# taz.de -- Kaufhäusern droht die Pleite: Angst vor Corona-öden Innenstädten | |
> Neben Galeria Karstadt Kaufhof kämpfen 300.000 Geschäfte der Innenstädte | |
> ums Überleben. Was passiert nach der Krise? | |
Bild: Derzeit geschlossen: Filiale der Kaufhauskette Kaufhof in Essen in Zeiten… | |
BERLIN taz | Die [1][Coronavirus-Krise] bedroht nicht nur den Einzelhandel, | |
sondern auch das soziale Leben in den Innenstädten. Vielen Unternehmen im | |
ohnehin durch Online-Händler wie Amazon oder Zalando in Bedrängnis | |
geratenen stationären Einzelhandel droht wegen geschlossener Geschäfte das | |
endgültige Aus. Deutschlands letzter Kaufhauskonzern kämpft ums Überleben: | |
Galeria Karstadt Kaufhof beantragte am Mittwoch ein | |
Insolvenz-Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung aufgrund „drohender | |
Liquiditätsengpässe“. Zuvor hatte Galeria bereits alle Mietzahlungen | |
gestoppt, ein Schritt, für den sich der florienden Sportartikelhersteller | |
Adidas nach scharfem Gegenwind gerade erst entschuldigt hat. | |
Notbremse nicht nur bei Galeria. Die Lage im Handel sei dramatisch, aktuell | |
seien bis zu 300.000 Standorte von Geschäftsschließungen bedroht, sagte | |
Branchenverbandspräsident Josef Sanktjohanser. Die Bundesregierung müsse | |
jetzt planen, „den Konsum nach der Corona-Krise mit zusätzlichen Hilfen | |
anzukurbeln“. | |
Karstadt mit seinen 28.000 Mitarbeitern verkündete zwar, das Unternehmen | |
wolle „auch in Zukunft einen entscheidenden Beitrag für den Fortbestand | |
lebendiger Innenstädte in Deutschland leisten“. Sobald es möglich sei, | |
wolle man die Geschäfte wieder öffnen. Aber Experten sind skeptisch, was | |
die Zukunft für Geschäftskonzepte wie diese angeht. | |
„Trotz aller Überbrückungs- und Stützungsprogramme“ ist Helmut Dedy, | |
Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages besorgt, „dass nicht alle | |
Einzelhändler diese Krise überstehen“. Wenn „die Leerstände von | |
Ladengeschäften in den Innenstädten“ zunähmen, dann könne das „zu einem | |
Abwärtstrend führen“. Die Folge seien weitere Leerstände und sinkende | |
Kundenfrequenz. Auch das Thema der Mietzahlungen beschäftigt den Städtetag. | |
Wichtig sei es, „dass möglichst alle Händler in den Innenstädten auch nach | |
der Corona-Krise handlungsfähig sind“. Dafür brauche es „eine Verständig… | |
auf tragfähige Lösungen zwischen Eigentümer und Mieter“. | |
## „Ohne Einzelhandel kein Leben“ | |
Steffen de Rudder lehrt Städtebau an der Bauhaus-Universität Weimar. | |
Innenstädte, das ist für ihn „da, wo Gesellschaft stattfindet.“ Der Handel | |
sei historisch gesehen immer ein Generator der Stadtentwicklung gewesen. | |
„Wenn kein Handel da ist, dann sind Innenstädte tot, dann ist das Leben | |
weg.“ Verödung der Innenstädte sei schon seit den 60er Jahren ein Thema. | |
Durch Corona rechnet er jetzt aber mit einer „gigantischen | |
Flurbereinigung.“ Fluktuation gehöre dazu. Was sich jetzt abspiele gleiche | |
aber einer „Tragödie“. | |
Die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brinckmann | |
betonte ebenfalls, wenn Innenstädte verödeten, ginge auch ein Teil des | |
sozialen Lebens verloren. Sie beschreibt die Citys als den „Nukleus, der | |
die Menschen zusammenbringt. Ein Ort des Flanierens, da wird man von | |
anderen gesehen, da trifft man sich.“ Der Onlinehandel und jetzt zusätzlich | |
die aktuelle Krise stelle eine Herausforderung dar, da müsse „der Handel | |
sich etwas ausdenken.“ Laut de Rudder funktionieren Städte am besten, wenn | |
sie funktional und sozial gemischt sind. Eine vielfältige Stadt vertrage | |
auch Krisen besser. Gerade inhabergeführte Läden seien in der Nachbarschaft | |
bekannt – das seien nicht nur Geschäftsbeziehungen, sondern auch soziale. | |
Das merke man nun an den vielen Solidaritätsaktionen. Wichtig sei es, dass | |
der kleinteilige Einzelhandel sich zusammentue. Beispielsweise durch einen | |
gemeinsamen Onlinehandel, um gegen Amazon & Co zu bestehen. | |
Die Filialen der seit langem angeschlagenen Galeria Karstadt Kaufhof, die | |
vielerorts das Herz der Innenstädte bilden, sind seit dem 18. März | |
geschlossen. Laut eigenen Angaben verliert das Unternehmen dadurch | |
wöchentlich 80 Millionen Euro Umsatz, bis Ende April wären das mehr als | |
eine halbe Milliarde. Bereits in der vergangenen Woche wurden Staatshilfen | |
beantragt, doch der Prozess sei „sehr bürokratisch“ und zeitaufwändig, | |
sagte Karstadt-Finanzvorstand Miguel Müllenbach. „Auf eine Lösung können | |
wir aber nicht noch weitere Wochen der Krise warten, sondern müssen jetzt | |
handeln“. Galeria Karstadt Kaufhof schreibt seit langem rote Zahlen. Ende | |
2019 soll der Verlust aus den vergangenen vier Jahren bei 600 Millionen | |
Euro gelegen haben. | |
2 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Schmidt | |
Mareike Andert | |
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