# taz.de -- Netzplattformen und Corona: Danke für nichts | |
> Ein Ex-Google-Chef fände Dankbarkeit angemessen, gerade gegenüber Amazon, | |
> gerade in dieser Krisenzeit. Was für ein absurdes Ansinnen! | |
Bild: Demonstranten vor dem Amazon-Gebäude in Staten Island | |
Wir sollten Unternehmen wie Amazon „auch mal ein bisschen dankbar sein“, | |
denn die hätten uns „während der Coronakrise große Dienste erwiesen“, li… | |
der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt gerade die Welt wissen. Wie bitte? | |
Jetzt sollen wir einem der widerlichsten Unternehmen der Welt auch noch | |
dankbar dafür sein, dass wir bei ihm einkaufen dürfen? Während wir | |
[1][Amazon so zu einem der wenigen Profiteure der Coronakrise machen], | |
dessen Umsätze genauso schnell steigen wie sein Aktienkurs? | |
Zur Erinnerung: Dafür, dass Amazon für viele gleichbedeutend mit | |
Online-Einkauf geworden ist, zahlen viele einen hohen Preis. Dazu gehört | |
zunächst der deutsche Einzelhandel, dem das Unternehmen seit Jahren die | |
Kundschaft abspenstig macht. Zugestellt werden die Waren oft von einem | |
Präkariat rechtloser Tagelöhner, die Bürgersteige und Radwerke zuparken und | |
nicht so aussehen, als würden sie etwas vom großen Amazonkuchen abbekommen. | |
Seinen „Marketplace“ überlässt Amazon windigen Anbietern aus Indien und | |
China, für deren Angebot das Unternehmen keine Verantwortung übernimmt. | |
Dort gibt es Handys, deren Akkus spontan in Flammen aufgehen. Auch die | |
Fluglaternen, wie jene mit denen zu Silvester das Affenhaus des Krefelder | |
Zoos in Brand gesteckt wurde, wurden bei Amazon Marketplace noch angeboten, | |
als sie in Deutschland schon längst verboten waren. | |
Die Logistikzentren von Amazon waren schon vor der Coronakrise berüchtigt | |
für zum Teil ausbeuterische Arbeitsbedingungen. Dort werden die Einpacker | |
mit Hilfe einer Effizienzsoftware durch die Gänge gehetzt. Wer nicht | |
schnell genug ist, fliegt raus; in den USA oder in Polen werden oft sogar | |
die Pinkelpausen reglementiert. Betriebsräte und [2][Gewerkschaften sind | |
unerwünscht]. | |
## Lieber lokal shoppen | |
Während Geschäfte rund um den Globus geschlossen sind, macht Amazon-Chef | |
Jeff Bezos das Geschäft seines Lebens. Sein Vermögen ist [3][seit | |
Jahresbeginn um 23,6 Milliarden auf 138 Milliarden Dollar gestiegen]. Warum | |
er [4][seine Mitarbeiter in in einer Halle am Stadtrand einsperren darf], | |
während der Rest der Welt „Social Distancing“ übt, bleibt allerdings | |
unklar. In Frankreich hat gerade ein Gericht [5][wegen fehlenden Schutzes | |
der Mitarbeiter ein Amazon-Lager schließen lassen]. In den USA feuerte | |
Amazon einen Angestellten, der [6][einen Streik in einem Lager | |
organisierte], in dem weitergearbeitet werden sollte, obwohl es | |
Corona-Infektionen gegeben hatte. | |
Es ist vollkommen unverständlich, warum Leute, die bei jedem Jogurt auf die | |
Biozertifizierung gucken, bei Amazon einkaufen, als wäre das ethisch in | |
Ordnung. Gerade jetzt ist die Zeit, um an den freundlichen | |
Nachbarschaftsbuchhändler und anderen lokale Läden denken, die meist | |
Bestellungen aufnehmen und oft sogar nach Hause liefern. | |
17 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Online-Handel-und-Corona/!5675129 | |
[2] /Adventsstreik-bei-Amazon/!5648424 | |
[3] https://boerse.ard.de/aktien/jeff-bezos-wird-immer-reicher100.html | |
[4] /Amazon-Mitarbeiter-in-Coronakrise/!5673469 | |
[5] /Nach-Urteil-in-Frankreich/!5679228 | |
[6] /Streik-bei-US-Versandhaendlern/!5675748 | |
## AUTOREN | |
Tilman Baumgärtel | |
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