| # taz.de -- Amazon-Mitarbeiter in Coronakrise: Die Angst geht um | |
| > Der Onlinehändler Amazon profitiert in der Coronakrise. Doch wie geht es | |
| > den Mitarbeiter:innen? In Leipzig arbeiten Hunderte in einer Schicht. | |
| Eine Menschentraube steht auf dem vollen Parkplatz vor dem Amazon-Lager in | |
| Leipzig-Heiterblick, Amazonstraße 1. Ein grauer Flachbau inmitten eines | |
| Industriegebietes, umgeben von einem Zaun. Einige rauchen, andere genießen | |
| noch einen kurzen Moment die Frühjahrssonne, bevor sie zur achtstündigen | |
| Schicht in der grauen Lagerhalle aufbrechen. Den Mindestabstand von zwei | |
| Metern halten die wenigsten ein. | |
| Es ist kurz nach zwei Uhr mittags, eine halbe Stunde bevor die | |
| Arbeiter:innen der Spätschicht jene ablösen, die seit sechs Uhr morgens in | |
| Frühschicht sind. Schon jetzt erreichen immer mehr Menschen das Werk. Aus | |
| der Straßenbahn, zu viert in Autos, mit dem Fahrrad. | |
| Um 14.20 Uhr kommen auch die ersten Arbeiter:innen aus dem Lager geeilt. | |
| Der Betriebsrat hat erwirkt, dass man nun 10 Minuten vor Schichtende schon | |
| den Arbeitsplatz verlassen darf, statt der sonst geltenden 5-Minuten-Regel. | |
| Diese Zeit wird zwar vom Überstundenkonto abgezogen, dennoch schafft es die | |
| Möglichkeit, Distanz zu wahren. Denn Schichtwechsel bedeutet auch: ein | |
| Strom an Menschen, die durch die Schleuse ein und aus gehen. | |
| Etwa 1.500 Menschen beschäftigt Amazon im Leipziger Lager. Mehrere hundert | |
| arbeiten gleichzeitig während einer Schicht. Ein Absperrband auf der Treppe | |
| trennt im gelben Turm mit dem Amazon-Logo, dem sogenannten Banana-Tower, | |
| diejenigen, die reinwollen, von denen, die rauswollen. Wer hochwill, geht | |
| links, wer runterwill, rechts. Ein paar von ihnen tragen Taschen oder | |
| Fleecewesten mit Amazon-Logo, andere orangene Warnwesten. Die ersten | |
| Ankömmlinge bemühen sich, Abstand zu halten. Später wird es | |
| unübersichtlicher: Je mehr Menschen zum Schichtwechsel kommen, desto voller | |
| wird die Brücke zum Werk. | |
| Durch das metallene, mit Absperrband umwickelte Drehkreuz am Eingang müssen | |
| alle. Nur die wenigsten schieben es mit dem Ellbogen an. Die allermeisten | |
| fassen die Metallgitter mit den nackten Händen an und zwängen sich geübt | |
| durch den Eingang. Dutzende pro Minute. Bis zu 72 Stunden sollen sich | |
| Coronaviren auf Stahl und Kunststoff halten können. | |
| „Das ist der natürliche Reflex“, sagt Markus Hedrich*. Die Leute seien es | |
| durch ihre tagtägliche Routine nicht anders gewöhnt. Auch er kommt gerade | |
| von seiner Frühschicht in der Kommissionierung. „Picken“, wie er es nennt. | |
| Er sucht die bestellten Waren aus den Regalen und stellt sie für diejenigen | |
| bereit, die sie in die Pakete packen. | |
| Schon fast zehn Jahre arbeitet der 34-Jährige für den Großhändler Amazon, | |
| etwa genauso lange ist er Gewerkschaftsmitglied. Seit einigen Jahren ist er | |
| außerdem Betriebsrat. Er möchte anonym bleiben, aus Angst vor möglichen | |
| Konsequenzen. | |
| Erst [1][Ende März wurde in New York der Amazon-Mitarbeiter Christian | |
| Smalls entlassen, der einen Protest organisiert hatte]. Er wirft dem | |
| Unternehmen vor, die Mitarbeiter:innen in der Corona-Krise nicht | |
| ausreichend zu schützen. Amazon bestreitet das und begründet die Kündigung | |
| damit, dass Smalls gegen Quarantäneauflagen verstoßen und dadurch Kollegen | |
| gefährdet hat. | |
| Hedrich wählt nun scharfe Worte: „Das Ziel von Amazon ist es nicht, in der | |
| Krise zu helfen, sondern die Produktivität zu steigern.“ Überall auf den | |
