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# taz.de -- Bremens Flughafen droht die Insolvenz: Zu wenig Passagiere
> Der Bremer Airport wird mit 28 Millionen Euro vor der Pleite gerettet.
> Aber ist es wirklich sinnvoll, diesen Flughafen weiter zu betreiben?
Bild: Wer unbedingt nach Heidenheim fliegen will, kann auf den Flughafen nicht …
Bremen taz | Mit rund 28 Millionen Euro muss der Bremer Flughafen bis Juni
kommenden Jahres gerettet werden, um überhaupt noch liquide zu bleiben. Das
bestätigte die Unternehmenssprecherin Andrea Hartmann. Deshalb gibt es nun
erst einmal einen Betriebsmittelkredit aus dem Bremen-Fonds, einem Topf, in
dem insgesamt 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, um die Folgen der
Coronapandemie zu bewältigen. „Die Rückzahlung hat bis zum 31. Juli 2021 zu
erfolgen“, erklärt Sebastian Rösener, der Sprecher des Häfenressorts.
Im ersten Halbjahr sank die Zahl der Flugpassagiere auf rund 382.000,
nachdem es im selben Zeitraum des Vorjahres noch mehr als eine Million
gewesen waren. Für 2020 rechnet der Flughafen deshalb nur noch mit gut
600.000 Flugreisenden – so wenige waren es zuletzt vor fast 45 Jahren. Für
den allein von Bremen betriebenen Airport würde das in diesem Jahr einen
Umsatzverlust von rund 33 Millionen Euro bedeuten.
[1][Und der Flughafen braucht ja noch viel mehr Geld]: Der Sanierungsstau
wird auf etwa 80 Millionen Euro geschätzt. Davon bekommen hat das
Unternehmen bisher nur einen kleinen Teil – im Herbst wurden knapp 13
Millionen Euro für die kommenden drei Jahre zugesagt, für die Zeit danach
jährlich gut vier Millionen Euro versprochen. Bis zum nächsten Jahr werden
erst einmal 14 Millionen Euro investiert, die Hälfte davon schießt die
Stadt zu.
Auch die niedersächsischen Flughäfen verzeichnen derzeit große Verluste: In
Hannover-Langenhagen hoben in den ersten sechs Monaten rund 842.000
Passagiere ab, fast zwei Millionen weniger als im Vorjahr. Am Flughafen
Münster-Osnabrück brachen die Passagierzahlen von ungefähr 400.000 auf etwa
134.000 ein.
## Zu wenig Passagiere – schon vor der Pandemie
Müsste man angesichts dieser Entwicklung nicht jetzt darüber debattieren,
ob es überhaupt sinnvoll ist, diesen Flughafen weiter zu betreiben – zumal
Bremen sich vorgenommen hat, seine [2][Emissionen bis 2030 um mindestens 80
Prozent gegenüber 1990 zu senken]? „Ja, das ist naheliegend“, sagt Robert
Bücking, der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. „Aber
niemand kann heute darauf eine Antwort geben.“
2,7 Millionen Passagiere jährlich seien nötig, damit der Flughafen
wirtschaftlich arbeitet, erklärte Aufsichtsratschef Tim Cordßen (SPD) in
der Vergangenheit, der Staatsrat im zuständigen Häfenressort. 2019 sank die
Zahl der Fluggäste aber um rund zehn Prozent auf 2,3 Millionen.
Flughafen-Geschäftsführer Elmar Kleinert hatte das mit der [3][Insolvenz
der Fluglinie Germania] begründet.
Bücking will vorerst am eigenen Airport festhalten: Jetzt gehe es erst
einmal darum, „Zeit zu gewinnen“ und ihn über Wasser zu halten, bis sich
die Dinge klären“. Niemand sei derzeit in Lage, Voraussagen über die
weitere Entwicklung des Bremer Flughafens zu machen. Und ob die
Sparmaßnahmen auf der einen und die Hoffnung auf neue Passagiere auf der
anderen Seite „signifikante Ergebnisse zeigen, weiß kein Mensch“, so
Bücking.
