| # taz.de -- Verfassungsgericht entscheidet: Hilfe beim Suizid – ja oder nein? | |
| > Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Mittwoch über die | |
| > Strafbarkeit von Sterbehilfe. Die wichtigsten Fragen und Antworten. | |
| Bild: Am Mittwoch könnte das Bundesverfassungsgericht Paragraf 217 kippen | |
| Was ist am Mittwoch in Karlsruhe los? | |
| Das Bundesverfassungsgericht wird entscheiden, ob die Strafbarkeit der | |
| „geschäftsmäßigen Förderung von Selbsttötungen“ gegen das Grundgesetz | |
| verstößt. Das Urteil des Zweiten Senats wird ab 10 Uhr verkündet. Die | |
| mündliche Verhandlung zu dieser Frage hatte schon im April vorigen Jahres | |
| stattgefunden. | |
| Was ist eine „geschäftsmäßige Förderung von Selbsttötungen“? | |
| In Deutschland ist es nach wie vor straffrei, sich selbst zu töten. Deshalb | |
| ist es grundsätzlich auch nicht strafbar, einem anderen dabei zu helfen. | |
| Wer einem Menschen, der sich töten will, einen Strick oder ein tödliches | |
| Medikament besorgt, macht sich also nicht strafbar. [1][Seit 2015 gibt es | |
| aber eine wichtige Ausnahme]. Seitdem ist es laut [2][Paragraf 217 | |
| Strafgesetzbuch] strafbar, diese Hilfe zur Selbsttötung „geschäftsmäßig“ | |
| anzubieten oder zu vermitteln. Es droht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis | |
| zu drei Jahren. Als „geschäftsmäßig“ gilt eine Hilfe zur Selbsttötung | |
| schon, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist. Auf kommerzielle Interessen | |
| kommt es dabei nicht an. Das Gesetz zielte auf Vereine, die die Hilfe zur | |
| Selbsttötung als eine Art Dienstleistung anboten. Der Verein Sterbehilfe | |
| Deutschland des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch hat nach | |
| eigenen Angaben zwischen 2010 und 2015 rund 250 Selbsttötungen unterstützt. | |
| Was spricht für das Verbot? | |
| Der Gesetzgeber befürchtete, dass sich schwerkranke Menschen durch | |
| geschäftsmäßige Suizidhilfe-Angebote erst zur Selbsttötung verleiten | |
| lassen. Durch solche Angebote könne der „fatale Anschein einer Normalität“ | |
| oder sogar der sozialen Gebotenheit einer Selbsttötung entstehen, wenn | |
| Menschen ihren Angehörigen „nicht zur Last fallen“ wollen. Außerdem sind | |
| rund 90 Prozent aller Suizidversuche nicht frei verantwortlich, sondern | |
| Folge einer psychischen Krankheit. | |
| Wer klagte gegen das Verbot? | |
| Es klagten die beiden betroffenen Vereine [3][Dignitas] und Sterbehilfe | |
| Deutschland, sieben Ärzte sowie zwei kranke Privatpersonen – wobei ein Arzt | |
| und ein Kranker bereits verstorben sind. Die Ärzte befürchten, dass auch | |
| sie sich strafbar machen könnten, wenn sie mehrfach Patienten bei der | |
| Selbsttötung helfen. Die Kranken pochten auf ihr Selbstbestimmungsrecht am | |
| Lebensende, das auch die Entscheidung für einen assistierten Suizid | |
| umfasse. Alle Verfassungsbeschwerden richteten sich direkt gegen das | |
| Gesetz. Es gab seit 2015 noch keine einzige Verurteilung. | |
| Wie wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden? | |
| Bei der mündlichen Verhandlung entstand der Eindruck, dass die Richter das | |
| Verbot für unverhältnismäßig halten. Mit Spannung wird aber erwartet, ob | |
| sie Paragraf 217 gänzlich kippen. Alternativ könnten sie vom Gesetzgeber | |
| die Klarstellung fordern, dass Ärzte straflos bleiben, wenn sie Patienten | |
| im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses helfen. Außerdem könnten die | |
| Richter die Strafnorm unangetastet lassen und verfassungskonform auslegen. | |
| 25 Feb 2020 | |
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| [2] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__217.html | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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