| Straßen würden die Menschen weniger werden, „außer bei uns im Werk“. | |
| [2][Wie kaum ein anderes Unternehmen profitiert Amazon von der | |
| Coronakrise]. Insgesamt 13 Logistikzentren mit mehr als 13.000 | |
| festangestellten Mitarbeiter:innen gibt es in Deutschland. Allein in den | |
| vergangenen zwei Wochen hat der Konzern weltweit rund 10 Milliarden Dollar | |
| Gewinn erzielt, die Amazon-Aktie ist mitten in einer der schwärzesten | |
| Börsenzeiten um 15 Prozent in die Höhe geschnellt. Das Unternehmen hält | |
| sich zu den genauen Zahlen des deutschen Umsatzmarktes zurück und spricht | |
| nur allgemein von „steigender Nachfrage“. | |
| Seit Ausbruch der Pandemie in Europa reagierte es auch in Deutschland mit | |
| verschärften Sicherheitsmaßnahmen: Meetings wurden abgesagt, später Zettel | |
| mit der Aufforderung zum Händewaschen verteilt, Desinfektionsmittel und | |
| Seife aufgestockt, Stühle aus den Pausenräumen entfernt, der Boden mit | |
| Zwei-Meter-Abstandshaltern beklebt. Bald sollen außerdem die Spinde, die | |
| noch dicht an dicht im Umkleideraum aneinander stehen, auf verschiedene | |
| Räume verteilt werden. | |
| Amazon bemüht sich um Entzerrung der Kontakte zwischen Arbeitenden. So | |
| sagen es Konzernsprecher:innen. Besichtigen darf man die Werke derzeit | |
| nicht, auch sonst hält sich Amazon mit Details bedeckt. Eine Sprecherin | |
| schickt auf verschiedene Fragen immer wieder den gleichen [3][Link zum | |
| Unternehmensblog]. Telefonisch Auskunft geben will man auch nach mehrfacher | |
| Anfrage nicht. | |
| Zum Schichtwechsel in Leipzig sind es nur wenige, die der taz von ihrer | |
| Arbeit bei Amazon seit der Coronakrise berichten wollen. Gesenkte | |
| Gesichter, ablehnendes Kopfschütteln, schnelles Vorbeieilen. Diejenigen, | |
| die doch etwas sagen, wollen anonym bleiben. Sogar, wenn sie den Konzern | |
| loben. So, wie eine Mittvierzigerin, die gerade von ihrer Frühschicht | |
| kommt. Seit vielen Jahren ist sie zufriedene Festangestellte im Leipziger | |
| Amazon-Lager, gestreikt hat sie noch nie. | |
| Natürlich mache sie sich Sorgen, weil hier so viele Menschen arbeiten. | |
| Lieber zu Hause bleiben würde sie jedoch nicht. „So weiß man wenigstens, | |
| dass man etwas Wichtiges tut“, sagt die Amazon-Beschäftigte. Sie fühle sich | |
| gut betreut, der Konzern setze tagtäglich Ideen um, die Schichten zu | |
| entzerren. Nur Mundschutz gebe es keinen, „aber die gibt es ja sowieso | |
| nicht“. | |
| Markus Hedrich sieht das anders. Er sagt, man könne die Mitarbeitenden | |
| durchaus besser schützen. Zum Beispiel gebe es im Lager noch | |
| Atemschutzmasken, die die Mitarbeitenden aber erst bekämen „wenn es hart | |
| auf hart kommt“. Außerdem würden die Maßnahmen zur Entzerrung nur bedingt | |
| etwas nützen. Das Anfassen der Drehkreuze, die Schlange vor der Stechuhr, | |
| der rege Austausch von bloß mit Desinfektionstuch gereinigten Handscannern | |
| oder der Pausenbereich: In der Werksarbeit sei es kaum möglich, Kontakt zu | |
| vermeiden. „Schwer vorstellbar, dass bei uns im Werk niemand infiziert | |
| ist.“ | |
| ## Zwölf Coronafälle, Werk läuft weiter | |
| Im Amazon-Werk in Winsen bei Hamburg ist die Lage eindeutiger. Es ist ein | |
| Vorzeigewerk, ein „Verkehrs- und wirtschaftlicher Knotenpunkt für | |
| Nordeuropa“, wie der Konzern es selbst nennt. Eine der wichtigen Nerven im | |
| System Amazon Deutschland. Doch [4][einige Medien berichten, es habe in den | |
| vergangenen Tagen mindestens 3 bestätigte Coronafälle] unter den knapp | |
| 1.800 Mitarbeitenden gegeben. Ein internes Schreiben, das an die | |
