# taz.de -- Generaldebatte im Abgeordnetenhaus: Den Wald vor lauter Bäumen | |
> In der Generaldebatte über den Haushalt bleibt die Opposition blass. | |
> Rot-Rot-Grün lobt sich unter anderem für die eigene Ökopolitik. | |
Bild: „Auch ich bin manchmal genervt, weil es schneller gehen sollte“: Mich… | |
Mein Freund, der Baum – er lebt. Zumindest im Berliner Abgeordnetenhaus an | |
diesem Donnerstag. So intensiv wie selten zuvor beschäftigen sich die | |
Abgeordneten mit diesem Symbol für Leben und Überleben. Dabei ist | |
eigentlich die zentrale Haushaltsdebatte angesetzt, die stets zur | |
Generalabrechnung der Opposition mit der Politik der Regierung genutzt | |
wird. | |
Eingepackt in das 63 Milliarden Euro [1][schwere Doppelhaushaltspaket] ist | |
auch das „mutigste Öko-Paket aller Zeiten“, wie Antje Kapek, die grüne | |
Fraktionschefin, in ihrer Rede betont. Das Budget pro Straßenbaum werde | |
verdoppelt, von 40 auf 80 Euro, damit sie „erstmals“ so gepflegt werden | |
können, dass sie nach Rekordhitze und Stürmen „nicht sofort gefällt werden | |
müssen“. | |
Zuvor hat sich schon CDU-Fraktionschef Burkard Dregger um die Stadtbäume | |
gesorgt – deren Bestand habe sich unter Rot-Rot-Grün „dramatisch | |
reduziert“. Und sein Ebenpart bei der FDP, Sebastian Czaja, beginnt gar | |
seine Rede mit den Bäumen. | |
Nun könnte man sagen: Ist doch super, dass sich selbst konservative | |
Parteien so um die Natur in Berlin sorgen. Man sollte aber auch fragen: | |
Gibt es nichts wichtigeres in dieser immer wieder als mögliche „Sternstunde | |
des Parlaments“ angekündigten Debatte? | |
Tatsächlich wird das anfängliche Diktum von SPD-Fraktionschef Raed Saleh, | |
die Opposition befinde sich seit drei Jahren im Tiefschlaf, im Laufe der | |
zweieinhalbstündigen Runde im Abgeordnetenhaus intensivst bestätigt. | |
Lediglich einige alte weiße Männer auf den Oppositionsbänken fallen zu | |
Beginn der Debatte noch mit feisten Schenkelklopfern wie aus den 1950er | |
Jahren negativ auf. Ansonsten rührt sich auf der von vorne (und inhaltlich) | |
gesehen rechten Seite wenig. | |
Dregger verheddert sich in Widersprüche, als er dem Regierenden | |
Bürgermeister Michael Müller (SPD) einerseits vorwirft, beim Mietendeckel | |
würde dieser sehenden Auges in eine juristische Niederlage laufen; | |
andererseits Müller vorwirft, Judenhasser am Al-Quds-Tag laufen zu lassen, | |
weil er dagegen nicht juristisch vorgehe. „Zugucken ist schlimmer, als mal | |
von einem Gericht korrigiert zu werden.“ | |
FDP-Redner Czaja versucht sich erfolglos an einer intellektuellen Analyse, | |
die jede Leidenschaft vermissen lässt. Und AfD-Chef Georg Pazderski malt | |
tatsächlich eine DDR 2.0 als Schreckensszenario auf und spricht | |
menschenverachtend von einer Koalition, die sich „dem Wahn eines | |
16-jährigen schwedischen Mädchens“ unterwerfen würde. | |
Und so kann Rot-Rot-Grün weitgehend unwidersprochen mal vom Dreiklang der | |
Ziele aus „Solidarische Stadt, nachhaltige Stadt und bezahlbare Stadt“ | |
(Saleh) sprechen, mal von vier Offensiven, nämlich der „Verkehrsoffensive, | |
Schulbauoffensive, Wohnungsbauoffensive und Klimaoffensive“ (Kapek). | |
Linken-Fraktionschef Udo Wolf betont die sozialen Anstrengungen der | |
Koalition unter anderem mit dem Mietendeckel, dem Kampf gegen | |
Obdachlosigkeit und für faire Bezahlung der Landesangestellten, etwa bei | |
der Charité. | |
Michael Müller schließlich, der zum Abschluss ans Rednerpult tritt, kann so | |
noch mal die rund 5.000 zusätzlichen Stellen feiern, die mit dem | |
Doppelhaushalt auf Landes- und Bezirksebene geschaffen werden. „Der | |
Vorwurf, die Verwaltung funktioniere nicht, ist unerträglich“, sagt Müller. | |
Bäume hingegen erwähnt er nicht. | |
12 Dec 2019 | |
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[1] /Berliner-Doppelhaushalt-2020/21/!5644582 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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