts vom Verkauf erfahren. So aber bekam die 29-Jährige im Mai einen
Brief vom Bezirk Mitte, in dem die Prüfung des Vorkaufsrechtes angekündigt
wurde.
Insgesamt 30 Mieter*innen hätten sich daraufhin im Innenhof verabredet und
die Initiative OsKo-bleibt gegründet, um Druck auf die Politik auszuüben.
„Wir sind eine durchmischte Nachbarschaft, manche leben schon seit über 40
Jahren hier“, sagt Lange. Auch Alleinerziehende, Künstler*innen und
Studierende wohnten in dem Eckhaus, sagt sie.
Durch Corona habe sich die Situation verschärft: Die Benachrichtigung über
den Verkauf hätte die Mieter*innen zwei Wochen verspätet erreicht, die
zweimonatige Frist lief da schon. „Auch der Gutachter des Bezirks konnte
wegen der Epidemie nur einen flüchtigen Blick in die Flure werfen“, so
Lange.
„Inzwischen hat unsere Initiative zu verschiedenen Anlässen protestiert,
zum Beispiel auf der Mietenwahnsinn-Demo.“ Am Dienstag, drei Tage vor
Ablauf der Frist, hat die Initiative dann noch einmal selbst vor dem
Bezirksamt Mitte demonstriert. Die Forderung: Der Bezirk solle alles
Erdenkliche tun, das Vorverkaufsrecht zu nutzen.
Der große Fisch: Nur über eine geheime Quelle haben die Mieter*innen
erfahren, dass die schwedische Skjerven Group der neue Eigentümer ist. 8,4
Millionen Euro hat die Immobilienfirma für das Gebäude gezahlt. Der Kauf
ist Teil eines größeren Ankaufs von insgesamt 300 Wohnungen in Berlin.
Betroffen sind auch die Häuser in der Waldenser Straße 9 und der
Siemensstraße 13/14.
Der erste Kontakt mit dem Käufer sei laut Lange eine Art
Beschwichtigungsbrief an die Mieter*innen gewesen: „Die Skjerven Group
teilte uns mit, sie sei ein guter Vermieter.“ Das glaubte in dem Weddinger
Eckhaus aber niemand. Kurz zuvor habe die Skjerven Group die
Abwendungsvereinbarung des Bezirks abgelehnt, die einen Kauf möglich macht,
die Mieter*innen aber vor einen Rauswurf schützt.
Wer frisst hier wen? Der Bezirk Mitte bemühe sich weiterhin, eine
Abwendungsvereinbarung zu schließen, teilt die Senatsverwaltung für
Finanzen mit. Dabei hatte das Bezirksamt eigentlich schon die Ausübung des
Vorkaufsrechts zugunsten der Degewo für alle drei Häuser beschlossen –
vorbehaltlich der Zustimmung der Wohnungsbaugesellschaft und eines
Finanzzuschusses des Senats. Nun heißt es, die Degewo habe sich bei dem
Finanzbedarf für den Ankauf womöglich verrechnet. Wenige Tage vor Fristende
ist damit noch alles offen.
30 Jun 2020
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## AUTOREN
Jannis Hartmann
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