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# taz.de -- Lampedusa-Zelt in Hamburg geräumt: Protest – oder kann das weg?
> Das Zelt der Lampedusa-Gruppe am Hamburger Hauptbahnhof wurde wegen
> Corona geräumt. Trotz Einigung zwischen Geflüchteten und Polizei.
Bild: Wurde am Donnerstagmorgen geräumt: Das Lampedusa-Zelt am Hamburger Haupt…
Hamburg taz | „Sie haben uns gesagt, dass wir gehen müssen. Dann haben sie
[1][das Zelt] gewaltsam entfernt“, beschreibt Ali Ahmed, Sprecher der
Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, den Einsatz von Polizei und Stadtreinigung
am Donnerstagvormittag. Das Lampedusa-Zelt am Steindamm gehörte schon seit
2013 zum Hamburger Stadtbild und diente als zentraler Austauschort für
Geflüchtete. Nachdem es wegen [2][Einschränkungen des Versammlungsfreiheit]
aufgrund der Corona-Epidemie in der vergangenen Woche schließen musste, hat
der Bezirk Mitte es nun räumen lassen.
Dabei habe es bereits einen Konsens zwischen der Polizei und der
Lampedusa-Gruppe gegeben, sagt Conni Gunßer vom [3][Flüchtlingsrat
Hamburg]. Eine erste Einigung am Donnerstagabend mit der zuständigen Wache
11 sah vor, dass lediglich zwei Personen vor Ort über die aktuelle
Situation informieren durften. Von einem Abbau des Zeltes war da noch nicht
die Rede. Die Polizei beantwortete eine taz-Anfrage zu dieser Einigung
nicht.
Am Freitagmittag erreichte die Gruppe dann die neue Anordnung, das
Lampedusa-Zelt noch am selben Wochenende abzubauen. Die
[4][Versammlungsbehörde], die in Hamburg Teil der Polizei ist, begründet
die Räumung so: „Das Zelt ist aufgrund der Beendigung der Versammlung nicht
mehr vom Schutz des Art. 8 GG erfasst.“ Als „(ehemals)
versammlungsimmanenter Teil einer Versammlung“ könne es nicht „an dem
bisherigen Ort ohne entsprechende Sondernutzungserlaubnis nach dem
[5][Hamburgischen Wegegesetz] verbleiben“. Für die Erteilung einer solchen
Erlaubnis sei das Bezirksamt-Mitte zuständig.
Sorina Weiland, Pressesprecherin des Bezirks, sagt, eine solche Erlaubnis
sei in dem Fall schwer zu erteilen, da sich das Zelt an einem Ort mit
starken Fußgängerströmen befinde. Die schnelle Räumung sei zum
„Infektionsschutz“ nötig gewesen.
## Anmelder kündigt rechtliche Schritte an
Martin Dolzer, bis vor Kurzem Bürgerschaftsabgeordneter der Linken und
Anmelder des Zeltes als Dauermahnwache, kann das nicht nachvollziehen;
schließlich habe die Gruppe kooperiert und die erforderlichen Maßnahmen
umgesetzt. Die Versammlungsbehörde habe auch zugesichert, dass die
Kundgebung nach der Aufhebung der derzeitigen Maßnahmen weiter stattfinden
könne. Darin sieht er rechtlich keine Beendigung der Versammlung, sondern
lediglich eine Unterbrechung. Damit wäre die Befassung des Bezirksamtes
nicht notwendig.
Obwohl er den Behörden rechtliche Schritte angekündigt habe, hätten diese
nicht abgewartet und die Räumung ohne weitere Ankündigung vollzogen. „Wie
der Bezirk Mitte reagiert, ist aus rechtlichen und humanistischen Gründen
nicht akzeptabel!“, meint Dolzer.
Auch wenn die Versammlungsbehörde zuvor bestätigt hatte, dass die
Kundgebung nach der Corona-Krise wie bisher fortgesetzt werden darf, macht
sich bei den Betroffenen nach jahrelanger Auseinandersetzung mit dem Bezirk
und der Polizei ein ungutes Gefühl breit. „Dass die Situation jetzt genutzt
wird, um das Zelt dauerhaft wegzuräumen, darf auf keinen Fall sein“, meint
Conni Gunßer vom Flüchtlingsrat.
Für die Lampedusa-Gruppe war das weiße Zelt ein Symbol ihres Kampfes gegen
Diskriminierung und eine Manifestation der Sichtbarkeit ihrer Forderungen
mitten in der Hamburger Innenstadt. „Das Corona-Virus wird als Vorwand
genutzt, um uns anzugreifen“, meint Ali Ahmed. „Die derzeitige Lage zeigt,
welche Gruppen in der Gesellschaft vernachlässigt werden.“
Er beklagt, dass die Behörden keine Aufklärung geleistet hätten, wie sie
sich vor dem Virus schützen können und wie sie im Falle einer Infektion
Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten. Durch die Räumung des Zeltes
gehe ein wichtiger Kanal, um solche Informationen auszutauschen, verloren.
Ahmed berichtet, die Gruppe wolle nun Videos über soziale Medien
verbreiten, um die Community über das Virus aufzuklären. Die Polizei habe
ihnen nur die Notfallnummer der Gesundheitsbehörde gegeben. Die Leitung sei
jedoch dauerhaft besetzt und die Ansage nur auf Deutsch.
26 Mar 2020
## LINKS
[1] /Druck-auf-Lampedusa-Gruppe/!5533938
[2] https://www.hamburg.de/allgemeinverfuegungen/13729974/2020-03-12-allgemeinv…
[3] https://www.fluechtlingsrat-hamburg.de/
[4] https://www.polizei.hamburg/service/6160774/versammlungsbehoerde-/
[5] http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoc…
## AUTOREN
Sarah Zaheer
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Lampedusa in Hamburg
Bürgerrechte
Polizei Hamburg
Refugees
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Dilek Kalayci
Flüchtlinge
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