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# taz.de -- Mehr Geld für Stadtgrün: „Das sind soziale Fragen“
> Eine „Generationenaufgabe“ ist die Klimakrise für die grüne
> Fraktionschefin Silke Gebel. Deshalb enthalte der Haushalt auch eine
> „Grünbauoffensive“.
Bild: So sieht's aus, wenn gepflanzt, aber nicht gepflegt wird: vertrocknender …
taz: Frau Gebel, trägt der am vergangenen Montag zwischen den Fraktionen
der Koalition ausgehandelte Haushalt eine grüne Handschrift?
Silke Gebel: Er trägt eine rot-rot-grüne Handschrift. Alle haben noch
einmal Schwerpunkte gesetzt, aber als Gesamtkunstwerk steht für eine
soziale und ökologische Stadt, da sollten wir jetzt nicht lange darüber
diskutieren, wer was vorgeschlagen hat. Für die BerlinerInnen ist das nicht
vorrangig, die wollen wissen, ob ihre Stadt funktioniert. Ob ihre Arbeit
gut bezahlt wird, ob die Parks in einem guten Zustand sind, ob sie einen
Kitaplatz haben oder schnell und sicher von A nach B kommen. Dieser
Haushalt stellt die Weichen für das kommende Jahrzehnt. Wir bieten Lösungen
an, die das Leben der Menschen in Berlin verbessern werden.
Trotzdem war schon die Rede von einer „Grün-Offensive“, die ja in erster
Linie mit Ihrer Partei in Verbindung gebracht wird.
Wir Grünen ackern auf allen Ebenen, um die Klimakrise in den Griff zu
kriegen. Das ist unsere Generationenaufgabe, und deswegen brauchen wir nach
den verschiedenen Bauoffensiven, die es schon gibt – Schulbau, Wohnungsbau,
Verkehrsbau – auch eine Grünbauoffensive. Die haben wir jetzt finanziell
unterfüttert. Wir machen das Stadtgrün fit für die Klimakrise, Berlin wird
dadurch lebenswerter. Das ist die größte Investition ins Berliner Grün, die
es jemals gab, und es ist das erste Mal, dass das Land dafür so viel Geld
in die Hand nimmt.
Von welchen Maßnahmen und Beträgen reden wir?
Die Bezirke hatten zu wenig Geld für den Unterhalt der Straßenbäume. Wir
haben das Budget pro Baum, das bislang bei rund 40 Euro lag, quasi
verdoppelt. Da kommen wir auf eine zusätzliche Summe von insgesamt rund 30
Millionen Euro für die Jahre 2020 und 2021. Auch für die Pflege der
Parkanlagen, die ja oft aus dem letzten Grashalm pfeifen, gibt es mehr Geld
für die Bezirke, rund 20 Millionen. In diesem Kontext haben wir den
Bezirken auch die 3 Millionen zurückgegeben, die ihnen der Finanzsenator
genommen hatte, mit dem Argument, dass die BSR ja auch einige Parks
reinigt. Das ist aber nicht schlüssig. Schon bisher hat das Geld in den
Bezirken nicht gereicht und deshalb sollten sie durch die punktuelle
Parkreinigung der BSR entlastet werden, ohne dafür zur Kasse gebeten zu
werden. Geld können die Grünflächenämter jetzt endlich investieren, um die
Parks durch bessere Pflege ökologisch aufzuwerten und attraktiver zu
machen.
Die Berliner Stadtreinigung bleibt weiterhin für die Parkreinigung
zuständig?
Im Grundsatz bleibt die Aufgabe weiter bei den Bezirken. Deshalb war es uns
so wichtig, die Bezirke stark für ihre Aufgaben zu machen. Die BSR kann da
einspringen, wo die Bezirke sagen, wir brauchen Unterstützung, also da, wo
der Nutzungsdruck besonders hoch ist. Es gibt ja bereits das entsprechende
Pilotprojekt, wo etwa im Weinbergspark oder im Görli durch die BSR sauber
gemacht wird. Das haben wir in der Koalition auch positiv evaluiert.