| Arbeiter:innen im Winsener Werk verteilt wurde und der taz vorliegt, | |
| belegt, dass es mehr sind: Insgesamt 12 Angestellte wurden positiv auf das | |
| Coronavirus getestet. Das sind 0,6 Prozent der Belegschaft. So der Stand am | |
| Montag. Zum Vergleich: 0,00012 Prozent positiv Getestete gab es zum | |
| gleichen Zeitpunkt unter den Hamburger Einwohner:innen. | |
| Ein Video, das der taz vorliegt, zeigt das Werk von innen: Auf dem Weg | |
| hinein sind etliche Absperrungen und Abstandshalter, die jedoch nur | |
| hüfthoch sind. Wenn jemand hustet, können die Keime frei herumfliegen. | |
| Die dicht an dicht gestellten gelben Spinde in den Umkleiden erinnern an | |
| eine Gepäckstation am Bahnhof. Nur ein kleiner Zettel klebt vor ihnen auf | |
| dem Boden: „Bitte nutzt die Spinde nur, wenn unbedingt nötig.“ Das Video | |
| zeigt auch, dass die Sitzbänke im Raucherbereich mit rot-weißen Ketten | |
| abgesperrt sind, sodass nur noch ein einzelner Platz übrig bleibt. | |
| Über die Maßnahmen kann Anika Rast* nur den Kopf schütteln. Die 38-Jährige | |
| ist seit August 2017 in der Kommission tätig. Auch sie will vorsichtshalber | |
| anonym bleiben. Die Absperrung der Bänke im Raucherbereich führe nur dazu, | |
| dass Menschen in Grüppchen beieinanderstünden. Sie sorgt sich über die | |
| Situation im Werk. | |
| Über 300 Krankmeldungen habe es bis letzte Woche Donnerstag allein in | |
| Winsen gegeben. Auch Rast selbst hat sich krankschreiben lassen, aufgrund | |
| eines Infektes. Sie will so lange zu Hause bleiben, wie es geht. Denn die | |
| Stimmung im Werk sei miserabel. Fast 14 Tage habe man den ersten positiv | |
| getesteten Fall im Werk verheimlicht. Alle hätten Angst. | |
| Viele Angestellte in Winsen werden mit Bussen zur Arbeit gefahren. Oft | |
| dicht an dicht gedrängt stehen sie dann an Haltestellen und in den Bussen, | |
| fassen Griffe an, können Kontakt kaum vermeiden. Der Konzern hat nun mehr | |
| Busse eingesetzt, um den Kontakt zwischen den Mitarbeiter:innen zu | |
| entzerren. „Sie denken, sie könnten das Virus so aufhalten und das Werk am | |
| Laufen halten“, sagt Rast. Sie glaube daran nicht. | |
| Amazon sagt, man würde die Reinigungsmaßnahmen erhöhen, öfter putzen, mehr | |
| desinfizieren. Rast sagt, ein Kollege aus der Nachtschicht habe ihr | |
| erzählt, er habe die ganze Nacht über keine Reinigungskraft gesehen. Den | |
| Managern wirft sie vor, sie würden sich aus der Verantwortung ziehen, | |
| „schön sicher in ihrem Homeoffice, während das Fußvolk sich infiziert“. | |
| Der Onlinehändler gibt alles, um eine Systemrelevanz zu verdeutlichen. Auf | |
| dem konzerneigenen Blog heißt es, man ermögliche den Zugang zu Waren, an | |
| die viele sonst nicht herankommen würden. Amazon leiste „weltweit große | |
| Unterstützung“, indem es Verbraucher:innen ihre „dringend benötigten | |
| Artikel direkt vor die Haustür liefer[e]“. Zu konkreten Vorwürfen will | |
| Amazon nicht Stellung beziehen. Eine Sprecherin zitiert den Blog: „Wir | |
| halten uns genau an die Richtlinien der lokalen und internationalen | |
| Gesundheitsbehörden und haben eine Reihe von präventiven | |
| Gesundheitsmaßnahmen an Standorten auf der ganzen Welt eingeführt.“ | |
| Franziska Ulbricht vom Deutschen Händlerbund, einem Netzwerk für | |
| Onlinehandel, kennt diese Strategie. Amazon sei in der | |
| Kommunikationspolitik „sehr verschlossen“ und äußere sich meist gar nicht. | |
| Sie sagt, Amazon habe „für alle Seiten Maßnahmen getroffen, um der | |
| Extremsituation gerecht zu werden“. Inwiefern die Maßnahmen aber | |
| ausreichend seien, sei nur schwer zu beurteilen. | |
