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# taz.de -- Senat berät über Ausgangsbeschränkung: Noch darf man raus
> Bund und Länder einigen sich auf ein Kontaktverbot. Im Senat gibt es nach
> wie vor Stimmen für eine weitergehende Ausgangssperre.
Bild: Alle artig auf Abstand im Volkspark Friedrichshain
Berlin taz | Vermutlich hätte Frank Zander am Samstag im Olympiastadion
seinen bis dahin größten Auftritt gehabt. Aber auch nach der Absage des
Derbys zwischen Hertha und Union blieb der Herr der Hertha-Hymne nicht
untätig. Nur dass der Text im Zeichen der Corona-Krise nun ein anderer ist.
Statt „Nur nach Hause geh'n wir nicht“ singt er nun auf Youtube: „Nur nach
draußen geh'n wir nicht.“
Nicht alle Berlinerinnen und Berliner haben das am Wochenende befolgt,
[1][aber deutlich mehr als in den Tagen zuvor.] In der Nacht zu Samstag
etwa gab es weniger Anzeigen wegen Verstößen gegen die Corona-Auflagen als
in der Nacht zuvor – 26 statt 90, hieß es von Seiten der Polizei.
Allerdings stießen die Beamten auch auf weitere Corona-Partys. „Über 100
Erwachsene und Kinder trafen sich heute Nachmittag im Strandbad Müggelsee“,
twitterte die Polizei am Samstag. „Mit dieser Schnapsidee sind die
Verantwortlichen baden gegangen. Anzeige ist raus.“
Ob es neue Beschränkungen oder gar eine Ausgangssperre geben wird, war das
Thema einer Schaltkonferenz der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten
der Länder am Sonntagnachmittag. Eine generelle Ausgangssperre wurde
schließlich nicht verhängt. Stattdessen sollen sich Bund und Länder auf ein
so genanntes Kontaktverbot geeinigt haben, berichtet die dpa. Ansammlungen
von mehr als zwei Personen seien grundsätzlich zu verbieten. Ausgenommen
werden sollen lediglich Familien sowie in einem Haushalt lebende Personen.
Im Anschluss an die Bund-Länder-Beratungen war nach Redaktionsschluss eine
Sitzung des rot-rot-grünen Senats angesetzt. Denn die Beschlüsse der
Bundesregierung sind Empfehlungen, denen sich die Länder nicht anschließen
müssen. Da Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) aber
wiederholt auf ein einheitliches Vorgehen aller Bundesländer gedrängt hat,
wäre es eine Überraschung, wenn der Senat dem Kontaktverbot nicht folgen
würde.
## Kalayci will weitergehende Regelung
Allerdings gibt es auch im Senat Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. So
soll Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) bereits einen Gesetzentwurf
für eine Ausgangssperre in der Schublade haben. Demnach dürfe das Haus nur
noch verlassen, wer etwa zur Arbeit fährt oder einkaufen geht. Eine solche
weitgehende Regelung hat am Sonntag nach den Beratungen mit Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) der Freistaat Sachsen beschlossen.
Neben Kalayci mehren sich auch in der SPD-Fraktion Stimmen, die ein
schärferes Vorgehen fordern. „Die Situation ist so ernst, dass kein
Instrument tabu ist“, teilte Fraktionsvorsitzender Raed Saleh bereits am
Freitagabend mit. „So traurig und hart es ist: Es gibt keine Zeit mehr,
sich der Realität zu verweigern“, findet auch Thomas Isenberg, der
gesundheitspolitischer Sprecher der Berliner SPD-Fraktion. „Die Bevölkerung
hat ein Recht, geschützt zu werden. Ansonsten werden schon in vier Wochen
in Berlin und Deutschland die Intensivbetten nicht mehr reichen und
schockierende Zustände herrschen.“ Zuvor hatte bereits die CDU-Fraktion
eine [2][„Ausgangssperre nach bayerischem Vorbild“] für 21 Tage gefordert.
Dem war der Senat aber nicht gefolgt. Vor den Beratungen mit der
Bundesregierung hatte Rot-Rot-Grün am Samstag allerdings weitere
Beschränkungen beschlossen, die seit Sonntag gelten. Versammlungen über
zehn Personen seien verboten, hatte Müller mitgeteilt. Gaststätten mit
Tischbetrieb müssen ab Sonntag für den Publikumsverkehr schließen. Sie
dürfen aber weiter Speisen und Getränke zur Abholung oder zur Lieferung
anbieten.
Unterdessen gab es Verwirrung über die Zahl der registrierten
Covid-19-Fälle. Das Robert-Koch-Institut meldete, dass die Zahl der
Infizierten in Berlin am Sonntag auf 1.025 gestiegen sei. Das wären 157
Fälle mehr als Samstag gewesen – und ein geringerer Anstieg im Vergleich zu
den Tagen davor. Allerdings teilte die Gesundheitsverwaltung am Sonntag
mit, dass nicht in allen Gesundheitsämtern die aktuellen Zahlen gemeldet
worden seien. Grund sei die personelle Besetzung der Ämter am Wochenende.
22 Mar 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Uwe Rada
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