Verlängern ließ es sich nicht, weil die Reinigung von Parks laut Gesetz
nicht Aufgabe der BSR ist. Hier brauchen wir in der nächsten Zeit eine
Änderung, wir werden das ins Parlament einbringen.
Noch mal zu den Bäumen auf den Straßen Berlins: Manche würden jetzt sagen,
das ist doch in erster Linie Ästhetik.
Das sehe ich völlig anders. Die Stadt wird immer heißer, es gab schon
mehrere Hitzetote. Betroffen davon sind vor allem Menschen mit
gesundheitlichen Risiken. Wir brauchen das Stadtgrün, um für Kühlung zu
sorgen, für ein erträgliches Stadtklima. Viele haben keinen Garten, auch
sie haben Grün zur Erholung verdient. Das ist kein Luxus, sondern wichtig
für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Also alles elementare soziale
Fragen.
Woran hapert es denn bislang? Anders gefragt, warum reichten die 40 Euro
pro Baum nicht aus?
Ich habe mich schon zu Beginn der Legislatur mit der Frage beschäftigt, wie
wir eine positive Baumbilanz hinbekommen, dass also mehr neu gepflanzt
wird, als gefällt werden muss. Fällungen sind zu oft unvermeidlich, weil
Autoabgase, Trockenheit und auch Stürme die Bäume strapazieren. Schnell war
klar, dass nicht die Mittel für Neupflanzungen fehlen, sondern für eine
vernünftige Pflege in den Folgejahren. Es muss ausreichend gewässert
werden, der Baumschnitt muss fachfrauisch durchgeführt werden. Weil das
nicht finanziert wurde, konnten die Bezirksämter oft keine Bäume pflanzen.
Das ändern wir jetzt. Unser Ziel ist es, die Zahl der Straßenbäume von
derzeit 430.000 auf 500.000 zu erhöhen. Wir reden hier von einer
Strukturveränderung, die für den Bestand an Straßenbäumen revolutionär ist.
Wenn das zusätzliche Geld für die regelmäßige Baumpflege gebraucht wird,
heißt das aber, dass auch künftige Haushalte solche Summen beinhalten
müssen.
Das ist richtig. Unser Anspruch war ein Zukunftshaushalt. Deshalb darf man
die Fehler der Vergangenheit ja nicht fortschreiben. Bislang wurde beim
Stadtgrün an die Substanz gegangen. Die Folgen sehen wir heute. Das
korrigieren wir jetzt. Gleiches haben wir beim Berliner Wald im Sinn: Zu
den erwähnten 50 Millionen Euro kommen noch 10 Millionen extra, die die
Berliner Forsten für Personal und neue Bäume erhalten. Wir haben ja gerade
wieder durch den Waldzustandsbericht 2019 erfahren, dass sich der Wald in
einem katastrophalen Zustand befindet. Wir brauchen ihn aber, um
Klimaschutz auf hohem Niveau zu betreiben.
Am Ende sind die ganzen Millionen für Stadtgrün sehr überschaubar. Für die
Umwelt wurden in Relation zum Gesamthaushalt sehr überschaubare Gelder
eingestellt. Was sagen Sie da der Generation Fridays for Future?
In diesem Haushalt werden Weichen für Klimaschutz gestellt, da stehen wir
klar an der Seite von Fridays for Future. Die Grünbauoffensive ist nur ein
Teil davon. Aber sie verändert die Denklogik, nach der das Stadtgrün zum
Sparschwein wurde. Und es zeigt unseren Willen, Berlin zur Klimahauptstadt
zu machen. Elementar dafür ist zum Beispiel die Verkehrswende, die sehr
viel CO2 einsparen wird und für die wir Milliardenbeträge für mehr
S-Bahnen, Tramlinien oder Taktverdichtung eingestellt haben. Wir sind
bereit, das Klima zu retten.
6 Dec 2019
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Silke Gebel
Grüne Berlin
Schwerpunkt Klimawandel
Grünflächen
Bäume
Umweltschutz
Michael Müller
Grüne Berlin
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