| # taz.de -- China und Russland streiten mit der EU: Propagandaschlacht um den B… | |
| > Wer hilft in der Coronakrise am meisten? Darüber ringen Russland und | |
| > China derzeit mit der EU. Es geht um die künftige Anbindung des Balkan. | |
| Bild: Staatschefs Vucic und Xi auf einem Plakat in Belgrad: „Serben und Chine… | |
| Split taz | Auf dem Balkan tobt eine Propagandaschlacht über die Hilfen, | |
| die das Ausland der wirtschaftlich ohnehin gebeutelten Region gewährt – | |
| oder eben nicht gewährt. Auf der einen Seite stehen Russland und China, auf | |
| der anderen die Europäische Union. Alle Seiten wollen derzeit ihren | |
| Einfluss in der Region stärken, vor allem in den Ländern des Westbalkan, | |
| die nicht zur EU gehören. Es handelt sich dabei um Albanien, Bosnien und | |
| Herzegowina,Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. | |
| Dabei geht es rabiat zu. Als die EU und vor allem Deutschland [1][am Anfang | |
| der Coronakrise in der Region Anfang März] noch zögerten oder auch gar | |
| nicht in der Lage waren, medizinische Ausrüstung an Serbien zu liefern, | |
| erklärte Serbiens Präsident Alexandar Vučić: „Die vielbeschworene | |
| europäische Solidarität existiert nicht. Ich habe einen Brief an diejenigen | |
| gesendet, die tatsächlich helfen können, [2][und das sind die Chinesen].“ | |
| Er hatte zwar gerade 15 Millionen Euro Soforthilfe von der EU bezogen, doch | |
| er machte dies nicht öffentlich. Dagegen fuhr er medienwirksam zum | |
| Belgrader Flughafen, um die ersten Hilfslieferungen aus China in Empfang zu | |
| nehmen. Dass selbst Deutschland bei Schutzkleidung und Mundschutz ebenfalls | |
| auf China angewiesen war, ging unter. | |
| China erzielte damit einen wichtigen Propaganderfolg, die zudem der | |
| langfristigen Strategie des Landes in Südosteuropa dient. Schon seit Jahren | |
| hat China im Rahmen der [3][Seidenstraßenstrategie] Milliarden investiert, | |
| so bei Bau und Modernisierung der Eisenbahnverbindung zwischen dem von | |
| China genutzten Hafen Tessaloniki in Griechenland via Belgrad nach | |
| Budapest. Oder beim sehr schwierigen Bau einer Autobahn durch den | |
| Gebirgskamm von Montenegro. | |
| ## Russen als Beschützer Serbiens | |
| Russland ist ebenfalls in Serbien und der serbischen Teilrepublik in | |
| Bosnien und Herzegowina aktiv geworden und profiliert sich als | |
| militärischer und diplomatischer Beschützer serbischer Interessen. Der | |
| Kreml gewinnt Einfluss durch Waffenlieferungen und durch Ausbilder für die | |
| Polizei und Armeen, beherrscht den Energiemarkt und ist als führende Macht | |
| der orthodoxen Christen auch durch die Religion mit Serbien verbunden. | |
| Beide Mächte unterstützen aber die Integration des Landes in die EU. Ein | |
| Grund dafür: Serbien würde nach einem Beitritt die nationalistischen | |
| Positionen der osteuropäische Achse Ungarn, Tschechien und Polen innerhalb | |
| der EU verstärken. | |
| Der antieuropische Zungenschlag Vučićs passt in eine politische Landschaft, | |
| in der Demokratien als unfähig und autoritäre Regimes zur Bekämpfung von | |
| Krisen als positiv dargestellt werden. Die immer stärker autokratisch | |
| agierenden Politiker wie Vučić oder Milorad Dodik, das serbische Mitglied | |
| des Präsidiums von Bosnien-Herzegowina, orientieren sich gerne an Waldimir | |
| Putin und Xi Jinping. „Danke Xi,“ heißt es auf Plakaten in Belgrad, der | |
| kommunistische Führer aus Peking wird zum großen Bruder aufgebaut. Die | |
| Botschaft Vučićs ist, die Chinesen und Russen helfen, die EU nicht, obwohl | |
| Serbien Beitrittskandidat für die EU ist. | |
| Die Schwäche der europäischen – und damit auch der deutschen – Politik | |
| besteht auch darin, dass die EU nicht in der Lage ist, ihre Leistungen | |
| medienwirksam zu verkaufen. Nach wie vor ist die EU größter Handelpartner, | |
| nach wie vor gehören Länder wie Deutschland und Österreich zu den größten | |
| Investoren und Geldgebern, auch im Kultur- und im Ausbildungsbereich. Auch | |
| würden die meisten Serben wohl lieber in Europa als in China leben wollen. | |
| ## „Hunderte Millionen Euro an EU-Unterstützung“ | |
| „Das Ziel des Kremls ist es, zu zeigen, dass die EU schwach und unfähig | |
| ist, Solidarität zu zeigen. Und dass nur Russland in der Lage ist, eine | |
| Pandemie intern zu bewältigen sowie anderen zu helfen“, sagte der | |
| Ex-Premierminister Litauens, Andrius Kubilius. Tatsächlich seien aber | |
| „hunderte Millionen Euro an EU-Unterstützung“ in die Region geflossen, | |
| deutlich mehr als das, was der Kreml bereitstellen könne, so Kubilius | |
| weiter „Leider ist die EU in ihrer strategischen Kommunikation viel | |
| schwächer.“ | |
| Immerhin reagierte Brüssel in den letzten Tagen: Der | |
| EU-Integrationsbeauftragte aus Ungarn, Oliver Várhelyi, kündigte ein | |
| weiteres Hilfsprogramm der EU für die betroffenen Länder an. So werden | |
| Albanien 180, Bosnien 250, Kosovo 100, Nordmazedonien 160 und Montenegro 60 | |
| Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Serbien allerdings taucht in der | |
| Liste der Länder nicht auf. | |
| Das Geld soll für den Einkauf von dringend benötigter medizinischer | |
| Ausrüstung verwandt werden, für die Verbesserung der Gesundheitssysteme, | |
| aber auch, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie | |
| abzufedern. Außerdem sollen die Westbalkanländer von einem kürzlich | |
| angelegten Vorrat an Schutzausrüstung profitieren und sich auch am | |
| gemeinsamen Kauf von medizinischer Ausrüstung durch EU-Staaten beteiligen | |
| können. | |
| In der kommenden Woche startet zudem ein EU-Gipfel mit Zagreb. Auf der | |
| Tagesordnung: Weitere Hilfen Europas, um den Westbalkan doch wieder stärker | |
| an Brüssel zu binden. | |
| 30 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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