# taz.de -- Wiederaufbaufonds für die EU: Das kleinere Übel | |
> Nicht nur zwischen den Mitgliedsstaaten, auch in der Union wird heftig | |
> über den Macron-Merkel-Plan diskutiert. Dabei spricht einiges für das | |
> Paket. | |
Bild: So sieht deutsch-französische Einigkeit aus: Merkel und Macron in einer … | |
BERLIN (taz/reuters/afp) | Die Debatte über den geplanten | |
[1][Wiederaufbaufonds von Macron und Merkel] ist in vollem Gange – nicht | |
nur zwischen den Mitgliedsstaaten, sondern auch unter den | |
Christdemokrat*innen. Das Hilfspaket im Umfang von 500 Milliarden Euro | |
sieht vor, dass besonders Corona-gepeinigte Staaten Zuwendungen für | |
Wiederaufbauprojekte von der EU-Kommission erhalten. Diese sollen durch | |
Kredite finanziert werden, die die EU-Kommission am Kapitalmarkt aufnimmt. | |
Dafür müssen alle EU-Staaten Garantien in der mehrjährigen gemeinsamen | |
Finanzplanung geben. Über einen Zeitraum von 20 Jahren und Einzahlungen der | |
Mitgliedsstaaten in den EU-Haushalt werden die Schulden dann abgestottert. | |
Merkel und Macron hatten sich am Montag in einer Videokonferenz auf das | |
Paket geeinigt. | |
Anders als bei Corona-Bonds werden durch das geplante Paket [2][nicht die | |
Haushalte einzelner Krisenstaaten refinanziert], und auch die gemeinsame | |
Haftung für die Kredite ist begrenzt. Dennoch wird nun wahr, wovor es | |
manchem in der CDU lange grauste: Über den EU-Haushalt nehmen die | |
Mitgliedsländer gemeinsame Schulden auf. | |
Kein Wunder, dass bei den Christdemokrat*innen Widerstände gegen den Plan | |
der Kanzlerin laut werden. Die Werteunion, die sich selbst als konservative | |
Basisbewegung in den Schwesterparteien sieht, hat ihre Ablehnung des | |
Wiederaufbaufonds bereits kundgetan. Ablehnend äußerte sich zudem der | |
Wirtschaftsrat der CDU. „Wir müssen sehr kritisch prüfen, ob damit nicht | |
durch die Hintertür eine gesamtschuldnerische Haftung eingeführt werden | |
soll“, sagte auch der CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach zu Reuters. | |
Unionsfraktion gespalten | |
„Ich halte das für falsch“, erklärte auch der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter | |
Willsch gegenüber der Nachrichtenagentur. „Zwar bedeutet der Plan keine | |
gesamtschuldnerische Haftung, sondern ein quotale Haftung gemäß des Anteils | |
an der EU-Wirtschaftskraft“, führte er aus. „Die Schaffung einer | |
eigenständigen Verschuldungsoption der EU öffnet aber die Büchse der | |
Pandora.“ Er werde den Plan deshalb nicht mittragen. | |
Die Kritiker*innen könnten allerdings in der Minderheit sein. Fraktionschef | |
Ralf Brinkhaus stellte sich ebenso wie CSU-Landesgruppenchef Alexander | |
Dobrindt und Fraktionsvize Andreas Jung hinter den deutsch-französischen | |
Plan. „Es ist gut und richtig, dass Deutschland und Frankreich einen | |
gemeinsamen Vorschlag für einen Wiederaufbaufonds haben“, sagte der | |
CDU-Politiker Brinkhaus gegenüber dem Spiegel. | |
Laut Dobrindt bewege sich der Wiederaufbaufonds innerhalb der europäischen | |
Verträge. „Ich denke, dass der Vorschlag von den EU-Verträgen gedeckt ist�… | |
erklärte auch CDU-Politiker Gunther Krichbaum, Vorsitzender des Auswärtigen | |
Ausschusses der Nachrichtenagentur Reuters. Fraktionsvize Andreas Jung gibt | |
sich optimistisch: Er rechne mit breiter Zustimmung von CDU und CSU im | |
Bundestag. | |
Woher die plötzliche Begeisterung für gemeinsame europäische Schulden? Dass | |
Teile der CDU sich treu hinter Merkel stellen, dürfte auch damit | |
zusammenhängen, dass die Alternative zum 500-Milliarden-Paket nur gewesen | |
wäre, deutschen Unternehmen in der Corona-Krise weniger unter die Arme zu | |
greifen. Derzeit entfällt die Hälfte aller Corona-Hilfen in der | |
Europäischen Union auf Deutschland. | |
Das rief zuletzt EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager auf den | |
Plan. Sie warnte, dass die massiven Staatsbeihilfen den europäischen | |
Wettbewerb verzerren könnten. Zudem sei die wirtschaftliche Erholung der | |
anderen EU-Staaten in Gefahr, da deren Unternehmen nicht im gleichen Umfang | |
unterstützt werden könnten. Weitere umfangreiche Wirtschaftshilfen für | |
deutsche Unternehmen bei fehlender europäischer Solidarität – das hätten | |
die europäischen Wettbewerbshüter*innen dann wohl doch nicht mitgemacht. Da | |
scheint der Macron-Merkel-Plan das kleinere Übel. | |
20 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Franziska Schindler | |
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