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# taz.de -- Bundesverwaltungsgericht zur Sterbehilfe: Kein Anspruch auf ein tö…
> Das Bundesverwaltungsgericht lehnt die Klage eines Ehepaars ab, das
> gemeinsam sterben möchte. Eine extreme Notlage liege nicht vor.
Bild: Das Bundesverwaltungsgericht urteilte zur Sterbehilfe
Leipzig taz | Wer sich das Leben nehmen will, hat keinen Anspruch auf den
Erwerb eines entsprechenden Medikaments. Das entschied jetzt das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig. Der Staat habe eine
Schutzpflicht für das Leben. Die Kläger, Manfred und Irene von L., sind
seit über 50 Jahren verheiratet. Er ist 82, sie 75 Jahre alt. Sie sind
nicht krank, wollen aber nicht den eigenen körperlichen und geistigen
Verfall miterleben. Stattdessen wollen sie gemeinsam das Leben beenden,
solange sie es noch als „rundherum gelungen“ empfinden.
Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
beantragten sie bereits 2014 die Genehmigung zum Erwerb von
Natriumpentobarbital, einem in der Schweiz gebräuchlichen schmerzlosen
Suizid-Medikament. Doch das Amt lehnte die Genehmigung ab. Das
Betäubungsmittelgesetz erlaube den Erwerb solcher Medikamente nur zu
therapeutischen Zwecken, nicht zur Selbsttötung. Dagegen klagte das
Ehepaar durch die Instanzen.
[1][In einem anderen Fall hatte das BVerwG 2017] schwer und unheilbar
Kranken bei einer extremen Notlage Anspruch auf ein Suizid-Medikament
gewährt. Detlef Koch, der Anwalt des Ehepaars, forderte in Leipzig eine
Erweiterung dieser Rechtsprechung. „Auch wer nicht unheilbar krank ist, hat
das Recht auf Selbstbestimmung“, sagte er.
„Niemand will den Klägern das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende
nehmen“, sagte Markus Gottbehüt, der Vertreter des BfArM, „der Staat muss
die Selbsttötung aber nicht unterstützen.“ Der Staat dürfe auch kein Signal
geben, dass Suizid und Weiterleben zwei gleichwertige Optionen seien.
Vielmehr müsse der Staat gerade „vulnerable Personen“ davor schützen, dass
Dritte auf sie Druck ausüben, bald aus dem Leben zu scheiden.
Anwalt Koch widersprach: „Den Klägern geht es nicht um staatliche Hilfe“,
der Staat solle sie nur nicht an der Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts
hindern. Es könne nicht sein, dass der Staat sie zwinge, in die Schweiz zu
reisen oder sich vor einen Zug zu werfen, um ihr Leben zu beenden. Der
Schutz verletzlicher Personen könne im Rahmen des
BfArM-Genehmigungsverfahrens durch eine gründliche Prüfung sichergestellt
werden.
Die Klage blieb aber auch beim Bundesverwaltungsgericht erfolglos. „Eine
Genehmigung zum Erwerb von Natriumpentobarbital zum Zweck der Selbsttötung
ist grundsätzlich ausgeschlossen“, sagte die Vorsitzende Richterin Renate
Philipp. Sie bekräftigte zwar die Ausnahme für schwer und unheilbar Kranke,
doch liege eine solche extreme Notlage hier gerade nicht vor. Anwalt Koch
will nun Verfassungsbeschwerde einlegen. Das Ehepaar nahm nicht an der
Verhandlung teil. (Az.: 3 C 6/17)
Beim BfArM waren nach dem Urteil von 2017 über 100 Anträge auf Erwerb des
Suizid-Medikaments eingegangen. Bisher wurden alle Anträge abgelehnt. Das
Bundesgesundheitsministerium hatte sogar eine entsprechende Weisung
erteilt. 22 Antragsteller sind inzwischen gestorben.
28 May 2019
## LINKS
[1] /BVerwG-zu-Patientenrechten/!5385807
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Sterbehilfe
Bundesverwaltungsgericht
Selbsttötung
Ärztlich assistierter Suizid
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Suizidhilfe
Bundesministerium für Gesundheit
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