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# taz.de -- Chinas Nationaler Volkskongress: Politshow wie gehabt, trotz Corona
> Mit dem Nationalen Volkskongress will die Kommunistische Partei den Sieg
> über das Coronavirus demonstrieren – und die Rückkehr zur Normalität.
Bild: Staats- und Parteichef Xi Jinping grüßt am Donnertag Delegierte in Peki…
PEKING taz | Just als am Donnerstagnachmittag die Parteikader des Beirats
den Nationalen Volkskongress eröffneten, zog sich die Wolkendecke in Peking
zu einem apokalyptischen Dunkel zusammen. Es begann zu donnern und in
Strömen zu regnen. Der meteorologische Zufall bot eine passende Metapher:
Tatsächlich steht die Tagung des chinesischen Scheinparlaments, der
weltweit größten Veranstaltung ihrer Art, unter den stürmischen Vorzeichen
der Coronakrise.
Der erstmals um zweieinhalb Monate verschobene Volkskongress hat viel mit
einer politischen Kirmes gemein. Denn die Parlamentarier haben keine
wirkliche Entscheidungsgewalt. Vereinzelt jedoch wird das Spektakel zu
politischen Debatten genutzt, wenn auch Präsident Xi Jinping den
öffentlichen Diskurs zunehmend eingeengt hat.
Jetzt wird jedoch allein die logistische Herausforderung als letzter
Schritt gewertet, den symbolischen Sieg gegenüber dem Virus zu deklarieren.
Schließlich reisen für die Veranstaltung über 3.000 Kader aus allen
Landesteilen nach Peking.
Die internationale Aufmerksamkeit richtet sich vor allem auf die
Eröffnungsrede von Li Keqiang am Freitagmorgen. Darin wird der
Premierminister die Wachstumsziele von Chinas Wirtschaft für das laufende
Jahr ausgeben. Unabhängige Ökonomen trauen ihr trotz eines historischen
Einbruchs von 6,8 Prozent im ersten Quartal ein Plus zwischen 1 und 2
Prozent zu.
## Wie groß wird die Wachstumsdelle?
Wahrscheinlich wird das offizielle Ziel etwas über den tatsächlichen
Gegebenheiten liegen. Doch schon jetzt steht fest: Das ursprüngliche Ziel,
dass China bis Jahresende sein Bruttoinlandsprodukt seit 2010 verdoppelt,
muss wohl auf 2021 geschoben werden.
Xiang Bing, der Vorsitzende der Pekinger Cheung Kong Graduate School of
Business, ist dennoch verhalten positiv gestimmt: „Ich denke, dass Chinas
Wirtschaft derzeit in einer relativ guten Position ist. Denn wir verfügen
im Gegensatz zu vielen anderen Ländern über eine ziemlich vollständige
Zuliefererkette.“
Das bedeute, der Markt von 1,4 Milliarden Chinesen kann sich weitgehend
selbst genügen und hängt nicht mehr so stark von Exporten ab. „Zudem gibt
es in China noch sehr viele Industrieren, die wir deregulieren – und
dadurch zum Wachstum bringen können“, sagt der Ökonom.
Dass die Regierung wieder ein massives Investitionspaket schnürt, womit sie
erfolgreich die Folgen der Sars-Pandemie und der letzten
Weltwirtschaftskrise abfederte, ist jetzt unwahrscheinlich. Der Staat ist
inzwischen schlicht zu hoch verschuldet, zudem ist der Bedarf an neuen
Straßen, Brücken und Schienen gesunken.
## Angst vor zweiter Infektionswelle
Seit zwei Wochen wirbt Präsident Xi für die Wiederaufnahme der
Wirtschaftsaktivitäten. Dabei gibt es in mehreren Landesteilen nach wie vor
die [1][Gefahr einer zweiten Infektionswelle]. In der Provinz Jilin wurden
nach neuen Infektionssträngen mehrere Städte abgeriegelt, im früheren
Virus-Epizentrum Wuhan wird nach sechs Neuinfizierten die gesamte
Bevölkerung von 11 Millionen auf Covid-19 getestet.
Außenpolitisch fürchtet die Partei, dass der Virusausbruch zu steigende
Ressentiments gegen China führt. Dabei hat die Regierung derzeit
diplomatisches Oberwasser: Bei der jährlichen WHO-Generalversammlung trat
Präsident Xi zu Wochenbeginn geradezu staatsmännisch auf, [2][versprach der
Welt zwei Milliarden US-Dollar zur Virusbekämpfung] und forderte,
potenzielle Impfstoffe als „öffentliches Gut“ zu behandeln.
Xi dürfte den Volkskongress jetzt nutzen, um nach außen Einigkeit zu
demonstrieren. Chinas Führung „muss sich als erfolgreicher Krisenmanager
und gleichzeitig als glaubwürdiger Anwalt des Volkes präsentieren“, sagt
Nis Grünberg von der Berliner Denkfabrik [3][Merics].
22 May 2020
## LINKS
[1] /Corona-in-China/!5685392
[2] /WHO-Konferenz-streitet-ueber-Corona/!5686921
[3] https://www.merics.org/de
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
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