Klar sei aber auch, dass der Flughafen nun unter „extremem Druck“ stehe.
Eine dauerhafte Subvention von 30 Millionen Euro pro Jahr aus dem
bremischen Haushalt ist für Bücking „unvorstellbar“. Zum Vergleich: Die
Busse und Bahnen subventioniert Bremen mit über 50 Millionen Euro im Jahr.
Die CDU steht eindeutig zum Bremer Flughafen: „Wir müssen uns den leisten“,
sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Carsten Meyer-Heder,
zugleich Landeschef der CDU: „Er ist absolut notwendig.“ Meyer-Heder hofft
aber, dass der Bremer Flughafen nach einer „Umstrukturierung“ zumindest
eine „rote Null“ erwirtschaften kann. [4][Das Leid des stadteigenen
Unternehmens] sei „zum Teil selbst gemacht“: Man habe die Dinge „über
Jahrzehnte einfach laufen lassen“, so Meyer-Heder. Auf genaue Maßnahmen zur
Rettung des Flughafens wollte er sich jedoch nicht festlegen. Flughafenchef
Elmar Kleinert traue er aber zu, diese „rote Null“ in der Bilanz auch zu
schaffen.
## Auch Die Linke braucht den Regionalflughafen
Auch die Linkspartei hält am eigenen Regionalflughafen fest: „Es steht
außer Frage, dass wir den brauchen“, sagte der wirtschafts- und
häfenpolitische Sprecher der Fraktion, Ingo Tebje. Für den Luft- und
Raumfahrtstandort Bremen und Konzerne wie OHB oder [5][Airbus] sei ein
eigener Flughafen „existenziell“. Und das Klima? Ebenso wie bei den Grünen
setzt man in der Linkspartei auf „ökoeffizientes Fliegen“.
Im September soll der Aufsichtsrat des Flughafens über dessen Sanierung
debattieren, ein Konzept dafür wurde im März beschlossen. Während des
Lockdowns habe der Flughafen keine Einnahmen erwirtschaften können, blieb
aber für Fracht- oder Ambulanzflüge offen, so Hartmann. „Das bedeutet aber
eine hohe Fixkostenbelastung“. Derzeit sind die meisten der rund 450
MitarbeiterInnen bis auf Weiteres in Kurzarbeit. In der Vergangenheit war
bereits von Stellenstreichungen die Rede, betriebsbedingte Kündigungen soll
es aber nicht geben. Die Personalkosten am Bremer Flughafen lagen schon vor
der Krise über denen anderer Flughäfen, heißt es.
Natürlich betont das SPD-geführte Häfenressort „die noch nie dagewesene
Herausforderung“ der Pandemie ebenso wie die „sehr wichtige“ Bedeutung des
eigenen Flughafens: Rund 25.000 Jobs seien direkt oder indirekt von dessen
Existenz abhängig, rechnet der Ressortsprecher vor – und beziffert den
fiskalischen Effekt des Flughafens auf rund 5,4 Millionen Euro jährlich.
An der Spitze der Behörde hat man schon eine Idee, woher das viele Geld
kommen soll: Weil Flughäfen ja „ein wichtiger Teil der nationalen
Infrastruktur“ seien, „ist da natürlich auch der Bund in der
Verantwortung“, sagte Staatsrat Cordßen jüngst zu [6][Radio Bremen.]
7 Jul 2020
## LINKS
[1] /R2G-macht-Kassensturz/!5641179
[2] /Dumping-Preise-am-Flughafen-Bremen/!5662423
[3] /Gruende-fuer-Fluglinienpleite/!5567561
[4] /Archiv-Suche/!5685118&s=Flughafen+bremen&SuchRahmen=Print/
[5] /Flugzeugbauer-in-der-Krise/!5693437
[6] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/politik/linienfluege-flughafen-bre…
## AUTOREN
Jan Zier
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