| Tatsächlich ist es so, dass Mitarbeiter:innen, die Krankheitssymptome am | |
| Arbeitsplatz zeigen oder aus einem Risikogebiet zurückkommen, zwei Wochen | |
| mit Lohnfortzahlung in Heimquarantäne geschickt werden. Auch Andreas Gangl, | |
| der im Lager Bad Hersfeld in der Kundenrücksendung arbeitet. Der 47-Jährige | |
| ist aktiver Gewerkschaftler. Vor zwei Wochen war er auf einem | |
| selbstorganisierten Treffen von Amazon-Arbeiter:innen in Madrid, „um den | |
| Arbeitskampf international zu organisieren“. Donnerstags sei er nach Madrid | |
| geflogen. Auf dem Treffen hätten die Gewerkschaftler:innen Aktionen zur | |
| Pandemie besprochen. Einen Tag später wurde Madrid zur Krisenregion | |
| erklärt. | |
| Gangl flog zurück, ist seitdem in Quarantäne. Er sagt, Amazon nutze die | |
| Chance, um sich noch eine stärkere Machtposition auf dem Markt zu | |
| erarbeiten. Das Lager im hessischen Bad Hersfeld sei keinesfalls | |
| systemrelevant. „Wir verschicken Schuhe, Klamotten und Alkohol“, sagt | |
| Gangl. Alles keine lebensnotwendigen Produkte. | |
| Er selbst hat erst vor wenigen Tagen etwas bei Amazon bestellt. Ein | |
| Reinigungsmittel für einen Kaffeeautomaten, weil es praktisch sei. Dennoch | |
| haben er und die „Amazon Workers International“ Forderungen an den Konzern | |
| erarbeitet: die Übergabe eines Teils der Milliardengewinne an die | |
| Gesundheitssysteme, voll bezahlte Freistellung für Kranke und solche, die | |
| sich um Angehörige oder Kinder kümmern müssen, eine Gefahrenzulage, | |
| Reduzierung der Arbeitszeit und Produktivitätssanktionen sowie die | |
| sofortige Schließung aller Amazon-Warenlager und -zentren bei voller | |
| Lohnfortzahlung bis zum Ende der Pandemie. | |
| Die Forderungen sind radikal, die politische Handlungsfähigkeit gering. | |
| Denn um die Gewerkschaft ist es vergleichsweise ruhig in Zeiten von Corona. | |
| Alle Treffen und Streiks sind vorerst ausgesetzt. Niemand will sich in der | |
| aktuellen Situation in gelber Weste und Trillerpfeife in eine Menschenmasse | |
| stellen und streiken. | |
| Für viele Menschen ist Amazon zudem ein wichtiger Arbeitgeber. So auch in | |
| Bad Hersfeld. „Viele Leute sind einfach nur zufrieden, dass sie Arbeit | |
| haben“, sagt Gangl. Auch deshalb würden die meisten sich an Streiks oder | |
| Protestaktionen nicht beteiligen. Man müsse den Leuten klarmachen: „Die | |
| Wahrscheinlichkeit, dass bei 2.500 Leuten irgendjemand den Virus hat, ist | |
| relativ groß.“ | |
| Die „Amazon Workers International“ geben Amazon eine Mitschuld an der | |
| Verbreitung des Virus. Auch, weil der Onlinehändler seit dem 16. März bis | |
| Ende April 2 Euro mehr Stundenlohn für alle Arbeiter:innen im Dienst zahlt. | |
| Nicht jedoch an jene, die krank zu Hause bleiben. Der Konzern sagt, man | |
| wolle den Mitarbeiter:innen in der Krisenzeit dadurch „Anerkennung zeigen“. | |
| Die Gewerkschaft Verdi hingegen nennt die temporäre Lohnerhöhung eine | |
| PR-Aktion. Schon seit knapp sieben Jahren fordert sie eine Lohnangleichung | |
| an die Tariflöhne des Einzelhandels, während Amazon sich auf die Löhne der | |
| Logistikbranche beruft. Dass man die Löhne nun erhöhe, führe dazu, dass | |
| sich Beschäftigte krank zur Arbeit schleppen und damit eine | |
| Gesundheitsgefährdung darstellen, kritisiert der | |
| Verdi-Bundesfachgruppenleiter für Einzel- und Versandhandel Orhan Akman. | |
| Immer wieder hört man in den Hallen ein Husten oder Niesen, sagt der | |
| Leipziger Betriebsrat Hedrich. Erst vor wenigen Tagen sei eine Person mit | |
| starken Grippesymptomen zur Arbeit gekommen. Zu groß der Anreiz von rund | |
| 320 Euro brutto mehr im Monat für Vollzeitbeschäftigte. Man habe im | |
