| # taz.de -- Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Europa: Green Deal zu schwarzen B… | |
| > Kommissionschefin von der Leyen und Kanzlerin Merkel wollen schärfere | |
| > Klimaziele. Doch CDU/CSU unterhöhlen den Plan mit vielen Ausnahmen. | |
| Bild: Kernpunkt des Green Deal ist ein EU-Klimagesetz mit neuem Emissionsziel | |
| Berlin taz | Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat ihre Bedingungen | |
| formuliert, unter denen sie den „Green Deal“ der EU-Kommission unterstützt: | |
| Demnach soll es mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit nur geben, wenn | |
| Deutschland unter anderem bei den künftigen CO2-Einsparungen entlastet | |
| wird. | |
| Außerdem soll die EU auf ein Klimagesetz verzichten, die Regeln etwa für | |
| die Chemie-, Auto- und Agrarindustrie nicht verschärfen und den | |
| Europäischen Emissionshandel ausweiten. Das sind Kernpunkte eines | |
| Positionspapiers, das die Fraktion am Dienstagabend in Berlin verabschiedet | |
| hat. | |
| Das 13-seitige Konzept „[1][Für einen Green Deal] – Klimaschutz und | |
| nachhaltige Entwicklung mit wirtschaftlicher Erholung, | |
| Wettbewerbsfähigkeit, sozialer Ausgewogenheit und Stabilität verbinden“ | |
| wurde von den Vizechefs der Fraktion Katja Leikert (zuständig für Europa), | |
| Carsten Linnemann (Wirtschaft), Andreas Jung (Finanzen) und Georg Nüßlein | |
| (Umwelt) vorgestellt. Es soll als „Guidance“, also Leitfaden, „für die | |
| Regierung“ dienen, so Nüßlein. | |
| Damit zeichnet die größte Fraktion des größten EU-Landes vor, wie es mit | |
| dem Green Deal ihrer Parteifreundin, der EU-Kommissionschefin Ursula von | |
| der Leyen, weitergehen soll. Die hatte zum Ende 2019 eine Reihe von Plänen | |
| und Vorhaben für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der EU vorgestellt. | |
| Darunter sind eine grüne Industriepolitik, Efffizienzgewinne, mehr | |
| Erneuerbare und ökologische Fortschritte bei Verkehr, Landwirtschaft und im | |
| Finanzwesen. | |
| ## Die Angst: Minus 68 Prozent bis 2030 als deutsches Ziel | |
| Kernpunkt des Green Deal ist ein EU-Klimagesetz mit einem neuen Klimaziel. | |
| Das soll gemäß dem Pariser Abkommen von derzeit minus 40 Prozent CO2 im | |
| Jahr 2030 auf minus 50 bis 55 Prozent verschärft werden. Diese Vorstellung | |
| hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor zwei Wochen offiziell als | |
| Richtschnur für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten | |
| Jahreshälfte begrüßt – ohne Bedingungen. | |
| Bliebe es bei den alten Berechnungsmustern, nach denen reiche Staaten mehr | |
| leisten als arme, würde ein EU-Ziel von 55 Prozent bedeuten, dass | |
| Deutschland 2030 etwa 68 Prozent minus leisten müsste, warnt die Union – | |
| anstatt der minus 55 Prozent, auf die sich Deutschland im Klimaschutzgesetz | |
| national festgelegt hat. | |
| Dagegen regte sich Widerstand in der Fraktion. Ein höheres Klimaziel ohne | |
| Änderungen an der EU-Lastenverteilung zur CO2-Reduktion „lehnen wir ab“, | |
| hieß es in der ersten Fassung des Positionspapiers, das letzte Woche | |
| zirkulierte. | |
| Diese Formulierung wurde nun formell zwar gestrichen, inhaltlich aber | |
| erhalten. Nun heißt es, die neue Vorgabe „wäre eine weitreichende | |
| Zielverschärfung“ und eine „enorme Herausforderung“. Von einem | |
| Richtungsstreit will die Union allerdings nichts wissen. „Dissens zur | |
| Kanzlerin sehe ich nicht“, sagte Nüßlein. | |
| Das Papier setzt der Kanzlerin aber enge Grenzen bei den anstehenden | |
| Verhandlungen, die sie ab Juli als EU-Ratspräsidentin mit den anderen | |
| EU-Staaten, dem Parlament und der Kommission führen wird. So will die | |
| Unionsfraktion, dass andere Länder mehr bei der „Lastenteilung“ im | |
| Klimaschutz tun. Bisher werden diese Beiträge nach der Wirtschaftskraft | |
| berechnet. Deutschland solle nach Vorstellungen der Union nun etwa einen | |
| Bonus für seine Energiewende bekommen. | |
| Auch im Forderungskatalog: den EU-Emissionshandel auf Gebäude und Verkehr | |
| ausweiten und Hilfen für Klimaprojekte jenseits der EU, etwa im Regenwald, | |
| auf die Klimaschutz-Bemühungen anrechnen lassen. | |
| ## Gelder für Agrarpolitik sollen fließen wie bisher | |
| „Wir unterstützen das Pariser Abkommen, Ursula von der Leyen und die | |
| Bundeskanzlerin bei den Klimazielen“, sagte Andreas Jung. Diese | |
| Unterstützung klingt im Positionspapier so: „Wir lehnen den Vorschlag der | |
| EU-Kommission, eigenständig durch delegierte Rechtsakte EU-Klimaziele | |
| festzulegen, ab“. | |
| Dazu kommt: keine strengeren Vorgaben bis 2030 für die Autobauer beim CO2; | |
| keine strikteren Regeln für die Chemieindustrie oder den Pestizideinsatz, | |
| Anrechnung von europäischen Wäldern als CO2-Speicher, billigerer Strom für | |
| Industriebetriebe. „Zweck und Wirkung ordnungsrechtlicher Instrumente“ | |
| sollten hinterfragt werden, Beschwerden gegen Bauprojekte schwieriger | |
| werden. Die EU-Gelder für die Agrarpolitik, die manchmal klimaschädlich | |
| wirken, sollen allerdings fließen wie bisher. | |
| ## SPD verteidigt die Kanzlerin | |
| Ob und wie schnell all diese Vorgaben mit den anderen 26 EU-Ländern | |
| umzusetzen sind, beantwortet das Konzept nicht. Eine solche Einigung etwa | |
| bei der „Lastenverteilung“ oder beim Emissionshandel hat in der | |
| Vergangenheit oft Jahre gedauert. | |
| Und auch der Koalitionspartner ist nicht überzeugt. Die Union müsse | |
| „schnell klären, ob sie sich hinter die Bundeskanzlerin stellt oder | |
| ambitionierten Klimaschutz ausbremsen will“, nahm SPD-Vizefraktionschef | |
| Matthias Miersch die CDU-Kanzlerin und die CDU-EU-Kommissionschefin gegen | |
| die CDU/CSU-Fraktion in Schutz. | |
| 13 May 2020 | |
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| Bernhard Pötter | |
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