| # taz.de -- Pro und Contra Lufthansa-Rettung: Hat die BRD 'nen Vogel? | |
| > Deutschlands größte Airline bekommt Staatshilfen – ohne Auflagen für mehr | |
| > Umwelt- und Arbeitnehmerschutz. | |
| Bild: Umwelt nur im Logo- Kraniche im Flug: Aufgeflottet ohne Auflagen | |
| ja, | |
| denn wie die Bundesregierung die [1][Lufthansa-Rettung] angeht, ist bizarr: | |
| die Fluggesellschaft zu retten, ohne das mit strikten Auflagen für den | |
| Klimaschutz und die Absicherung der Beschäftigten zu verbinden. Die | |
| Lufthansa bekommt Steuergelder in Milliardenhöhe. Auch wenn die nur | |
| geliehen sind, sollte der Konzern dafür eine Gegenleistung bringen. Und die | |
| darf nicht nur darin bestehen, dass es ihn weiterhin gibt. | |
| Wenn der Staat in dieser Dimension Steuergeld in die Hand nimmt, um ein | |
| einzelnes Unternehmen zu unterstützen, muss das im Interesse des | |
| Gemeinwohls und nicht der AktionärInnen geschehen. Sonst ist es nicht zu | |
| rechtfertigen. Beispiel [2][klimaschädliche Inlandsflüge]: Dieses Geschäft | |
| als staatlicher Anteilseigner selbst zu betreiben, ist falsch. Die | |
| Lufthansa sollte darauf sofort verzichten. Dass andere Fluglinien in die | |
| Lücke stoßen, ist unwahrscheinlich. Denn sie sind erst einmal mit der | |
| Krisenbewältigung beschäftigt. Hier läge eine große Chance, auf andere | |
| Verkehrsmittel umzusteuern. | |
| Der weltweite Flugmarkt wird sich nach der Krise neu aufstellen, etliche | |
| Airlines werden verschwinden, andere stärker werden. Die Lufthansa hat | |
| durch die Staatshilfe beste Chancen, zu den Krisengewinnern zu gehören und | |
| gestrauchelte Airlines auf der ganzen Welt einzusammeln. Diese | |
| Weichenstellung geht in die falsche Richtung. Die Manager der Lufthansa | |
| wollen da weitermachen, wo sie vor der Krise aufgehört haben. Es darf aber | |
| nicht darum gehen, den Luftverkehr in der bisherigen Art und Weise zu | |
| erhalten oder gar auszubauen. Er muss verändert werden. Für das Klima, aber | |
| auch für Beschäftigte, die von Billigfliegern und Tochtergesellschaften | |
| alteingesessener Konzerne geknechtet werden. | |
| Die Bundesregierung vergibt diese Chance. Ihr sind die Beschäftigten und | |
| das Klima egal, das zeigt der Verzicht auf Auflagen. Sie will die Airline | |
| allein aus nationaler Standortlogik retten – weil ihrer Meinung nach ein | |
| exportstarker Industriestaat eine große Fluglinie braucht. Wenn das | |
| wirklich so wichtig ist, dann muss sie sich auch die Option sichern, | |
| einzugreifen. | |
| Die Lufthansa-Rettung ist ein Menetekel. Sie darf keine Blaupause für | |
| weitere Hilfen krisengeschüttelte Großunternehmen und Branchen werden. | |
| Sonst bleiben Gemeinwohl, Beschäftigte und Umwelt auf der Strecke. (Anja | |
| Krüger) | |
| nein, | |
| Deutschland hat keinen Vogel. Denn nichts wäre unsinniger, als der | |
| Lufthansa das zu verbieten, womit sie ihr Geld verdient – das Fliegen. Bei | |
| der Frage des staatlichen Eingriffs in Einzelunternehmen ist es nämlich so | |
| ähnlich wie bei der Schokolade: Es ist eine großartige Vorstellung, täglich | |
| einen Berg Süßes essen zu können und dabei auch noch dünner zu werden. Nur | |
| macht Schokolade einfach dick. | |
| Ganz ähnlich, wenn auch nicht so süß, verhält es sich mit dem dicksten | |
| Brocken der deutschen Luftfahrt, der Lufthansa. Wer eine Umweltsau hält, | |
| kann diese nicht zu Tofu-Schnitzeln verarbeiten. Der Staat hat sich dazu | |
| entschieden, das Unternehmen vor der Pleite zu bewahren. Das ist weise. Die | |
| Airline-Gruppe beschäftigt weit über 100.000 Mitarbeiter und ist das, was | |
| für den Wirtschaftsstandort Deutschland systemrelevant genannt wird. Ein | |
| ganz großer Schokoriegel also. | |
| Andererseits ist die Lufthansa eine der größten [3][CO2-Schleudern] der | |
| Republik. Wäre es da nicht vernünftig, das Unternehmen zu einem Öko-Kurs zu | |
| zwingen, wenn der Staat sich schon daran beteiligt? | |
| Wenn ein Unternehmen wie dieses gerettet wird, heißt das eben auch, dass | |
| der Staat dabei in Kauf nimmt, dass er das Klima schädigen wird – denn das | |
| gehört bei einer Airline schlicht zum Geschäftsmodell. Zum Geschäftsmodell | |
| des Staates wiederum sollte zählen, dass der sein investiertes Geld | |
| möglichst rasch zurückbekommt – er muss also daran interessiert sein, dass | |
| es dem Unternehmen wirtschaftlich gut geht. | |
| Wenn Lufthansa bisher nicht auf die Idee gekommen ist, beispielsweise | |
| ökologisch besonders fragwürdige Inlandsflüge zu streichen, dann hat das | |
| wirtschaftliche Gründe. Würde der neue Anteilseigner Staat nun genau das | |
| verbieten und dazu auch noch Kündigungen untersagen, dann schadet er nicht | |
| nur dem Unternehmen, sondern riskiert auch seine Einlagen. Er isst die | |
| Schokolade, will aber nicht dicker werden. | |
| Das kann nicht gut gehen. Wenn der Staat [4][der Luftfahrt einen Öko-Kurs] | |
| verschreiben will, dann wäre das möglich. Er kann etwa alle Inlandsflüge | |
| verbieten. Daran müsste sich dann nicht nur Lufthansa, sondern auch Easyjet | |
| halten. Dann gälten gleiche Bedingungen für alle. (Klaus Hillenbrand) | |
| 26 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
| Klaus Hillenbrand | |
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