| Betriebsrat überlegt, ob man der Lohnerhöhung unter den aktuellen Umständen | |
| zustimmen wolle oder nicht. Schließlich sah man sich gezwungen. „Die | |
| meisten können das Geld wirklich gebrauchen.“ Die Forderung ist nun, die | |
| Lohnerhöhung auch auf die Zeit nach der Krise auszuweiten. | |
| Vorvergangene Woche hat der Amazon-Gründer Jeff Bezos sich in einem Brief | |
| eigens an seine Mitarbeiter:innen weltweit gewandt. In seinem mit „Dear | |
| Amazonians“ eingeleiteten und in eigener Handschrift mit „Jeff“ | |
| unterschriebenen Text spricht Bezos über Stress und Unsicherheiten in der | |
| Coronakrise und Amazons Rolle darin. Man stelle wichtige Dienstleistungen | |
| bereit – insbesondere für die Älteren und Schwächeren. Die Kernaussage des | |
| Schreibens: Amazon werde in dieser Zeit mehr gebraucht denn je: „People are | |
| depending on us.“ (Die Menschen sind auf uns angewiesen.) | |
| Das Vermögen von Amazon-Gründer Jeff Bezos liegt nach aktueller Schätzung | |
| bei 119,9 Milliarden US-Dollar. Tendenz: steigend. Allein der deutsche | |
| Ableger von Amazon hat im zweiten Halbjahr 2019 einen Umsatz von 15,6 | |
| Milliarden Euro erzielt. Theoretisch könnte der Händler den Versand von | |
| nicht systemrelevanten Produkten bis zum Ende der Pandemie einstellen – und | |
| so eine weitere Verbreitung des Virus unter Mitarbeitenden eindämmen. Doch | |
| niemand hat an der Coronakrise bislang mehr verdient als der reichste Mann | |
| der Welt. | |
| ## Warten auf den „worst case“ | |
| Ob es Pläne gibt, was passiert, wenn Corona sich vermehrt unter den | |
| Mitarbeitenden ausbreitet, lässt sich nicht klären. Der Konzern gibt keine | |
| Auskunft. Auch Betriebsräte sagen, sie würden keine Pläne kennen. Die | |
| Angestellten arbeiten weiter. Ohne Mundschutz, ohne Handschuhe laufen sie | |
| tagtäglich durch das Drehkreuz, an die Spinde und in den Pausenraum. | |
| Auch Markus Hedrich wird in den kommenden Tagen weiter als Kommissionierer | |
| durch die Hallen gehen. Vorbei an sogenannten „Pick Towern“, riesigen | |
| Regalen mit Dutzenden Ebenen, an denen mehrere hundert Menschen am Tag | |
| Artikel einsammeln. Unmöglich, das alles zu reinigen, sagt Hedrich. „Dafür | |
| müsste man den kompletten Betrieb lahmlegen.“ Was würde passieren, wenn es | |
| in Leipzig einen Corona-Fall gäbe? „Man würde reinigen, desinfizieren, | |
| schauen, mit wem die Person Kontakt hatte.“ | |
| Zurückverfolgen ließe sich das jedoch nicht, sagt Hedrich. Zu viel Kontakt | |
| pro Tag. Der Leipziger Betriebsrat sagt, man warte auf den „worst case.“ | |
| Darauf, dass der Ernstfall eintritt. „Erst dann werden wir sehen, wie | |
| Amazon reagiert.“ Anika Rast aus Winsen sagt, sie sei froh, dass sie ihr | |
| eigenes Desinfektionsmittel habe. Und auch Andreas Gangl aus Bad Hersfeld | |
| wird nach dem Ende seiner zweiwöchigen Quarantäne wieder arbeiten gehen. | |
| Ebenso wie in der Gesamtbevölkerung ist es auch bei dem Onlinehändler | |
| unüberschaubar, wie hoch die Dunkelziffer der Infizierten tatsächlich ist. | |
| Klar ist nur: Das Coronavirus wird auch um Amazon keinen Bogen machen. | |
| *Namen von der Redaktion geändert | |
| 3 Apr 2020 | |
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| [1] /Streik-bei-US-Versandhaendlern/!5675748 | |
| [2] /Online-Handel-und-Corona/!5675129 | |
| [3] https://blog.aboutamazon.de/amazon-gemeinsam/covid-19-unterstuetzung-fuer-a… | |
| [4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/corona-krise-und-amazon-packe… | |
| ## AUTOREN | |
| Sarah Ulrich | |
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