# taz.de -- Wirtschaftshilfen nach Corona: Grün klotzen, nicht kleckern | |
> Das Umweltbundesamt und die KfW fordern grüne Konjunkturprogramme: Das | |
> Geld soll nur nach Öko-TÜV verteilt werden. | |
Bild: Die Coronakrise kann man nutzen, zum Beispiel für mehr E-Mobilität in d… | |
BERLIN taz | Bundesregierung und Wirtschaft sollten die | |
Corona-Konjunkturpakete nutzen, um schnell gezielt und in großem Umfang in | |
Klimaschutz, grüne Zukunftstechnologien und neue Jobs zu investieren und um | |
eine Öko-Steuerreform umzusetzen, fordert das Umweltbundesamt (UBA). „Jetzt | |
werden die Weichen gestellt, ob wir einen nachhaltigen Weg aus der | |
Corona-Krise finden“, sagte UBA-Präsident [1][Dirk Messner]. | |
Er stellte am Mittwoch zusammen mit Vertretern des Fraunhofer Instituts für | |
System- und Innvotationsforschung (ISI) und der Kreditanstalt für | |
Wiederaufbau (KfW) ein Konzept zu [2][„nachhaltigen Wegen aus der | |
Finanzkrise]“ vor. | |
Kernpunkte: Schnelleren Ausbau von Wind- und Solarenergie, mehr Geld für | |
öffentlichen Verkehr und Fahrräder, für E-Autos und neue Ladestationen, | |
eine höhere Förderung für den Austausch von Heizungen und Batteriespeicher, | |
mehr Investitionen in grüne Digitalisierung. | |
Messner schlägt einen „Innovationsfonds für Nachhaltigkeit“ vor, um die | |
Vorhaben zu finanzieren. Außerdem solle Strom billiger werden, von den | |
jetzt 25 Milliarden Euro EEG-Umlage, die die Stromkunden bezahlen, sollten | |
18,7 Milliarden erlassen werden. Für die Finanzierung plädiert das UBA | |
unter anderem dafür, umweltschädliche Subventionen wie verbilligte | |
Dieselkraftstoffe, immerhin etwa 50 Milliarden Euro im Jahr, abzuschaffen. | |
## Nach den Lobbys jetzt Ideen von UBA, KfW und Fraunhofer | |
Damit melden sich in der Debatte um die Hilfsmilliarden in der Krise nun | |
auch Bundesbehörden und Forschungsinstitute zu Wort. Bisher haben schon | |
diverse Thinktanks, Umwelt- und Wirtschaftsverbände ihre Vorschläge | |
gemacht, wohin der Geldsegen zum Neustart der deutschen Wirtschaft fließen | |
solle. So verhandelt etwa die Autoindustrie derzeit mit der Bundesregierung | |
über eine staatliche „Innovationsprämie“ für den Kauf von Autos. | |
Für das UBA ist klar: „Der Neustart ist nur zukunftsfähig, wenn wir die | |
Finanzhilfen auch zum Umbau zu einer nachhaltigen und klimaneutralen | |
Gesellschaft nutzen.“ Es warnt aber auch: „Falls wir in überholte | |
Technologien und Strukturen investieren, verschärft dies die Umweltkrise, | |
behindert Innovation, mindert unsere Wettbewerbsfähigkeit“, die Klimaziele | |
rückten in weite Ferne. „Von einer Kaufprämie für Autos mit | |
Verbrennungsmotor halte ich wenig“, sagte der UBA-Chef. | |
Alle Investitionen des Konjunkturpakets sollten einer „verpflichtenden | |
Nachhaltigkeitsprüfung“ unterliegen: Ohne Öko-TÜV also keine | |
Hilfsmilliarden. Die Chef-Volkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib, nannte | |
als Ziele: Krisenfestigkeit der deutschen Wirtschaft stärken, | |
Klimaneutralität erreichen und Produktivität steigern. | |
## „Chance für die Nachhaltigkeit“ | |
„Die Krise ist als Chance für die Nachhaltigkeit fundamental wichtig, damit | |
wir auch in Zukunft Einkommen erwirtschaften können“, sagte Köhler-Geib. | |
Dafür müssten Europa und der EU-Green Deal gestärkt und eine | |
Renationalisierung von Handelsketten verhindert werden. | |
Harald Bradke vom ISI betonte, gerade bei reduzierter Produktion in der | |
Krise hätten nun viele Unternehmen die Möglichkeit, Teile wie etwa Pumpen | |
auszutauschen, die sonst unter voller Last laufen. „Wir brauchen bis 2050 | |
einen kompletten Umbau unserer Volkswirtschaft“, so Bradke. | |
## Regierung beschließt CO2-Preis und billigeren Strom | |
Lob gab es von Messner für den Willen von Deutschland und Frankreich, die | |
500 Milliarden Euro für den Wiederaufbau in Europa an den Klima- und | |
Nachhaltigkeitszielen der EU auszurichten. Deutschland müsse ab Juli in | |
seiner EU-Ratspräsidentschaft den Green Deal vorantreiben und auf ein | |
Klimaziel von minus 55 Prozent hinwirken. | |
Einen kleinen Schritt dazu machte das Bundeskabinett gestern dann auch. Es | |
beschloss, dass die Tonne CO2 ab 2021 auch für den Verkehr und für Gebäude | |
25 Euro kosten soll und der Preis dann in den kommenden Jahren bis auf 55 | |
Euro steigt. Das verteuert den Liter Benzin um 7 Cent, den Liter Diesel um | |
8 Cent, den Liter Heizöl um 8 Cent und eine Kilowattstunde Gas um 0,5 Cent. | |
Damit setzte das Kabinett die Beschlüsse aus dem Klimaschutzprogramm um. | |
Gleichzeitig änderte die Regierung die EEG-Vorschriften, so dass sie nun | |
mit Geld aus diesen deutschen CO2-Zertifikaten Pendler entlasten und über | |
eine Zuzahlung zur EEG-Umlage die Strompreise senken kann. Wie viel Euro | |
das konkret auf der Stromrechnung ausmacht, ist derzeit noch unklar. | |
20 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Neuer-Chef-des-Umweltbundesamtes/!5650483 | |
[2] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen… | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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