# taz.de -- Regionalflughäfen unter Druck: Flieger, grüß mir die Pleite | |
> Der Flughafen Münster/Osnabrück ist zusammen mit anderen | |
> Regionalflughäfen Gegenstand einer Anfrage der Grünen an Niedersachsens | |
> Landesregierung. | |
Bild: Verliert am Boden immer mehr Fürsprecher: Flugzeug über Niedersachsen | |
OSNABRÜCK taz | Manche Sachen hat man nur, weil man sie nun mal hat. Ob sie | |
sinnvoll sind, ist zweitrangig, ob man sie sich leisten kann, ist | |
drittrangig. Eines dieser teuren Statussymbole ist der Regionalflughafen | |
Münster/Osnabrück (FMO). Zu über 95 Prozent im Eigentum der umliegenden | |
Kommunen, ist er stark defizitär. Aber man behält ihn. Weil man ihn nun mal | |
hat. | |
Doch es regt sich Skepsis. Der FMO, an dem Urlauber mit Billigtickets | |
starten können und Geschäftsreisende zu Inlands-Kurzstrecken, ruft | |
Klimaschützer auf den Plan. Ein Geschäftsmodell, dass auf klimaschädlichen | |
Emissionen aufbaue, sagt Volker Bajus, Chef der Ratsfraktion der | |
Osnabrücker Grünen, sei „ökologisch und ökonomisch auf Dauer nicht | |
tragfähig“. Osnabrück ist mit 17,2 Prozent einer der Hauptgesellschafter | |
des Flughafens. | |
Auch in Bezug auf frische Finanzmittel stellen die Osnabrücker Grünen | |
kritische Fragen. Und belassen es nicht dabei: Mit SPD und FDP haben sie | |
Anfang Oktober im Osnabrücker Rat dafür gesorgt, dass dem FMO kein | |
„Blankoscheck“ ausgestellt wird, wie Bajus es ausdrückt. Es ging um neue | |
Darlehen von 1,2 Millionen Euro pro Jahr, auf fünf Jahre. Der FMO müsse, | |
fasst Bajus zusammen, „nun jährlich aufs Neue nachweisen, dass er noch auf | |
Konsolidierungskurs ist“. Sei er das nicht, stehe das Geld infrage. | |
„Sehr gut, den FMO endlich so auf den Prüfstand zu stellen“, lobt Tobias | |
Demircioglu, Vorsitzender des Kreisverbands Osnabrück des ökologischen | |
Verkehrsclubs Deutschland (VCD), froh um die Ratsentscheidung, mit der er | |
„absolut nicht gerechnet“ hat: „Lieber spät als nie!“ | |
Auch die Hannoveraner Landtagsfraktion der Grünen übt massiven Druck auf | |
den Flughafen aus. Auch aufgrund der Recherchen der taz hat sie gestern die | |
Kleine Anfrage „Niedersächsische Förderungen und Betriebsbeihilfen für | |
Flughäfen“ an die Landesregierung gestellt. In ihr geht es auch um den FMO, | |
obwohl er in Nordrhein-Westfalen liegt. Schließlich ist sein Einzugsgebiet | |
auch der niedersächsische Süden – und er hat niedersächsische Miteigner. | |
„Wir wollen wissen, wie regionale Flughäfen bisher gefördert worden sind | |
und wie sie künftig gefördert werden sollen“, sagt Detlev Schulz-Hendel, | |
verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. „Wir wollen außerdem | |
konkret wissen, ob die Landesregierung plant, sich an dem geplanten | |
Investitionsbedarf des Flughafens Münster/Osnabrück zu beteiligen.“ 35 | |
Millionen Euro stehen im Raum, für die Sanierung der Start- und Landebahn, | |
Feuerwehrfahrzeuge, die Modernisierung des Gepäcksystems. Osnabrücks fünf | |
1,2-Millionen-Euro-Darlehen bis 2025 sind ein Teil davon. | |
Die Grünen lassen sich alle seit 2010 an Niedersachsens Flughäfen gezahlten | |
Landes-, Bundes- und EU-Mittel aufschlüsseln, in allen Details, FMO | |
inklusive. Sie fragen, wie sich das Land an den 35 Millionen beteiligt. Und | |
sie wollen wissen, wie es seine beiden regionalen Flughäfen | |
Hannover-Langenhagen und Braunschweig-Wolfsburg darauf vorbereitet, „von | |
2024 an ihre Kosten vollständig selber zu tragen“. Die EU beendet dann die | |
Betriebsbeihilfen für regionale Flughäfen – kein Geld also mehr zur | |
Finanzierung des täglichen Flugbetriebs. | |
Dem Flughafen Münster/Osnabrück weht ein harter Wind ins Gesicht. Aber es | |
geht nicht nur darum, ob sein Betrieb sich finanzieren lässt, sondern auch | |
darum, ob man ihn finanzieren sollte. Die Billigflüge und | |
Inlands-Kurzstrecken des FMO hält Schulz-Hendel ökologisch für „höchst | |
fragwürdig“. Angesichts der Klimaschutz-Debatte, „in der die | |
Luftfahrtbranche selbst den Verzicht auf Inlandsflüge ins Spiel bringt und | |
die Mehrzahl der Parteien gegen Billigflüge agieren“, erscheine das | |
„anachronistisch und wenig zukunftsorientiert“. | |
Solche „problematischen Konzepte“ dürfe man „nicht weiter öffentlich | |
subventionieren“. Angesichts des Klimawandels sei „gerade im Verkehrssektor | |
ein Umdenken und Umsteuern dringend erforderlich“. Erheblich sinnvoller sei | |
es, „die dafür erbetenen Fördermittel in Verbesserungen der | |
Bahninfrastruktur zu investieren“. | |
8 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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