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# taz.de -- Innerdeutsche Linienflüge aus Lübeck: Einmal Spätzle to fly, bit…
> Mit Flügen nach Stuttgart und München steigt der Flughafen Lübeck wieder
> in das Liniengeschäft ein. Ein fatales Zeichen, sagen Kritiker*innen.
Bild: Vom Lübecker Flughafen Blankensee geht es ab Sommer nach Stuttgart und M…
Bremen taz | Der Lübecker Flughafen startet mit seiner eigenen Airline zwei
neue innerdeutsche Linienflüge. Das verkündete dieser letzte Woche. Mit
Lübeck Air geht es ab Juni fast täglich zweimal nach München, einmal nach
Stuttgart und zurück. Der stellvertretende Vorsitzende der grünen
Bürgerschaftsfraktion Lübecks, André Kleyer, hält die Pläne für „das
Fatalste, was man in diesen Zeiten machen kann“. Angesichts der Klimakrise
müsse der Weg sein, den Bahnverkehr auszubauen.
Für Oliver Prieur, CDU-Fraktionsvorsitzender in Lübeck, sind die neuen
Flüge nicht ausschlaggebend für die gesamtdeutsche Ökobilanz. „Die Frage
ist, wie sich der Flugverkehr technisch weiterentwickelt, um den
Schadstoffausstoß zu reduzieren.“ Man sei schon weit, der Flughafen müsse
aber bis zur Umsetzung in Betrieb bleiben. Dass der Flughafen in den Händen
eines privaten Investor liegt, findet er richtig. „Das müssen die machen,
die etwas davon verstehen und das nötige Kleingeld haben.“ Die vergangenen
Insolvenzen bedeuteten nicht, dass der Flughafen Blankensee an sich nicht
sinnvoll sein könne. Dass Regionalflughäfen mit sinkenden Passagierzahlen
und zurückgehendem Interesse von Investor*innen [1][zu kämpfen haben],
ist für Prieur und andere Befürworter*innen offenbar irrelevant.
2005 hatte die Stadt Lübeck die Mehrheit am inzwischen mehrfach als
„Millionengrab“ betitelten Flughafen Blankensee an einen Investor verkauft.
[2][Dieser stieg jedoch wieder aus, es folgten zwei weitere Investoren] –
und zwei Insolvenzen. 2016 kaufte der Medizinunternehmer Winfried Stöcker,
der inzwischen aufgrund von rassistischen Äußerungen in die Kritik geraten
ist, den Flughafen. In dem Jahr hob auch der bisher letzte Linienflug in
Lübeck ab.
Die jetzigen Flughafenbetreiber haben eine Maschine gekauft, die alle sechs
geplanten Flüge am Tag abdecken soll. Die ATR 72-500 fliege langsamer als
Jets, sei dafür aber ökonomischer, betont Flughafensprecherin Stefanie
Eggers. Die Crew stelle die dänische Airline Air Alsie, die auch
Ersatzmaschinen hat.
## Hoffnung auf mehr Tourismus
Die Finanzierung der Airline liegt in den Händen von Stöcker. In einem
Vertrag haben er und die Stadt aber festgelegt, dass Lübeck einen Zuschuss
für Investitionen zur Hälfte der von Stöcker getätigten Investitionen
dazugibt – bis maximal 5,5 Millionen Euro, erklärt ein Sprecher der Stadt.
Vielleicht ein Deal in dem Wissen, dass der Flughafen sich wohl nie allein
wird tragen können.
Beide Flüge dauern laut Flugplan eine Stunde und 40 Minuten. Hinzu kommen
das Ein- und Auschecken, die Fahrten vom oder ins Zentrum – selbst ohne
Stau in München kommen so mindestens vier Stunden zusammen. Die günstigsten
Tickets kosten knapp hundert Euro, die teuersten knapp 400, sagt Eggers.
„Aber immer inklusive Gepäck und einer regionalen Bordmahlzeit.“
Zum Vergleich: Spontanfahrer*innen mit einer Bahncard 25 zahlen sowohl
für die Zugfahrt nach München als auch nach Stuttgart 103 Euro. Die beste
Verbindung nach München ohne Umsteigen dauert sechseinhalb Stunden, die
nach Stuttgart im besten Fall 6 Stunden und 20 Minuten mit einmaligem
Umsteigen. Mit einem Sparpreis können planende Menschen sehr viel günstiger
wegkommen.
CDU-Mann Prieur erhofft sich vom Flughafen auch mehr Wirtschafts- und
Tourismusverkehr. Für den Grünen Kleyer ist das „falsches Denken: Auch beim
Tourismus müssen wir in Zeiten des Klimawandels schauen, wie man den
entsprechend entwickeln kann.“ Den wirtschaftlichen Vorteil – mit
Linienflügen nach Stuttgart und München werde Lübeck ja nicht zum
Mittelpunkt – sehe er nicht so, als dass er die ökologischen Auswirkungen
rechtfertige.
Auch Magdalena Heuwieser hat kein Verständnis. Sie ist Sprecherin von
[3][Stay Grounded, einem internationalen Netzwerk] gegen Flugverkehr. „In
Zeiten der Erderhitzung zwei neue Inlandsflüge aufzunehmen, ist absurd.“
Wenige „Abgehobene“ lebten auf Kosten anderer. Ihre Forderungen:
Regionalflughäfen abbauen oder umwandeln, Jobs transformieren und
Inlandsflüge einstellen. Das Lübecker Angebot befeuere absurdes Pendeln,
Stippvisiten oder Wochenend-Shopping-Ausflüge – „also alles, was die Welt
momentan gar nicht braucht“.
## Flüge ohne Plastik
Die Wähler*innengemeinschaft grün+alternativ+links ist erschrocken
über die „Freude aus der Wirtschaft“, so Vorstandsmitglied Juleka
Schulte-Ostermann. Vor allem mit Blick auf den Klimanotstand, den die Stadt
Lübeck bereits Mitte 2019 ausgerufen hat.
„Es ist aber immer leicht, auf andere Leute zu gucken“, sagte
Flughafensprecherin Eggers. Jeder müsse aber im eigenen Umfeld schauen, wo
Handlungspotential liegt. Der Flughafen tue dies: „Wir wollen versuchen,
auf den Flügen ohne Plastik auszukommen.“ Sie sei außerdem auf der Suche
nach einem passenden Projekt für die CO2-Kompensation der Flüge, welches
dann auf der Flughafen-Website mit aufgeführt werden solle.
Dann also können die Lübecker*innen auch mit gutem Gewissen in
Deutschlands Süden düsen, wenn sie künftig Lust auf Spätzle, Lederhosen
oder einfach mal ein paar Sonnenstrahlen mehr haben.
19 Jan 2020
## LINKS
[1] /Regionalflughaefen-unter-Druck/!5628401
[2] /BuergermeisterInnenwahl-in-Luebeck/!5456918
[3] https://stay-grounded.org/about/
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
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Schwerpunkt Klimawandel
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Carsten Meyer-Heder
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