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# taz.de -- Berliner Links-Fraktion in Klausur: Nicht kirre machen lassen
> Die rot-rot-grüne Landesregierung liegt in Umfragen konstant bei 56 bis
> 57 Prozent. Linken-Fraktionschef warnt vor einem internen Wettstreit.
Bild: Demo gegen Mietenwahnsinn: Der Deckel könnte Vorbild für die ganze Repu…
Fast dreieinhalb Jahre regiert Rot-Rot-Grün in Berlin jetzt schon. In
dieser Zeit gab es so manche Tiefpunkte, die auch mit der ungewohnten
Arithmetik des Bündnisses zu tun hatten: Hier arbeiten nicht eine große
Partei und eine kleine zusammen, sondern drei einigermaßen gleich starke,
was immer wieder zu unterschiedlichen Koalitionen in der Koalition geführt
hat. Mal SPD gegen Linke und die Grünen lächeln dazu, mal SPD gegen Grüne
und die Linke ist fein raus. Dreierkoalitionen sind eben immer noch
ungewohnt in Berlin und Deutschland.
Zu Beginn des letzten Drittels der Legislaturperiode in Berlin sieht sich
die Linksfraktion wieder in der Position des am Streit Unbeteiligten. SPD
und Grüne haben sich in dieser Woche über die Vergabe der [1][Automesse
IAA] gefetzt, die nun in München stattfinden soll und nicht in Berlin. Laut
Linksfraktionschef Udo Wolf rumpelt es bereits seit geraumer Zeit in der
Koalition: Man versuche sich gegenseitig darin zu überbieten, dem anderen
die Beine wegzuschlagen.
Die Linksfraktion dürfe sich davon nicht kirre machen lassen, riet Wolf zu
Beginn einer Klausur der 27 Abgeordneten am Freitag in Potsdam: „Die Linke
soll in der Sache Argumente austauschen, Differenzen kenntlich machen, aber
nicht in einen Überbietungwettbewerb bei der Verhinderung von Projekten
einsteigen.“ Die Wahl werde 2021 entschieden, und nicht schon jetzt. In
Berlin soll im Herbst kommenden Jahres gewählt werden.
Dieser interne Wettstreit sei auch unnötig, weil Rot-Rot-Grün in Umfragen
mit konstant 56 bis 57 Prozent besser dasteht als zu Beginn der Legislatur,
als die drei Parteien bei der Wahl 52 Prozent der Stimmen geholt hatten.
Zum anderen würden die Ziele der Koalition den Wünschen sehr vieler
BerlinerInnen entsprechen, wie Co-Fraktionschefin Carola Bluhm bemerkte:
„So ein hohes Maß an Übereinstimmung habe ich noch nicht erlebt.“
Und schließlich hätten der erstarkte rechte Terror und die Wahlturbulenzen
im Erfurter Landtag erneut die Bedeutung des Mitte-Links-Bündnisses
gezeigt, auch für die Bundesebene. „Rot-Rot-Grün ist das einzige
machtpolitische Angebot, bei dem die Wählerinnen und Wähler sicher sein
können, dass ein Paktieren mit Rechtsaußen ausgeschlossen ist“, sagte
Stefan Zillich, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion.
Wolf und viele weitere RednerInnen lobten die Arbeit der Koalition. Zwar
gehe vieles noch immer zu langsam, aber insbesondere der Ende Februar in
Kraft getretene Mietendeckel sei ein hervorragendes Ergebnis. Dabei sei
dieser ohne die Unterstützung von Gewerkschaften, Initiativen und vielen
BerlinerInnen gar nicht möglich gewesen. „Das hat funktioniert, weil
gesellschaftliche Gruppen dahinter gestanden haben, die sagten: Wir
brauchen das“, gab Parteichefin [2][Katina Schubert] offen zu. Der Deckel
könnte Vorbild sein für die ganze Republik, ist sie optimistisch. Er helfe
den Menschen ganz konkret und zeige, dass Gemeinwohl vor individuellem
Profitstreben stehe.
So sehr die Fraktion beim Klausurauftakt vor einem allzu frühen
Wahlkampfmodus warnte: Ganz ohne kleine Tiefschläge ging es dann doch
nicht. In Richtung SPD wurde mehrfach gemahnt, dass die Zeiten von üppigen
Geldgeschenken an WählerInnen – etwa das von Michael Müller geforderte
365-Euro-Jahresticket für die BVG – vorbei seien, da schlicht weniger Geld
zur Verfügung stehe. Und der mehrfach geäußerte Vorwurf, vor allem bei der
Verkehrswende gehe es viel zu langsam, zielt klar in Richtung von
Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) und greift eine schon mehrfach von
allen Seiten geäußerte Kritik auf. Am Freitagabend sollte auch über
Mobilität für alle diskutiert werden – also ein Verkehrskonzept, für das im
Senat die Grünen zuständig sind.
6 Mar 2020
## LINKS
[1] /Automobil-Messe/!5666174
[2] /Drohmails-an-Berliner-Linksparteichefin/!5666072
## AUTOREN
Bert Schulz
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Die Linke Berlin
Mietendeckel
Udo Wolf
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Die Linke Berlin
Mietendeckel
Raed Saleh
Abgeordnetenhaus
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